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Gespräche in einem unauffindbaren Ministerium
Conseroative Hinterlist
X. Gestatten mir Ercellenz, meinen Neffen, einen Referendar,
einen Herrn von Wissen, zur Annahme für die Regierungslaufbahn zu
empfehlen? Darf ich ihn vorstellen?
P. Wo hat er studiert?
X. In Bonn.
Ul- Preuße?
-x.. Jawohl!
Ä- Ich lasse bitten. (Ministerialdirector ab.)
V- Sie studierten in Bonn?
'■). Jawohl, Ercellenz.
Waren Preuhe?
8- (verlegen) Ich bin es noch, Ercellenz.
P. (freundlich) Natürlich, alter Herr.
Z. (noch verlegener) Nein, erst 22 Jahr; bestand schon mit
17 Jahren das Abiturienten-Eramen, promovierte summe cum laude . . .
S- (mißtrauisch) Danach habe ich Sie nicht gefragt, Herr
von Wissen. '
8- Entschuldigen, Ercellenz, ich heiße Müller.
S- 2ch habe nie etwas von einem Bonner Borussen Namens
Müller gehört. (Der Referendar wird entlassen, und seinem Onkel wird
bedeutet, daß sich der p. p. Müller nicht für den Regierungsdienst
qualisiciert.)
Zehn Jahre später
Z. Wollte mich Euerer Ercellenz vorstellen und um meine 'An-
stellung als Regierungsreferendar bitten.
Eine Hamburger Firma offeriert eine „transportable zerleg,
bare Wahlzelle"; in der der Wähler den wichtigsten Theil des
Wahlgeschäfts besorgen soll, indem er seinen Zettel ungesehen in das
vom Reiche gelieferte Couvert steckt. Der ganze Apparat kostet nur
35 Mark. Liberale Blätter rühmen diesen niedrigen Preis, aber er
gerade macht die ganze Sache höchst verdächtig.
Offenbar besteht die Zelle aus einem gaitz engen Bretterkasten, der
noch dazu unten offen ist, denn der Wähler soll doch vom Wahl-
Vorstande controliert werden können, und da der mit dem Wahlact be-
schäftigte Oberkörper nicht sichtbar sein darf, muß inan sich an die Beine
halten. Einen Boden wird die Zelle auch nicht haben, denn fiir die
paar Mark läßt sich nicht alles Mögliche beschaffen; der Kasten steht
also mit seinen vier Eckpfosten wie auf vier Beinen unmittelbar auf
dem Fußboden des Wahllocals. Nun wird sich überall, wo man den
Apparat benutzt, folgender Vorgang abspielen. Ein besonders corpulenter
Wähler — solche Gestalten gibt es Gott sei Dank auch in dieser Zeit
der Noth noch immer auf dem Lande — erscheint und zwängt sich
ächzend und stöhnend in den Kasten hinein. Dann ruft er laut, er
könne aus dem verfluchten engen Ding nicht wieder herauskommen,
fetzt sich mit der ganzen ihn fest umschließenden Zelle wie eine Schnecke
mit ihrem Haute In Marsch und geht mit ihr aus dem Locale hinaus.
Damit ist eine Fortsetzung des Wahlacts unmöglich gemacht, es regnet
später Proteste und die Wahl muß annulliert werden.
Es handelt sich also offenbar bei der Einführung dieses Apparats
um eine conseroative Tücke. Man will an zahllosen Orteit die Wahl-
haitdlung stören und dadttrch die neue Einrichtung in heilloser Weife
discreditieren. Mögen deitinach die Liberalen auf ihrer Hut sein und
nicht auf die billige „transportable Wahlzelle" hineinfallen!
I. Hm, hm! Sie find der Herr Pauckfsst.'
Z. Zu Befehl, Ercellenz, von Pauckfest, Reserve-Leutnant bei
den Königshusaren.
Fiir die Jesuiten
H). Wie ich hörte, waren Sie Göttinger Sachse.
Z. Zu Befehl, Ercellenz, und außerdem Bonner Preuße.
Ä- Also Zweibändermann; bedaure, daß augenblicklich keine Stelle
für Sie frei ist.
In „Wallensteins Tod" (4. Aufzug, 3. Auftritt) sagt der Held
des Stückes:
„Ich h-N- . .
Di- 3eiudt!t - GflQ’ä an mit, li- wäre» längst
P. Was soll ich thun, Onkel? Er hat mich zurückgewiesen.
Meine Zeugnisse sind miserabel. Der Amtsrichter meinte, ich passe zum
Juristen wie ehemals Hanimerstein zum Harfenschlagen. Was soll
nun aus nur, dem mittellosen Manne, der „für etwas entfernte
Gegenden" schwärmt, werden?
Das war eben der Hauptfehler Wallensteins, daß er die Jesuiten
nicht leiden konnte. Hätte er's mit ihnen gehalten, er lebte vielleicht
noch heute.
X. Nur nicht ängstlich! Neseroe-Officier, Corpsstudent, adlig und
doch nicht zum Regierungs-Neferendar qualisiciert, da kannst du dich ja
für Geld sehen lassen und findest auf diese Weise dein Fortkommen.
Auf die Mensur!
Der sächsische Elbgansängerbund am 3. Mai
7'!!! I-
Mir seind ja die lustigen Sängerbundgesölln,
Können dableib», können fortgchn, können thun, was wir wölln.
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Wir wollten nicht singen, doch der Vorstand, der rief:
„Handelt fein 'diplomatisch, sonst geht's uns mal schief."
Stunt einzig allein im Interesse vom Bund
Kontmt, Brüder, und huldigt, sonst konunt er auf'n Huitd.
Und die Dräsdener Jungfrauen waschen sich weeß,
Und die Seefe wird theurcr und der Mull, eihcrrchccs!
An sechstausend Damen betheiligen sich ooch.
Und singt ihr dann falsch, so singt wenigstens hoch.
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Die Prinzessin Mathilde begrießt ihr gar scheen,
In Wien hat sie kecner an der Hostafel gesehn.
Mir seind ja die luftigen Sängerbtmdgcsölln,
Können dableibn, können fortgehn, aber nicht wie wir wölln.
Dem Minister v. Hammerstein scheinen unzweifelhaft Leute von
Adel, die in einem Corps gewesen sind, für den höheren Staatsdienst
besonders geeignet zit sein.
Unbegreiflich. Er selbst besitzt doch den Adel und war einmal
Corpsbursch.
Unser Minister des Innern Frhr. v. Hainmorjtein weiß, daß dis
Linke des Abgeordnetenhauses ihn noch oft wegen seiner Stellung zur
Auswahl der Verwaltungsbcamten angreifen wird. So oft wieder eine
Debatte über dies Thenia zu erwarten ist, wird er am Ministertische
in einer der Bedeutung des Tages entsprechenden Kampfrüstung er-
scheinen.