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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1848 (Nr. 37-46)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1499#0067
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Hoffnungm hrrvocbrtchm, u»d jm», w» si« uuter manchm hartm Gtürmea
ihre Früchle gereist.

Gie pcächrig die Grgmd war! Da lag links der alt« Hermannstrin de<
dreißigjährigm Krieges, der Vergangmheit, j.'tzt symbolisch und propheti'ch
der Edreabreltstiia für die Aukrmst; rechtS das königlrche Stoljmfels, die
Zriten der Hohmstaufm heraufdeschwörmd und die Gegmwart vcn Rruem
mit der Bergangenheit anknüpfend; vor uns dre beidm Lahnsteine und die
Trümmer von Lahneck. Da dachte ich an Schenkendo.f, an s«in schvnes Lied
von dem Dome zu Köln:

Auf dem alten Grund erhrben,

Neu geweiht von frommer Hand,

Sollt ihr euch zun» juvgen Lebea

Burgen, Kirch' und Baterland.

Sckon das nächste Dorf hatte mir gezeigt, daß tie Gegenwart weniqstenS
mit Ernst daran dachte, wieder mit der Vergangenbeit anzuknüpfen und die
Baukunst der Vorfahren von Neu-m rns Leben zu führm, rvenngleich die
Art und Weise, wie man dabei verfuhr, odcr wie sie hiec aufgefaßt wordm,
keineswegS die richlige, sondern nur eine hcchst mißoerstandene war. Man
hatte hier ein Landgut gebaut, wie maa in den Anfängen deS 16. Jahihun-
derts etwa einen Altar geschnitzt haben würLe, und wmn man eine solche
Architektur Barbarii nennt, dann habe ich nichts dagegen zu erinnern. Ge-
malt würde die Sache allmfalls noch geh.n; ich bin übcrzeugt, es li'eße flch
ia einem solchen Wesen noch cin arti'gcs Bild schaffen; aber als Architeklur-
weik? nein! — Doch da kommt die Marmorsäule, di« Preußen von Ras-
sau scheidet, «in Schlagbaum in unharmonischen Farbm, ein gräuliches Blau
?md Gelb. Es hat doch etwaS Eigenlbümliches, das deutsche Land! Jch suhr
jüngst auf einer Spaziifahrt in der Nähe von Frankfuct in etwa einer
Stunde durch drei vcrschiedene Landes-Gebiete, dre jedes ihr besondercs Gc-
präge an sich lrugen. Dcnn drr wächüge Stamm hat von Anfang an, wo
wir ihn k-nnen lernm, mehrcre Aeste gcschlagm, und dcr Schwabe wird
stetS «in Bnderer sein, als der Saffe und Franke. Franken, Sassen und
Schwaben habm jed« ihre Glanzp.riode gehabt, aber nie hat Einer enlschie-
den geherrscht, und das Unglück ist stels da angegangen, wo der Einfluß des
Einen sich zum Nachcheile deS Anderen geltend gemacht, an der hergcbrach-
tcn Ordnunq gcrültilt, Unterdrückung die Eifersucht, die Eifersucht die Un-
terdrückung h:cvorgeruf«n. Und die katholische Religion, das allgemeine Band
dec Völker, die alte Kirche und große Vermiltlerin, hat die deulschen Slämme
zusammmgehaltm, großgejogen und mit Ruhm bedeckt. Die Gegenwart wird
«S erfahren, alle Versuch« zum Wiederaufbaue deutscher Größe unv Einheit
wrrden scheitem, wenn man nicht in die Eine Kirche zurückkchrt. So haben
sich jüngst die verschiedenen Parteien in dem kölner Dome gefunden, Jeglicher
hal sein Recht bekommen und Alle sich wohlgcfühlt. Da mußken dmn die
kleinm Leidenschaften schweiqm vor dcm großen Zwecke, und di« geistesarmen
Leute, die sonst gewohnt sind, mit gewalligen Reden sich breit zu machen,
wurden mit fortgezogen in d.m Drange der wahren Begeisterung, womit die
qemachte so bäufig verwcchselt wird. Jn lctzterem Falle tröstet man sich
dann mit schönm Verhcißungen, halt dir Worte für Thaten und läßt sich
