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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1843 (Nr. 28-80)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1490#0184
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Reichkhume der Tliedecungen eine graziöse Einfachheit in den Profi-
lirungen und allen Verhältniffen, das erste Schönheitsprincip des ger-
manischen Baustyls: alle Maffen für das Auge zu unterbrechen, zu
verdecken, in seiner höchsten Vollendung vom Gcundbaue an durchge-
führt, wahrend am Cbore der masfive Unterdau eine-n störenden Ein-
druck machk und in den Gliederungen und Ornamenten die phantasie-
reichste Verschiedenartigkeit herrscht. An dem Thurmbaue ist der Styl
aeläuterk, hiec sehen wir das Sysiem in seiner reinsten Äollendung.
Von den Thurmen hat uns der Zufall Aufcisse echalken, — und beide
sind verschieden; der nördliche, dessen Svckel erst halb fertig war und
jetzt Behufs des Neubaues theilweise abgetragen wird, zeigt in den
Gliederungen andere Vechältniffe, alS der südliche; die Linien sind
stumpfer, den Profilirungen fehlt die Tiefe, das Gefühl dec Anmuth,
das wir am südlichen mit Recht bewundern.

Die germanischs Baukunst war schon am Sinken, als man denjPlan
zu diefem Thurme entwarf und auszuführen anfing, wie wir auch an
der Nordseite schon geschwungene Bogen und Linien sehen, sich schnei-
dende Stäbe und Kröpfungen, welche den Berfall des Spitzbogenstyls
im fünfzehnten Jahrhundert charakterisiren. Es laffen sich, wie schon
gesagt, an den verschiedenen Theilen deS Weckes die vecschiedenen Pe-
rioden des Spitzbogenstyls nachweisen, in denen dieselben entstanden
sind. Dic einzelnen Meister, die im Laufe des vierzehnten und fünf-
zehnten JahrhundertS an dem großen Werke bauten, führten die ih-
ne» überkragenen Bautheile immer in den Stylformen aus, wis sie
ihrer Zeit gäng und qebe waren. Genaue Werkpläne über alle Theile
des Baues mit allen Details, in Einem Charakter des Styls, sind, nach
meiner Ansicht, nie vorhanden gewesen. Zeder Meister schuf hier, da
die Grundidee und die HauptverhälMisse gegeben waren, von denen,
ohne dieHarmonie des WerkeS als ein Ganzes zu stöcen, nicht abgewi-
chen werden konnte, nach seinem besten Wiffen und den Regeln der
Kunst, wie seine Zeit es wollte, woher einzig die mannigfaltigen Ab-
weichungen in Formen, Maßcn und Constructions-Verhältnissen zu er-
klären sind. Es waren die Werkpläne, Aufriffe, DetailS zu den einzel-
nen Theilen immer Eigenthum der Meister, dle sie entwarfen und
ausführten, und wurden von diesen auch, wenn der Bau stockte, was
sehr oft wegen Mangels an Gcldmitteln und wegen Strcitigkeiten der
Bürgerschaft mit den Erzbischöfen und der Geistlichkeit der Fall war,
als Eigenthum behalten. Aus diesem Gcunde sind uns auch keine ausführ-
lichen Pläne bekannt, hat man so lange vergedens danach geforscht. Wa-
ren ausführliche Pläne alS Eigenthum bes Capitels vom ersten Anfange
des Werkes vorhanden, so wurden diese auch sicher alle im Archive des
Capitels ausbewahrt. Wir haben aber einzig Kunde von einem Grund-
risse, der hier aufbewahrt wurde und jetzt ebenfalls abhanden gekom-
men ist. Ob dies aber der erste Original-Grundriß oder bloß eine spä-
tere Aufnahme, möchte schwer zu bestimmen sein.

Jch bin der festen Meinung, daß der erste Plan, wenn bei der
Grundsteinlegung schon einer vorhanden, in srinec Ausführung ein an-
derer war, alS derjenige, welchen wir mit Beibehaltung der Grundver-
hältniffe des ersten befolgt sehen, und daß zweitens die Meister, diesem
folgend, wie schon bemerkt, immer nach dem Standpuncte der Kunst
ihrer Zeit acbeiteten. Sicher würden wir ein in seinen einzelnen Thei-
len anderes Werk sehen, wäre der ganze Dom vom Jahre 1250 bis
1350 vollendet worden.

