Kirchen und kirchliche Bauwerke in Sparrieu.
Lon Prisac.
(Schluß, fiehe Nr. 224 d. Bl.)
«
Barcelona.
Wir halten aber gerade in der Beziehung die GlaSmalereien an der
Kathedrale von Barcelona, ungeachtet sie den Umfang nicht haben, w>e
jene deS kölnec DomeS, füc bedeutend. Sie find offenbar der schönste Schmuck
der «irche, obgleich eS nicht an Leuten fehlt, welchc d-m Hochaltare den Bor-
zug qeben. Jch kann daS nicht sagen. Jn Bezug auf den Hochaltar waltet
hierin in Cpanien ein ganz besondereS Eystem vor, dessen Tcundgedanke
auch in anderen Ländern Veranlassung gewesen zu jenen ungeheuren Allar-
bauten, welche ganze Wände, oft biS m die äußersten Spitzen der Gewolbe,
bedeckten, und die mit ihren pauSbackigen Sngeln nichtS weniger alS eigentliche
Kunstwecke genannt werden dücften. Zn Spanien ist der Hochaltar, ich spreche
von den Kathedralen, der sogenannte Retablo, immer ein bedeutendeS Kunst-
werk ivoran fich die tüchtigsten Meister in der Sculp'ur entwevec >n Holz,
Stein oder Metall versucht, und woran man gewöhnlich aupi-r einer deson-
deren Geschichte deS Heiligen, dem die Kirche gewidmet, die Geschichte deS ge-
sammten alten und neuen BundeS in ihren bekannten Grundzügen erblickt.
Der Hochaltar deckt daher meist die ganze Hinterwand der sogenannten
6»pil1» m»zor oder jener Lapelle, die übec und durch den Chor oder daS
PreSbyterium gebildet wird. Dsr Spanier. die sämmtlichen spanischen Kathe-
dralen, habcn >n oer Beziehung eine Eigenthümlichkeit, die allerdingS einiger
Maßen an die Einrichtung der alten Basiliken erinnert und die, wenn sie
auch wie in Toledo und BurgoS, der Sculptuc ein weiteS und ruhmoolleS
Keld' gewährt, doch für die Architektur alS kcine glückliche betrachtet wecden
kann Sie stört nicht nur di- Ducchficht. sie sctzt mitten in daS Kirchenge-
bäude gleichsam ein neues hiruin. Sie schliept nämlich den Lhor nichr, wie
dieS an so manchen schönen Kirchen in Deutschland der Fall, mit einem ein-
fachen Lettner ab, welchec den alten, noch gegenwärtig bei den Ocientalen
gebräuchlichen Lorhang ersetzt, und der auch gewöhnlich nur der natürliche
Schluß deS architektonisch festgesetzten LhoreS odec PreSbhteriumS ist, sondern
geht über dicse« hinauS den größten Theil deS HauptschiffeS hinducch, wie
in Valencia, oft biS in die Nähe deS HauptportaleS.
Auch schließt der so gebildete Chor nicht etwa mit einer durchbrochenen,
durchfichtigen Wand, sondern daS Ganze ist nach allen vier Winden herme-
tisch abgespcrrt und nuc in der Nähe deS HochaltareS, der Vspill» wLjor,
deS All-rheiligsten, die nur mittelS eineS schmalen, etwa 4 Fuß hohen GangeS
mit dem Lhore in Verbinduna steht, einiger Maßen zugänglich für daS
Dolk, daS fich an den beiden Seiten dieseS VecbindungSgangeS zwischen Chor
und PceSbyterium lagert, oder, da eS keine Bänke.keine Stühle in den spa-
nischen Kirchen gibt, nach orientalischer Weise hutscht. DaS Ganze wücde
ungefähr so auSsehen:
».Hochaltac od.Retablo.
b.PreSbyterium oder
6»piUs mszor.
o. Stufen zur osxills
losjor.
ä.VerbindungS - Gang
zwischen der6spills
msjor u.dem Chor.
o.Chor für die Sänger
uno Canoniker.
k. Singänge zum Chor.
Die Orgel stehi qewöhnlich über den Chorwänden und bildet mit ihren
horizontal liegenden Pfeifen eine recht anständige Batterie, wie auch die so
liegenden Register in dec Kunstsprache der Orgeibauer genannt werden.
ES kann keine Frage sein, wie sehr die Architektur durch eine solche
Sinrichtung leiden muß.
Die schönste Zugabe zu dem Dome von Barcelona ist offenbar der präch-
tige »reuzgang, der fich in den reichsten Formen der Gothik an die Süd-
seile anlehnt und nicht bloß eine Perle der Baukunst, sondern auch ein wah-
reS Museum ist.
