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Der Crinnrung Scherz und Schmerzblatt,
Ein verblichneS Herz und Märzblatt!
WaS im verwichnen, ge- und verstrichnen Jahr uns entzweite, freute und reute, was unS gebunden, entschwunden, geschunden, Träume
und Schäume, Verlangen, Verachtung, Wahrheit und Dichtung zeig' hier als mahnendes, Fernes anbahnendeS, ahnendes Bild der Zukunft sich
des Jahres achtzehnhunderl ein und fünfzig!
Die Sachsen-Verfassung in Hoffnung beschworen, ging ohne Hoffnung zuerst verloren, und die Constitution, die wir bekommen, hat
Jeder auf seinen Amlseid genommen; daß den man dürfe niemals vergessen, zeigt General Peucker in Kurhessen. Durch unsre Verfas-
sung werden wir Preuße» nächst Rußland das erste Volk geheußen. Wir asststirten mit Geschick unv Empfindung bei Mecklenburgs
schmerzensreicher Entbindung; wir wurden von Vielen zu Gaste geladen, wir flickte» in Dresden den allen Schaden, wir waren in
Hamburg voller Gnaden, wir waren die Meister der Barrikaden, der Accoladen und Füsilladen, der Radomontaden und Retiraden,
und auf geheimen Liebespfaden zogen wir an uns die Truppen aus Baden.
Wir waren in Ehren zu stark gebettet und in Unionen zu stark verkettet und haben deßhalb mit List gerettet von unsrer
Union — o je! — und von der Ehre nur die Idee!
Herr Nadowitz studirl an der Themse, der Reichsverweser jagt die Gemse, der edle Gagern ist Major vom Flügel, lenkt körte
piano der Schlachten Zügel, Herr Krausnick ist wieder Bürgermeister zum Aergcr Des mit der-Gott, wie heißt er? — und gäb'
es keine Schwa rzenberge, so gäb's auch keine politischen Zwerge; und gäb' es keine Diplomatie, so wär'ohne Zweusel Herr von Man-
teuffel — ei» großes Genie.
Aus Hassenpflugs Freisprechung, die famose, kam Haffenpflugs Apotheose; man flocht für »nS der Ehre Kränze zu Warschau,
Ollmütz und Bregen ze, wir halfen die Eschenheimer Gasse verlegen nach der Brühlschen Terasse; wir steuern den Baiern die Landes-
verwüstuug und freche Brüstung durch Rüstung sowohl als durch Entrüstung.
Wir leben in der Unschuld Stande, denn wir zeigen die Blöße dem ganzen Lande, wir find in Kassel und — Dudeldumdei —
wir sind in Holstein jetzt auch dabei! Wir haben bei Bronzell die Schlacht entschieden und leben seitdem in Ruhe und Frieden mit
Steurung, Theurung und Einquarleurung, in unsres Preßgesetzes Wonnen mit immobilen mobilen Colonnen, und ziehe» uns zu Schutz
und Wehre für unsre Zukunft daraus die Lehre:
Wer einundfunfzig nicht verdirbt, nicht vor Aerger oder — Lachen stirbt, kann über's Jahr — wenn er'S hält
aus — bekommen den Orden — Stanislaus. —
Kladderadatsch.

k 6 II l l I v t v II

Die Römische Regierung hat auf Veranlassung des gottseligen Hofes
von Neapel verordnet, daß sämmtliche nackte Statuen und Bilder in
den Kirchen von jetzt ab mit passenden Kleidern zu versehen
seien. Diese namentlich bei dem gegenwärtigen strengen Winter und der so
allgemein grasfirenden Grivpc doppelt anerkcnnenSwcithe Fürsorge der sehr
frommen Regierung von Rom dürfte auch anderwärts bald Nachahmung finden.
So hören wir, daß für die Amazone im Lustgarten eine Kanten-Man-
tille bei Gerson bereits bestellt sei, und daß auch unsre Victoria näch-
sten« mit einem Russischen Schuppen-Pelz verhüllt werden solle.

Die Vossische Zeitung vom 1. Januar 1851 macht über den Fürsten
Schwarzenberg die interessante Mittheilung, daß derselbe, wie alle großen
Männer, der Neffe eines Fcldherrn, ferner daß er unvermählt sei und
kein Vermögen habe.
Jetzt ist uns alles klar! Dieser Neffe speculirt auf eine gute Partie;
und wenn alle« gut geht, bringen LcsfingS selige Erben eines schönen Morgens
folgende Anzeige:
„Als Neuvermählte empfehlen sich allen Freunden und Be-
kannten bei ihrer Abreise nach Wien
Fürst Schwarzenberg nebst Frau, geborenem
von Manteuffel."

Die Neue Hessische Zeitung erscheint jetzt in Göttingen. Den
armen Hessen geht alles so mit GrundeiS unter, daß ihr Oppofitionsblatt sich
jetzt nur noch an der Leine über dem Wasser erhalten kann.

SISLIOIblük
neivkl-öeirS

Weihnachtsfreu-en -er königlichen Hof-Schauspielerin
Frau Hoppe.
Motto: „Clafisch, clafisch, elasisch muß'S sein!"
H. Th. R.
Sonntag, den 22. Deccmber, wurde fie erstochen. (Emilia Galotti).
Montag, den 23. December, starb fie an der Schwindsucht. (Clavigo).
Mittwoch, den 25. Deccmber, gerade am ersten Feiertage, wurde die
Aermste enthauptet. (Maria Stuart).
Donnerstag, den 28. December, mußte sie wieder auferftehen, um mit
blutendem Herzen mit anzusehen, wie man in „Götz von BerliLingen" nicht
bloß lebendige Menschen, sondern auch den schon verstorbenen Vöthe
umbrachte!
Hochgeehrter Herr von Küstner! Warme, menschenfreundliche General-
Intendanz! Warum gerade zur friedlichen Weihnachtszeit diese Grau-
samkeit, diese blutdürstige Mordgier? Hätten Sie uns den Anblick dies«»
Trauerspiele nicht bis nach den Dresdner Consercnzen aufsparen
können? _
Ludwig Rellstab singt zum neuen J-Hre:
„Der Lohn ist ewig nur die Frucht der That."
Der Edle scheint nicht zu wissen, daß bei gewissen Recensenten der Lohn in
Armleuchtern u. dgl. praenumerunäo gezahlt wird, also unmöglich die Frucht
der That sein kann. _
In Kassel wurde das Wcihua^tSfest v. h. die Steuerquälerei mit der
Schelle eingeläutet. Der deutsche Bund hat dafür gesorgt, daß an Schellen
kein Mangel sei, indem er den Schellenbubcn zum Trumpf in der Knr-
hesfischen Karle gemacht hat.
 
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