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Aus den Göttinger Jubeltagen.

Wiedersehen.

Sei mir gegriifjt, du alle Stabt,

Mil beineil engen Gasse».

Vergangen ist gar manches Jahr,
Dass ich bich mußte lassen.

Das ist bas Hans, brin ich gewohnt!
Ich grüße bie alte Schwelle.

Das ist bie Kneipe, ba mit mir
Gezecht manch guter Geselle.

Noch rauschen froh vom hohen Wall
Die alten Linbenbäume,

In bereu Schatten ich geträumt
Gar wonnige Jngenbträume.
Vergessen will ich Amt unb Welt
Mit Sorgen unb Beschwerben,

In Göttingen will ich noch einmal
Ein flotter Stubio werben.

Ost schwankt, als ob ans einem Schisse
Er war', mit tastenbem Pedal
Der Alte, doch mit festen Griffe
Hält ihn der Junge jedes Mal.

Dumpf hebt der Alte an zu klagen:

„O wären wir doch erst am Ziel!

Du brauchst es Mutter nicht zu sagen,
Ich siihl's beschämt, ich trank zu viel."

Doch fröhlich spricht der Sohn: „Betrüben
Laß dich das, lieber Vater nicht.

Dir dank' ich es, daß ich mich üben
Jetzt darf in ernster Kindespslicht.

Du standst als Führer und Berather
Mir bei, als ich noch schwach und klein:
Jetzt laß mich Leiter, lieber Vater,

Und Stütze dir im Alter sein!"

In Wariaspring.
Mariaspring, sei uns gegrüßt,

Du traute Waldesstätte!

Noch immer rauscht der klare Quell
Im moosigen Felsenbette.

Gemüthlich brummt der runde Baß,

Es klingen so hell die Geigen;

Im Schatten alter Buchen dreht
Sich froh der bunte Reigen.

Selbst dem Geheimrath zuckt's im Fuß,
Es rufen und locken die Klänge;

Mit der gewichtigen Gattin stürzt
Er sich in das Gedränge.

Und wie er sie im Walzer schwingt,

Da steigt aus alten Tagen
Manch Bild empor, doch will er davon
Der Gattin lieber nichts sagen.

Auf dem Waukboden.

Lusthiebe schlägt mit seinem Stock
Vergnügt das alte Haus:

„Sieh, Junge, so schlug ich die Terz,

So lagen wir hier aus!

Gestanden Hab' ich oftmals hier
Im frische» Jugendmuth,

Verspritzt Hab' ich im alten Saal
Gar manchen Tropfe» Blut.

Und steh' ich an der alten Statt,

So wird'S umS Herz mir warm.

Als Häng' es wieder „Fertig! Los!",

So zuckt es mir im Ann.

Philister nennen's eitel Spiel,

Sie könzien's nicht verstehn;

Doch wer den blanken Schläger schwang,
Der weiß, eS war doch schön!"

Mater und Sohn.

In lichter Röthe glühen prächtig
Im fernen Ost die Wolken schon,

Da wandelt sinnig und bedächtig
Der Vater heimwärts mit dem Sohn.

Im Kater.

Was will das dumpse Hämmern und das Wühlen
In meinem Hirn?

Das Handtuch netz' ich, mir damit zu kühlen
Die heiße Stirn.

Vor meinen müden Augen schwebt ein Schimmer,
Bald blau, bald roth.

Mit jedem Augenblicke wird mir schlimmer —

O mär' ich tobt!

Solide lebt' ich schon seit dreißig Jahren
Zu aller Frist,

Weh mir, als Greis muß wieder ich erfahren,
Was Kater ist!

Doch klagen will ich nicht, in stiller Kammer
Trag' ich's als Mann.

Ich weiß, daß auch der beste Arzt den Jammer
Nicht heilen kann.

Ich wollte wieder, wie vor Zeiten, leben
Nach Burschenbrauch;

Dazu gehört, ich muß mich drein ergeben,

Dies eben auch!

Er denkt daran, wie fröhlich einst
Die Geigen hier erklungen,

Und wie so manches holde Kind
Er flott im Arm geschwungen;

Und wie mit der Holde» er sich verlor
In dunkle Bnchengänge,

Bis fern nur durch die Sommernacht
Noch tönten die Walzerklänge.

Abschied.

Bei dem hellen Klang der Lieder
Werden schwer die Herzen heut,
Morgen, Brüder, sind wir wieder
In der weite» Welt zerstreut.

Doch wir haben uns gehalten.

Die wir einst gelobt, die Treu,

Und es bleibt in »ns der alten
Zeit Gedächtnis; frisch und neu.
Reicht die Hände euch! Wir weihen
Noch dies Glas der alten Zeit.
Blühen sollst du und gedeihen,
Deutsche Burschenherrlichleit!

o fi c Politik.

Der heilige Vater läßt nicht locker, er will durchaus sein tveltliches
Besitzthum wiederhaben, ehe er sich mit Italien aussöhut.

Fatale Lage! Italien wird auf keinen Fall den Kirchenstaat wieder
herausgeben. Und was soll man sonst dem Papst bieten?

Wir Ivollen nicht Anlaß dazu geben, daß ein deutscher Fürst depossedirt
wird, sonst würden tvir sagen, daß Mecklenbnrg-Strelitz reizend gelegen ist
und vielleicht am ehesten noch für den Verlust Roms und der Campagna
entschädigen könnte. Zugleich würde ein Papst-Großherzog vielleicht einiges
Leben in die Landtage von Malchin und Sternberg hineinbringen. Aber,
,vw ge;agt, wir wollen nicht Unfrieden, sondern Frieden stiften, und deshalb
schweigen tvir von Mecklenbnrg-Strelitz sowohl wie von den beiden Lippen,
Detmold und Schaumburg.

Hamburg ist ein Ort, in dem der heilige Vater sich wohl sühlen würde,
aber wir können es nicht entbehren.

Man fasse sich also kurz und schenke ihm Bulgarien. Damit ist eine
leidige Frage aus der Welt geschasst, der Papst ist gut versorgt und die liebe
Seele hat Ruhe.

Lekerzigonsw crtkcr Vorschlag.

Die Berliner Börsenmänner haben keine Sommerferien, keine Schonzeit.
Während andere sich in der kühlen See wälzen oder auf den Bergen reinste
Lüfte einschlürfen. müffen die armen Börsenmänner Tag für Tag in drang-
voll fürchterlicher Enge zusammengepreßt und in einer Lust, die alle Gegen-
theile von Ozon enthält, ihrem säuern Geschäfte nachgehe».

Ria» könnte ihnen dieses dadurch erleichtern, daß während der heißesten
Sommerszeit die Börse aus sechs bis acht Wochen in die nächste' Umgegend
Berlins verlegt wurde.

Vom Thiergarten möchten wir absehe», da durch eine ausbrechende Panik
dessen schöne Anlagen nur allzusehr beschädigt werden könnten.

Diese Gefahr liegt nicht vor auf dem Tempelhoser Felde,- wo es aber
dasür gänzlich an Schatte» mangelt.

Schatten genug besitzt dagegen die Wulheide, welche wohl als der geeig-
netste Platz für den gedachten Zweck sich Herausstellen möchte. Selbstver-
ständlich müßten um die Börsenzeit Schutzleute genug zur Stelle sein, um z»
verhindern, das, die Höhlenbewohner der Heide sich am Geschäft betheiügru
und Gewinne abhebe», wo sie nicht dazu berechtigt sind.
 
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