um so fcster elnwiegm in dre süßen Träume, alS dir Zeil bei aller ihrec
Bedrängniß und Noth doch auch überraschende Mitkel zu Grbote hat, und
dann, wmn fle will, in wcnigen Jahrcn bewerkstelligt, wozu sonst Jahrhun-
dert« gehörten. Aber gerade dcßhalb kann ich nicht begreiferi, wamm eine der
schönstm und intcrcffantesten Kirchen am Rheinc, die vor mriner Fahrt lie-
gende Johanm's-Kirche, in dem Winkel zwischen Rhein und Lahn und auf
der Spitze dcs Dnieck.s, welcheS sich durch die Berbindung beider Flüffe
bildet, biSher vergebens nach der Theilnahme der Zeitgmoffm gefleht und,
währmd ein reicher Landcsherr so manchcs schöne Befitzthvm der Kirche an
sich geriffrn, Lie Drcimatoren sich übcr die Unterhallung nahe an ein hal-
bes Jahrhundsrt zanktcn, obdachlos da steht, Slurm und Wetter Preis ge-
geben, thrilweise zusammmstürzte und, wcnn cs so fortgeht, bald keine Spur
mehr zeigcn wird, wo sie gestanden. Sclbst die wilden Zeiten des dreißig-
jährigrn Kciegcs dachten in jrner Bcziehung ehrenwerther, und sind, was wir
aewiß schwerlich erwarlen solltm, in Angelegenheitm dcr JohanniS-Kirche von
Niederlaynstein unsere Ankläger. Barthold erzählt nämlich in seiner Geschichte
des großen deutschen Krieges: „Um die gegenseitige Erbitkemng zu schildem,
mit wclcher die Deutschen damals geqen die Fcanzosen fochlen, gibt uns das
Tagebuch des weidlichen Baicrn, Äugust von Fritsch, die mannigfachsten
Farben. Untcrlahnstein, ern fast vffener, nur in Eile bcfestigler Fleck.n, ward
am März nach mannhafter Gegrnwehr ervbert; dagcgen flächtct« sich
ein Haufe von fünfzig Mann unter einem deutschcn Lieulenant zu cinem na-
hen fcanzösischen Posten aufeinrm ummaurrkm Kicchhof, wrlcher an der Ecke
des Rheines und d-c Lahn sich mäßig «rhebt, und vertheibigte sich aus dem
Thurme und den aufgeworfenen Blockhäusern unerschrocken bis zum folgen-
dm Abende. Unterdeß ersann Augustin von Fricsch, Hauplmann im R.gi-
mente Melchioc Reinach's. Brudcr dcS Befehlehabcrs von Breisach, cinen g'-
schwinden Kliegspossen, dm man nicht im Polyän fiadet. Ec grub drei Klaf-
ter tief auf dem Pfarrhofe, welcher untcr der Kirchhofsmauer sich hinzieht,
erne Mine an dec Wcinpresse, ließ daS eine Kiichhofsthoc durch angehäufics
Srroh ausbrennen und forderte am Morgm die Bcsatzung durch cinen Trom-
melschläger zur Uebergab: auf, wcil er durch seine Mine den Thurm in die
Lust sprengen könne und ihn nur der Menschen und dcr schönen Kirche
erbarme. Auf die erste Mahnung kam der befchlende Sergeant, ein Stock-
Franzos, ader wackerer Kerl, als eigcntlicher Befihlshadcr der Schanze, mit
eincm Führer des zu ibm gcflüchtetcn LieulmankS heraus, um die verder-
bmdrohende Mine zu besichrigen. Jhn zu täuschen, halte der schlaue Baier
das Ende des Ganges mit einem schwarzen Mantcl veihärigt und ließ beidr
Abqeocdnete nur in das dunkle Loch qucken. Als jene sich von dcr Gefahr
Lderzcuqt, wurdcn sie darauf in dec Pfaristube beim angirichtet.n Frühmahle
so bczrchk, daß fle, an Entsatz von Coblmz aus verzagend, den Abzug für
dm folgmden Tag flch ausbedingtm. Zum Unglücke weigerten die Einge-
schloffenm sich, noch dmselben Abend den Kirchhof z« räumen, dmn drr

hohe, gewalthabmd« Officier, der Tmeral-Wachlmeistcr Schnetter, verwarfi
am folgmdcn Morgm sich ei'nfindmd, den verheißmen fceim Abzug und ver-
urtheilie die Betrogmen, weil fir wider Kriegsgebrauch in einem unhalrbarm
Orte gelrotzt, zum Tode."

