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Klodnicki-Orlowski, Agnes
Studien zu Jacob Ruß, einem spätgotischen Bildschnitzer aus Ravensburg ([Hauptbd.]) — 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.30551#0009
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EINLEITUNG

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Bei der Beschäftigung mit spätgotischer Schnitzkunst im
deutschsprachigen Raum wird man zu allererst Namen und Werke wie
die von Tilman Riemenschneider und seinem Heiligblutaltar^ in
Rothenburg, von Michael Pacher und dem Altar zu St.Wolfgang oder
die Nürnberger Arbeiten des Veit Stoß beispielhaft assoziieren.
Sie und noch einige andere berühmte Meister aus dem süddeutschen
Raum waren immer wieder Anlaß zu wissenschaftlichen Forschungen.
Jacob Ruß^, Zeitgenosse Pachers, Riemenschneiders oder auch der ^
Erharts, über dessen Hochaltar in der Kathedrale zu Chur Jacob
Burckhardt 1857 urteilte, daß "[...] dessen gleichen in der Schweiz^
keiner mehr und in Deutschland nicht eben viele vorhanden sein
möchten"*^, scheint, gemessen an der Quantität der wissenschaftli-
chen Literatur, nur als zweitrangiger Meister eingestuft worden
zu sein. Das mag u.a. darin begründet sein, daß sich seine Person
urkundlich höchstens mit drei Werken direkt verbinden läßt.
Das Churer Hochaltarretabel, schon zu Burckhardts Zeiten als
Werk des Jacob Ruß bekannt, fand zwar Eingang in jede sich mit dem
Bildschnitzer auseinandersetzende Arbeit, wurde aber bislang nicht
auf seine Eigentümlichkeiten hin untersucht. Im Mittelpunkt der
Ruß-Forschung standen dagegen immer wieder Zuschreibungsfragen,
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die meist unzureichend begründet und vage ausfielen , sowie Diskus-
sionen über Probleme zur Biographie des Meisters.
Die erste erwähnenswerte Publikation ist der Aufsatz von
Christian Roder aus dem Jahre 1887, der als erster den undatier-
ten Vertragsentwurf über das Schnitzwerk im Rathaussaal zu Über-
lingen veröffentlichte, aus dem Ruß als der Schöpfer der Rathaus-
saalausstattung hervorgeht. Diese Entdeckung zeigte, daß der Bild-
schnitzer nicht nur für geistliche, sondern auch für weltliche
Auftraggeber arbeitete.
Ein Jahr später publizierte Karl Anton Busl als erster Ruß
betreffende Quellen^ aus dem Rechnungsbuch des Churer Bischofs
Ortlieb von Brandis (1458-1491). Busl konnte die historischen
 
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