Die hier mitgetheilten Ansichten über die Geschichte des Dombaues
hatte ich schon seit 1835 in einer au-führlich ausgearbeiteten Geschichte
deS Domes niedergelegt. Herr A. von Binzer benutzte meine Hand-
schrist zu seiner bei L. Kohnen erschienenen Geschichte und Beschrei-
bung unseres Domes. Wie es meine Zeit einiger Maßen erlaubt, werde
ich das Wesentliche meiner Arbeit mit den historischen und kritischen
Belegen meiner Ansichken durch das „Domblatt" dem Publicum mjt-
theilen. Diese Bemerkung, um mich vor dem Vorwurfe der Nachbe-
terei zu schützen.

Hat mich die Darlegung meiner Ansicht über dm Dombau auch et-
was zu weit von meinem cigentlichen Gegenstande entfernt, so glaube
ich sie doch in etwa rechtfertigen zu können, da Conrad von Hoch-
staden eben als Gründer des DomeS die Veranlassung dazu gab.

Jm fünften Capitel enkwickelt uns Burckhardt die ersten Anfänge
des Kampfes des Eczbischvfs mit der Stadt und gibt, um manche zu
besprechende VerhSltniffe näher aufzuklären, ein Bild der damaligen
D-rfaffung der Stadt Köln nach Wilda's Gildewesen deS Mittelalters,
Hüllmann und Eichhorn. Es ist dem Verfaffer gelungen, einige Klar-
heit in die höchst verwickelten VerhLltniffe zu bringen, so daß uns die
Grundzüge d-r kölnischen Verfassung deutlich werden, wenn auch noch
manche Einzelheit unerklärlich bleibt *).

Aus vollster Ueberzeugung stimme ich dem Urtheile bei, welcheS der
Derf. S. 82, Anm. 57, über Godefrit Hagen's Reimchronik gibt als
unzuverlässige Quellr der Geschichte Kölns jener Periode, so wie auch
seinen Ansichten über die kölnische Chronik. Sowohl Hagen als der
Schreiber der Chronik sind einseitig befangen und unkritisch, wie der
Verf. sehr oft nachweisit.

Nachdem der Verf. Conrad's fernem Einfluß auf die Reichsangele-
genheiten geschildert, seinen Kampf und Sieg üher die Anhänger Kö-

*) Maa vergl. die grdrängte, aber gediegene »bhandlung »on S. von
Sybel über „Erzbischof Sonrad von Hochstaden und dic Bnraer-
schast von Kvln" in 0. Lersch'S „Riederrhkinischem Jahrbuchc", G

nig Wilhelm's, deffen Feind der Erzbischof geworden, erzählt er im
sechsten Capitel die Fortsetzung der Fehde Conrad's mit Köln und dir
Schlacht bei Frechen, welche Burckhardt i'ns Jahr 1256 setzt. Ueber
einige chronologische Bestimmungen, auf die Burckhardt vielen Fleiß
gewandt hat, vergleiche man v. Sybel's Ausätze zu seinem Aufsatze in
dem in der Anmerkung angeführten Werke.

Zm folgenden Abschnitte stellt uns der Verf. Conrad's HandlungS-
weise bei der Wahl Richard's von Cornwall mit wenigen Zügen dar,
und gibt uns in dem Benehmen Conrad's in allen Sachen des Reichs
und gegen die Bürger Kölns ein treues Bild von der Macht, dem
entscheidenden Ansehen des Gewaltigen.

Das achte Capitel erzählt uns die Art, wie Conrad Köln ganz zu sei-
ner Stadt machte, die Verfaffung umstürzte, nachdem er siegreich auS
dem Kampfe gegen die Geschlechter hervorgcgangen. Der ganze Ver-
lauf der Geschichte von dem Zwiste mit den Hausgenoffen an wird
kurz und kritisch dargestellt und dabei umfassend klar bis zuc Gefan-
gennehmung der Ersten aus den edlen Geschlechtern und Flucht der
Uebrigen. Wie Burckhardt Anmerk. 54, S. 153 zu der Bemerkung
kommt, Matthias Overstolz habe nicht in der Rheingasse gewohnt,
kann ich mir nicht erklären. Zn unseren Schreinsbüchern wird Rhein-
gafse und Filzengraben gerade alS Wohnsitz vieler edlen Familien durch
Uckunden bezeichnet, wie dies auch die kölnische Chrontk thut. DaS
stattlichste Haus in der Rheingaffe hieß sogar „Ovcrstolz", wird so
in den Schreinsbüchern genannl*). Wenn dec Verf. wußte, daß
Matthias Overstol; und die Hauptpersonen weder in der Rheingasse
noch im Filzengraben wohnten, so wußte er doch wahrscheinlich, wo sie
wohnten, und hätte uns dies angeben können. Adelige Trinkstuben kom-
men in Köln, so viel mir bekannt, keine vor. Versammlungsort dec in
der Rheingasse, im Fi'lzengraben und an Lyskicchen wohnenden Ge-
schlechter war die OverSburg oder Airsburg, welche in der südlichen
Neustadt lag, die auch selbst diesen Namen führt.

