Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LEBENS GESCHICHTE

JVIichael (Lukas Leopold) Willmann wurde am 27. September 1630 in der Alt-
städter Kirche zu Königsberg i. Pr. getauft.1' Den ersten Unterricht erhielt der
frühbegabte Knabe wohl bei seinem Vater Christian Peter Willmann, der zu den an-
gesehenen Malern der an künstlerischem Leben reichen Stadt gehörte.18 Beglaubigte
Bilder von der Hand des Vaters haben sich nicht erhalten. Doch ließe sich einem
Danaebildchen von 1643 — wenn das Monogramm richtig auf ihn bezogen
wird — entnehmen, daß er ganz in der Art jener niederländischen Romanisten ge-
arbeitet habe, die den großen italienischen Körperstil in die gangbare Münze ihrer
zierlichen Genrebildchen umsetzten.1" In der Tat, auf diesen Grundton war die künst-
lerische Umgebung des jungen Willmann gestimmt. Auch die führenden Meister der
Stadt, ein Westphal, Czwiczik, Witzei, hatten sich der neuen holländischen Weise
ergeben, nachdem der talentvolle Anton Möller im Steindammer Altarbild dem
traditionellen Stil der Cranachschule ein plötzliches Ende bereitet hatte.
Um so bedauerlicher, daß sich von den frühen Arbeiten Michaels jede Spur verwischt
hat. Denn von ihm rühmt Sandrart ausdrücklich, schon mit zwanzig Jahren habe er
die Künstler seiner Vaterstadt in der öl- und Aquarellmalerei weit übertroffen.
Doch scheint sein Verhältnis zur niederländischen Kunst soviel ursprünglicher ge-
wesen zu sein, daß er nach Beendigung der heimatlichen Ausbildung, wohl im
zwanzigsten Lebensjahr, die Reise an die Quelle selbst, nach Holland, antrat.
Der neuen Kunstwelt, die ihm in den Niederlanden mit dem Glanz seltener Leistun-
gen und einer vollendeten Technik entgegentrat, hat er von vornherein die Selb-
ständigkeit eigener Wahl und Auffassung entgegengesetzt. Er lebte vorwiegend in
Amsterdam, dem Brennpunkt des werdenden europäischen Stils, und besuchte wohl
eine Reihe der führenden Meister. Aber er begab sich nicht in ein festes Schüler-
verhältnis, sondern arbeitete frei nach Vorbildern Rembrandts und Jakobs de Backer
und hat sich seinen Lebensunterhalt durch angestrengte Tätigkeit bei Tage und bei
Nacht verdient. Denn nicht als Nachahmer war Willmann nach Holland gegangen,
sondern um sein eignes Ausdrucksbedürfnis zu steigern und sich die technischen
Mittel zur Bewältigung ganz persönlicher Vorstellungen anzueignen. Wenn daher
die Kunst Rembrandts eine so nachhaltige Wirkung auf sein späteres Schaffen aus-
geübt hat, so spiegelt sie sich, abgesehen von ein paar kostümlichen Eigenheiten, doch
nur in den allgemeinen Zügen: in der leidenschaftlichen Erfassung der ungebroche-
nen Natur und in der Neigung zum formauflösenden Helldunkel. Auch die Technik
 
Annotationen