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QUELLENGESCHICHTE

D ie früheste Würdigung von Willmanns Leben und Schaffen findet sich in der
zweiten (lateinischen) Ausgabe der »Teutschen Akademie« seines berühmten Zeit-
genossen J. Joachim von Sandrart (1683):* ein Bericht, der die Lebenslinie
des Meisters bis in ihre entscheidenden Wendungen zeichnet, die Erfolge beim
Großen Kurfürsten und beim Kanzler von Böhmen hervorhebt und eine Reihe vor
allem der Breslauer Werke namentlich aufführt. Schon diese Tatsache spricht für
die bereits feststehende Geltung seiner Kunst. Aber wir kennen auch die näheren
Umstände, die zu der persönlichen Beziehung zwischen den beiden Männern ge-
führt haben mögen. Spätestens 1682 hatte Willmann drei Zeichnungen für sein
Grüssauer Passionsbuch an Sandrart geschickt, die dieser freilich in sehr persönlicher
Weise in den Stich umsetzte (S. 80). Und 1682 richtete Willmann einen Brief an
ihn, der als deutsches Kulturdokument des 17. Jahrhunderts so wichtig ist, daß wir
ihn im Anhang vollständig abdrucken. Im vollen Bewußtsein der Bedeutung des
Sandrartschen Akademiewerks für die gesunkene deutsche Kunst spricht er dem
Gelehrten einen spontanen Dank aus und bekräftigt dieses Gefühl durch Widmung
einer Zeichnung, die Sandrart in den Kreis der Unsterblichen versetzt (Abb. 139).
Auf diese Huldigung mag Sandrart mit der Aufforderung geantwortet haben, ihm
einen Lebensbericht für die Neuauflage seiner Künstlergeschichte zu schicken, den
er dann in die lateinische Fassung umarbeitete. Dem persönlichen Charakter dieser
Darstellung verdanken wir nicht nur seltene Milieuschilderungen, sondern vor
allem ein Bekenntnis des Meisters, das man als Leitsatz über sein ganzes Werk
setzen könnte: nicht fremde Länder und weite Studienreisen machten den Künstler,
sondern die von Gott verliehene Begabung und Natur. Zwar können wir uns kaum
vorstellen, daß eine so ursprüngliche Äußerung und das Ungestüm manches Will-
mannschen Bildes dem Geschmack des Künstlergelehrten entsprochen habe, der ganz
auf akademische Disziplin gerichtet war. Aber das ist gerade der Vorzug seiner
Künstlergeschichte, daß sie möglichst viele Spielarten deutscher Kunst gelten läßt,
wenn sie nur persönliche Begabung verraten.
Diese Lebensbeschreibung Sandrarts ist die Grundlage aller späteren Berichte ge-
wesen, und es ist quellengeschichtlich interessant, wie sich dieser Kern im Laufe der
Zeiten zum Umfange wissenschaftlicher Biographien entwickelte.
Freilich gibt der erste der nachfolgenden Berichte, der Abschnitt in Arnold
Houbrakens »Groote Schouburgh der nederlandsche Konstschilder en Schilder-

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