Mit dieser Bemerkung schließe ich meinen Bericht über das treffliche
Werk Burckhardt's; leider nur, daß ich es, dem.Zwecke dieser Blätter
gemaß, m'cht ausführlicher besprechen konnte. Fest der Ueberzeugung,
daß dieser gediegenen Arbeit die allgemeinste Anerkennung werden muß,
spreche ich die Hoffnung aus, daß diese den fleißigen Verfasser recht
bald veranlassen möge, auch noch andere Abschnitte der Geschichte KölnS
zum Gegenstandc seiner Studien und Forschungen zu machen. An
reichem, höchst anziehendem und lohnendem Stoffe fehlt cs da nicht.

Ernst Weyden.

Köln, 16. Oct. Bekanntlich leiden mehre unserer Kirchen an dem
großenUebelstande, daß bei der Errichtung derselben die Symmetrie nicht
gehörig berücksichtigt worden ist. Wir erinnern nur an die Kjrchen von
St. Mauritius, St. Columba, St. Ursula, St. Alban, St. Jvhann.
Wie dies gekommen, kann oft nicht ermittelt werden. Zuweilen, wie
bei St. Columba, scheink man sich nach der Localität gerichtet zu ha-
ben. Jn solchen Fällen läßt sich nicht mehr verbessern, was man i»
frühern Zeiten vernachlässigt hat. Wenn aber die Localität die Her-
stellung der Symmetrie gestattet, so ist wohl ein jeder Frcund der Bau-
kunst von dem Wunsche beseelt, daß so bald wie möglich jenes Mißvew
hältniß gehoben würde. Wir denken hier zunächst an die St. Andreas-
kirche, die, im Ganzen ziemlich regelmäßig gebaut, den Mangel an
Symmetrie den Besucher sehr schmerzlich empfinden läßt. Das unterste
CHLrchen in dem linken Seitenschiffe ist nämlich nur halb so groß,
wie das entsprechende auf der rechten Seite. Würde ersteres bis zum
Kreuzbaue an der westlichen Seite der Kirche vergrößert, so könnte daS
Ganze nur von innen wie von außen gewinnen. Jedenfalls sollt-
der schöne Bau, der erst neulich von allen fremden Zuthaten ist gereie
nigt worden, nichk durch cin Brandspcitzenhäuschen verunstaltet werden,
welches, wie verlautet, bald den Raum einnehmen wird, den wir zur
Vergrößerung des besagten Chörchens vindiciren möchten.

Bei Gelegenheit der Restauration der Altäre in der Schnurgaffen-
kirche ward in der „Kölnischen Zeitung" die Ansichl ausgesprochen,
diese Altäre möchten wohl ursprünglich für eine andere Localität be-
stimmt gewesen und dann erst später der Schnurgassenkirche angepaßt
worden sein. So viel ist gewiß, daß mit dem Hauptaltar, nicht aber
mit den Nebenaltären eine Veränderung vor sich gegangen ist. Ob
aber diese Veränderung sich lediglich durch jene Annahme erklärcn laffe,
ist eine andere Frage. Es schcint uns vielmehr, daß die Altäre für die
Schnurgaffenkirche stnd erbaut worden, der Hauptaltar aber viel tiefer
gestanden habe, indem das Presbyterium viellcicht nicht höher wie di»
Kirche selbst war. Als man letzteres nun erhöhte, so wurden am Altare
sowohl, als auch in der Kirche einige Veränderungen nöthig. Vorab
mußte der oberste Aufsatz vom Altare weggenommen und dann daS
Gesims der Kirche, welches fcüher über die Symbole der Gerechtigkeit
und der Liebe bis zur hintern Wand derselben hindurchlief, abgehauen
werden. C. S.

*) Bergl. dte kleine Schrist: „DaS HauS Overstolz zur Rheingaffe, ge-
nannt TempelhauS u. s. w.", von Ernft Weyden. Köln, bei Dn»
Mont-Schauberg, 1842.

Verantwortlicher Herausgebec: Jof. DuMont.

Druck uNd Commissions-Verlag deS Verlegers der Kölnischen Aeitung,
M. DuMont-Schauberg.
 
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