Was nun die Krieger ei'nes der wildesten und verheermdsten Kampfi» zu
rettm und «rhalten gesucht, hat die Gegenwart schändlich zerfallen laffm.
JMe würde man wenigstens mit der Norh entschuldiqt habm. Für diese
kann man nichtS WeitereS vorbringen, als Gleichgülti'zkeit gcgm ein Denk-
mal, das, auf einem der schönsten Punct« der Erde geleqeu, als Bauwerk
mit zu den ältestm gerechnet wrrden kann, die es am Rheine gibt, künstle-
risch und geschichtlich von hoher Bedeutsamkeit ist. Der h. Bernard hat hier
gepredigt, die Fürsten auf dem Lage zu Rhense sind hier in die Meffe ge-
gangen, und manchc schöne Erinnerung haftct an den hehren Mauern.

Nach dm der Klein'schen Rheinrcise bei'gefügten architektonisch-histori'schm
Berichligungm und Zusätzrn, von dem kö.iigl. Bau-Znspeclor von Laffaulx
in Coblenz, würden dre beidm Thürme, von dmm gegenwärlig nur noch
Einec vorhandm ist, dem Ende deS 12. oder dem Anfange des 13. Jahr-
hundertS angehörm. Später werdm sie wohl schwerlich erbaut sein; doch ist
offenbar zwischm dcm kleineren Thurme, der mebr von schlankeren Berhält-
niffen errichtet wurde, und dem größerm, massenhastcren cine bedeutende
Modification dcs SlyleS wahrzunchmen. Der kleinere oder vi'elmehr scbmä-
lece schcint um cinige Decmnien spa'tec errichtet wocden zu fiin, als der brei-
tere. Zn beiden herrschk jedoch der romanische Rundbogcn-Slyl, ohne irgmd
einen andrren Uebergang zu d:m so genannten syäterm Spitzbogen-Slyle,
als daß sich an dem kleinercn in den decorativrn Theilen Bogm aus drei
Scgmentm finden, waS allerdi'nqs in dem 11. und 12. Jahrhundert nur
sellener in unscren Gcgenden vorkommt. Dabei blriet cs immer unbestritlerr,
daß dcc größere Theil des übrigen Bauwerkes, welches viel einfacher gehal-
ten, als die schöne und ceichverzierte Thurm-Faxade, einer frühcrm Zrit an-
gehörr. —

Die Burgen von Lahneck, die Propstei links, der Allerheiligen-Berg rechts,
lagm bald hinter mir. — Die Lahn ist in der That einer der schönsten
und lieblichstcn Flüffe von Deutschland. Jhre Gedirgc siad von rcizcndec
FLrbung und lhre Thälec mit zartcm Dufl umwedt. Jch fuhr darauf in
romantischer, chevalcresker Fahrt die Mündung der Lahn aufwärls, wo wir
ln der Propstei abstiegcn und den Kahn Lahneck gegenüber anlegtcn; jetzt
ging'S den Landweg cnilanq, aber überall dieselbe Änmulh, der liebliche Far-
benton, die idyllische Anmulh. Da fZllt denn auch, seibst wenn man allein
ist, dcr Weg nicht lang, und Ems, der vieldesuchte Gesundort und der
Schauplatz jrner merkwürdlgm Vcrblmdung, worin drei Kurfürstm unl»
Erzbischöfi, eincr falschcn Slrömung der Zeit folgend, durch Aufklärlinge an
ihrem eigcnen Unterganqe arbeiteken und daS Messer für ihre eigenen Kehler»
schleifin ließcn, war bald «rreicht.

Prisac.

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Verantwottlicher Herausgeber: Jos. DuMont.

Druck und CommWons-Verlag deS VerlegerS dec Kölnischen Zektung,
M. DuMent-Schauberg.
 
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