Die ersten Anfänge der christlichen Malerei in Spanien stnd in dem
Kceuzgange der Kathedrale von Barcelona zu suchen. ES sind dieS aber
keine Werke von spanischer Hand, sondern der Niederländer.*)
Die Kathedrale oon Barcelona steht so recht im Herzen der Altstadt
und ist. wie schon oben bemerkt, rundum mit engen Straßen umgeben; aber
in diesen engen, gegenwärtig menschenleeren Straßen gibt eS doch noch manche
interessante Häuser, worunter daS schönste ein Theil der sogenannlen Depu-
tation Pcovincial ist. Die übrige Hälfte diiseS inter^ssanten Gebäudes ist
im modecnen Sthl errichtet und schließt sich an einen bebeutungSlosen Platz,
der jetzt unter dem Namen der Constiiution bekannt ist, woran Spanien so
reich wie Fcankceich, und von denen die meisten höchstenS ein Menschenalter
währen. Der Platz selbst bietet weiter nichtS alg moderne Klachheit uno ist
im Ganzen der Nachäfferei, die ihm seinen Namen verliehen, würdig. ES be-
sindet fich aber ganz in seinec Nähe ein kirchlicheS Bauwerk im gothischen
Style, daS mit seinem musivischen, liefliegenden Boden allec Wahrscheinlich-
keit nach auf römischer Unterlage ruht, um welcheS stch die ersten Anfänge
dec weltberühmten Stadt, die zur Zeit eine der ersten HandelSstädte der
Welt gewesen und die Gründerin der HandelS-Consulate ist, a ngesammelt.
Si nige Stunden landeinwärlS von Barcelona, auf einem zackigen AuS-
läufer deS Pyrenäen-GebirgeS und einem Gipfel, der fich cinige Tausend Fuß
hoch über daS Meer erhebt, mit seinen phantastischen Formen stundenweit in
daS Land hineinschaut, liegt daS alte Benedictiner-Alostec Montserrat mit
seinen Einsiedelcien und seinem berühmten MuttergotteSbilde ^uostr» sosnor»
äi Lloussrrst. Leidec siehl man von diesem schönen, im besten Style deS
MittelalterS ecbauten Kloster augenblicklich kaum mehr alS einzelns malecische
Ruinen und schöne Bogenstellungen. Die Kirche selbst hat flch noch ziemlich
erhallen. Sie ist ein prächtigeS Weck in dem sogenannten UebergangSstyle,
wie er sich schon Snde deS 12. und zu Anfang deS 13. JahrhundertS in
Deutschland gebildet. Der so oft geplünderte Schatz enthält nur Kostbarkeiten
dec neuercn Zeit, die bloß weclhvoll sinü ducch ihc Material, abec mil künst-
lerischer Ausfassung wenig zu schaffen haben.
Wenn abec Goethe sagt, daft wunderthätige Bilder schlechte Werke der
Kunst find, so hat er bei dem berühmlen Bilde von Moniserrat ficherlich
Uncecht. DieseS Madonnenbild. daS sich in LebenSgröße alS Statue in einer
besonderen Loge hinler dem Hochalkare erhebt, ist ein Weik von großer
Schönheit, wenigsteng von eiriem gewaltigen Eindrucke, wie ich dieseS über-
haupt bei so manchen Bildwerken in Spanicn, namentlich in Sevilla, be-
merkt. Sie haben etwas an sich wie aus einec anveren Welt.
*) Passavant: Die christliche Kunst in Spanien,
E^tra-Abonnement
auf daS
Kölner Domblatt.
Die Bestellungen auf daS ExLra Abonnement für den
Zahrgang 1864, welche auSwärLS bei allm körngl. preuß.
Post-Anstalteu eutgegeugenommen werden, wolle man baldigst
machen. — Der PränumerationSpreiS, deffen Brutto-
Ertrag in die Dombau-VereinS-Caffe fließt, beträgt hier
wie auswärtS KO Sgr. für deu Jahrgaug.
Zum Besten deS kölner Dombaues.
Vorräthig im Secretariate deS Central-Dombau-Vereinö (Ratbbaus-
platz Nr. 3);
D i e
neuen Glasgemälde
im Dome z« Köln,
ein Weihegeschenk Zr. Majestät -es Königs Lu-wig I.
von Sayern,
beschrteben von
»r. Ernst Weyden.
3. Auflage, vermehrt durch eine kurze Geschichte der Glasmslerkunst, so wie
durch Andeutungen über dle alten Fenster deS kölner Domes im hohen Chore
und im nördlichen Nebenschiffe des LanghauseS. Mit Abbildungen.
Preis 10 Sgr.
Verantwortlicher HerauSgeber: I. I. NelleS in Köln.
CommisfionS-Berlag und Druck von M. DuMont-Schauberg in Köln.
