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ßerlin, den 15. Februar 1903 LVI. ZahlgÜNg

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l'rübs

erlaufen ilt die HeeresFchau im Arcus,

Wie's zu erwarten war. Gebrandmarkt ward
Als Hochuerräfher feierlidi ein Jeder,

Der zu dem Antrag Kardorff lick bekannt.

Und kräftig stimmte das gelammte Kriegsuolk
Zum Schluffe in den Ruf der Führer ein:

„Kein fauler Friede, keine Unterhandlung!

Wir kämpfen weiter, bis der Sieg uns winkt."

Da nun für einen Sieg, wie ihn die Herren
Sich träumen, nicht das kleinfte Zeichen spricht,

So ilt des Streits kein Ende abzulehn.

Und fallen müllen wir uns in Geduld,

Obgleich wir Ja von Herzen müde find
Schon längst des monotonen Kampfgefchreis.

3di sehe trübe in die nächste Zukunft
Und in die fernere nicht fröhlicher.

Sechs, lieben Zentimeter Jährlich gibt
Der Schneider zu bei Oertels weiHer Welte,
manch neuen Fettring letzt im häuf der Zeit
Der Riefenbauch noch an, allein lein Eigner
Hält immer wieder uns dieselben Reden,

Die ein Decennium nun wir fdion gehört.

Und treu zur Seife geht dem dicken Herrn

Aussicht «4^—

~ Der schlanke Diederich, dem Sprachwerkzeuge

js Gefchenkf die Götter, wie lie nie das Staunen

4 Des Kehlkopffpecialiften noch geweckt,

s Uagfäglich wirkt der Unverwüstliche

s 3m Reichstag und im hande rings umher,

^ Denn im Umherziehn treibt er lein Gewerbe

j: Am liebsten, und bald gibt’s im ganzen Reich

Kein Dörflein mehr, wo er noch nicht gefprochen.

3di weih, dah unter manches handwirths Dach,
Der redlidi lick auf feiner Scholle müht,

Schon längst die Sorge wohnt als trüber Gast.
Wie gern trieb' ick lie aus und schickt' hinein
bescheidnen Wohlstand und Zufriedenheit,

Wie jedem sie zu gönnen lind, der treu
3n strenger Arbeit feine Pflicht erfüllt.

3a, zu bedauern ilt die handwirfhlihaff.

Doch denk' ich schaudernd dran, was wir gelitten
So manches 3ahr durch Oertel schon und Hahn
Und was uns weiter nun von ihnen droht,

Den Unerbittlichen, fo muH ich lagen:

Wir Ifichtagrarier auch lind zu beklagen.


Kladderadaflch
 
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