(Erpedition der Kölnischen Zeitung.)
Lon Prisac.
(Schluß, fiehe Nr. 224 d. Bl.)
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Barcelona.
Wir halten aber gerade in der Beziehung die GlaSmalereien an der
Kathedrale von Barcelona, ungeachtet sie den Umfang nicht haben, w>e
jene deS kölnec DomeS, füc bedeutend. Sie find offenbar der schönste Schmuck
der «irche, obgleich eS nicht an Leuten fehlt, welchc d-m Hochaltare den Bor-
zug qeben. Jch kann daS nicht sagen. Jn Bezug auf den Hochaltar waltet
hierin in Cpanien ein ganz besondereS Eystem vor, dessen Tcundgedanke
auch in anderen Ländern Veranlassung gewesen zu jenen ungeheuren Allar-
bauten, welche ganze Wände, oft biS m die äußersten Spitzen der Gewolbe,
bedeckten, und die mit ihren pauSbackigen Sngeln nichtS weniger alS eigentliche
Kunstwecke genannt werden dücften. Zn Spanien ist der Hochaltar, ich spreche
von den Kathedralen, der sogenannte Retablo, immer ein bedeutendeS Kunst-
werk ivoran fich die tüchtigsten Meister in der Sculp'ur entwevec >n Holz,
Stein oder Metall versucht, und woran man gewöhnlich aupi-r einer deson-
deren Geschichte deS Heiligen, dem die Kirche gewidmet, die Geschichte deS ge-
sammten alten und neuen BundeS in ihren bekannten Grundzügen erblickt.
Der Hochaltar deckt daher meist die ganze Hinterwand der sogenannten
6»pil1» m»zor oder jener Lapelle, die übec und durch den Chor oder daS
PreSbyterium gebildet wird. Dsr Spanier. die sämmtlichen spanischen Kathe-
dralen, habcn >n oer Beziehung eine Eigenthümlichkeit, die allerdingS einiger
Maßen an die Einrichtung der alten Basiliken erinnert und die, wenn sie
auch wie in Toledo und BurgoS, der Sculptuc ein weiteS und ruhmoolleS
Keld' gewährt, doch für die Architektur alS kcine glückliche betrachtet wecden
kann Sie stört nicht nur di- Ducchficht. sie sctzt mitten in daS Kirchenge-
bäude gleichsam ein neues hiruin. Sie schliept nämlich den Lhor nichr, wie
dieS an so manchen schönen Kirchen in Deutschland der Fall, mit einem ein-
fachen Lettner ab, welchec den alten, noch gegenwärtig bei den Ocientalen
gebräuchlichen Lorhang ersetzt, und der auch gewöhnlich nur der natürliche
Schluß deS architektonisch festgesetzten LhoreS odec PreSbhteriumS ist, sondern
geht über dicse« hinauS den größten Theil deS HauptschiffeS hinducch, wie
in Valencia, oft biS in die Nähe deS HauptportaleS.
Auch schließt der so gebildete Chor nicht etwa mit einer durchbrochenen,
durchfichtigen Wand, sondern daS Ganze ist nach allen vier Winden herme-
tisch abgespcrrt und nuc in der Nähe deS HochaltareS, der Vspill» wLjor,
deS All-rheiligsten, die nur mittelS eineS schmalen, etwa 4 Fuß hohen GangeS
mit dem Lhore in Verbinduna steht, einiger Maßen zugänglich für daS
Dolk, daS fich an den beiden Seiten dieseS VecbindungSgangeS zwischen Chor
und PceSbyterium lagert, oder, da eS keine Bänke.keine Stühle in den spa-
nischen Kirchen gibt, nach orientalischer Weise hutscht. DaS Ganze wücde
ungefähr so auSsehen:
».Hochaltac od.Retablo.
b.PreSbyterium oder
6»piUs mszor.
o. Stufen zur osxills
losjor.
ä.VerbindungS - Gang
zwischen der6spills
msjor u.dem Chor.
o.Chor für die Sänger
uno Canoniker.
k. Singänge zum Chor.
Die Orgel stehi qewöhnlich über den Chorwänden und bildet mit ihren
horizontal liegenden Pfeifen eine recht anständige Batterie, wie auch die so
liegenden Register in dec Kunstsprache der Orgeibauer genannt werden.
ES kann keine Frage sein, wie sehr die Architektur durch eine solche
Sinrichtung leiden muß.
Die schönste Zugabe zu dem Dome von Barcelona ist offenbar der präch-
tige »reuzgang, der fich in den reichsten Formen der Gothik an die Süd-
seile anlehnt und nicht bloß eine Perle der Baukunst, sondern auch ein wah-
reS Museum ist.
Die ersten Anfänge der christlichen Malerei in Spanien stnd in dem
Kceuzgange der Kathedrale von Barcelona zu suchen. ES sind dieS aber
keine Werke von spanischer Hand, sondern der Niederländer.*)
Die Kathedrale oon Barcelona steht so recht im Herzen der Altstadt
und ist. wie schon oben bemerkt, rundum mit engen Straßen umgeben; aber
in diesen engen, gegenwärtig menschenleeren Straßen gibt eS doch noch manche
interessante Häuser, worunter daS schönste ein Theil der sogenannlen Depu-
tation Pcovincial ist. Die übrige Hälfte diiseS inter^ssanten Gebäudes ist
im modecnen Sthl errichtet und schließt sich an einen bebeutungSlosen Platz,
der jetzt unter dem Namen der Constiiution bekannt ist, woran Spanien so
reich wie Fcankceich, und von denen die meisten höchstenS ein Menschenalter
währen. Der Platz selbst bietet weiter nichtS alg moderne Klachheit uno ist
im Ganzen der Nachäfferei, die ihm seinen Namen verliehen, würdig. ES be-
sindet fich aber ganz in seinec Nähe ein kirchlicheS Bauwerk im gothischen
Style, daS mit seinem musivischen, liefliegenden Boden allec Wahrscheinlich-
keit nach auf römischer Unterlage ruht, um welcheS stch die ersten Anfänge
dec weltberühmten Stadt, die zur Zeit eine der ersten HandelSstädte der
Welt gewesen und die Gründerin der HandelS-Consulate ist, a ngesammelt.
Si nige Stunden landeinwärlS von Barcelona, auf einem zackigen AuS-
läufer deS Pyrenäen-GebirgeS und einem Gipfel, der fich cinige Tausend Fuß
hoch über daS Meer erhebt, mit seinen phantastischen Formen stundenweit in
daS Land hineinschaut, liegt daS alte Benedictiner-Alostec Montserrat mit
seinen Einsiedelcien und seinem berühmten MuttergotteSbilde ^uostr» sosnor»
äi Lloussrrst. Leidec siehl man von diesem schönen, im besten Style deS
MittelalterS ecbauten Kloster augenblicklich kaum mehr alS einzelns malecische
Ruinen und schöne Bogenstellungen. Die Kirche selbst hat flch noch ziemlich
erhallen. Sie ist ein prächtigeS Weck in dem sogenannten UebergangSstyle,
wie er sich schon Snde deS 12. und zu Anfang deS 13. JahrhundertS in
Deutschland gebildet. Der so oft geplünderte Schatz enthält nur Kostbarkeiten
dec neuercn Zeit, die bloß weclhvoll sinü ducch ihc Material, abec mil künst-
lerischer Ausfassung wenig zu schaffen haben.
Wenn abec Goethe sagt, daft wunderthätige Bilder schlechte Werke der
Kunst find, so hat er bei dem berühmlen Bilde von Moniserrat ficherlich
Uncecht. DieseS Madonnenbild. daS sich in LebenSgröße alS Statue in einer
besonderen Loge hinler dem Hochalkare erhebt, ist ein Weik von großer
Schönheit, wenigsteng von eiriem gewaltigen Eindrucke, wie ich dieseS über-
haupt bei so manchen Bildwerken in Spanicn, namentlich in Sevilla, be-
merkt. Sie haben etwas an sich wie aus einec anveren Welt.
*) Passavant: Die christliche Kunst in Spanien,
E^tra-Abonnement
auf daS
Kölner Domblatt.
Die Bestellungen auf daS ExLra Abonnement für den
Zahrgang 1864, welche auSwärLS bei allm körngl. preuß.
Post-Anstalteu eutgegeugenommen werden, wolle man baldigst
machen. — Der PränumerationSpreiS, deffen Brutto-
Ertrag in die Dombau-VereinS-Caffe fließt, beträgt hier
wie auswärtS KO Sgr. für deu Jahrgaug.
Zum Besten deS kölner Dombaues.
Vorräthig im Secretariate deS Central-Dombau-Vereinö (Ratbbaus-
platz Nr. 3);
D i e
neuen Glasgemälde
im Dome z« Köln,
ein Weihegeschenk Zr. Majestät -es Königs Lu-wig I.
von Sayern,
beschrteben von
»r. Ernst Weyden.
3. Auflage, vermehrt durch eine kurze Geschichte der Glasmslerkunst, so wie
durch Andeutungen über dle alten Fenster deS kölner Domes im hohen Chore
und im nördlichen Nebenschiffe des LanghauseS. Mit Abbildungen.
Preis 10 Sgr.
Verantwortlicher HerauSgeber: I. I. NelleS in Köln.
CommisfionS-Berlag und Druck von M. DuMont-Schauberg in Köln.
(Erpedition der Kölnischen Zeitung.)