der fraglichen Art daS angestrebte Bsste, trotz seiner Aostspieligkeii, ehsr;uStands
zu kommen pflegt, als daS lediglich ouf daS unabweiSbare Bsdücfniß berech-
nete Mittelmäpige. Hätte man, wie solcheS wirklich einmal planirt war, un-
seren Dom nur eben nothdürstig «n blso auSbauen wollen, so wäre er nie-
malg fenig gewocden, ganz gewiß wenigstenS nicht mittels freiwilliger Bei-
träge. DaS vollendet Schöne öffnet nicht bloß die Herzen, sondecn auch dte
Börscn.
Zunächst wird natürlich die decorative Ausstattung des ChoreS in An-
griff gcnommen, wozu bereitS die Vorarbeiten gemacht sind. Jn jüngster
Zeit trafen Entwürfe zu den drei Karbenfenstern deS ChorschlusseS hier ein,
welche Pcofessor Eduard Steinle und unter seiner Anleitung der im Fache
der mittelalteclichen Ornamentik bewährte, mit dem Geiste der alten Kunst
vertraute Maler Peter Becker in Krankfurt angefertigt habm.*)
WaS oben andeuiungSweise von der monumentalcnMalerei im Allgemeinen
bemerkt worden ist, gilt auch inSbesonder« von der TlaSmalerei für Kirchen; nur
daß hier noch die Rücksichten auf daS Material und die Lichtwirkung in ganz
besonderen Betracht zu kommen haben. Schreiber dieseS war beim Anblicke
der Entwücfe durch die Wahrnehmung überrascht, daß die Formenschünheit
nicht, wie eS so häufig bei derartigen modernen Werken der Kall ist, auf
Aosten der Strenge deS SlyleS angestrebt ist und ein ernstes Studium der
besten alten Vorbilder für solche mustvische Flachmalerei in der so einfachen
und doch so wirkungsvollen Behandlung hervortritt, daß allerwärtS daS ar-
chitekionische Grundgesetz in phantastischer Weise durchspielt, ohne doch an
wickliche, leibhafiige Acchitektur zu erinnern, die nur wie daS Lhema auS
Variationen hervorklingt und hervorklingen darf. Kür daS musivische Orna-
ment und die Anordnung im Allgemeinen hat der Künstler seinen AusgangS-
punct von den besten alten Fenstem unseres DomeS genommen; in jeder
Abtheilung befindet fich unter einem reichen Baldachin eine Einzelfigur, die
zu dett übrigen Figuren sowohl alS auch zu der Kirche selbst m einer spe-
ciellm Beziehunz steht. Zn dem mtttleren Fenster find die beiden Abtheilun-
gen desselben zu Einer Darstellung benutzt: vor der fitzenden Maria mit dem
JcsuSkinde knieet der heilige FranciScuS, welchen der hinter ihm stehende heil.
AntoniuS dem göttlichen Kinde vorstellt. Jn dem Kenster zur Linken befinden
fich der heilige Bsrnardin von Siena und der heilige Bonaveniura, in dem
zur Rechten d!e Heiligen Clara und Barbaca, sämmtlich in krästigen Um-
rissen dargestellt. Wie bei dem Ornamente, so ist auch bei diesen Bildern,
dem Wesen der Sache und seiner Bestimmung entsprechend, alleS Relief, alle
Perspective und alle Modelürung möglichst vermteden, so daß die Fenster
den Eindruck lichtdurchwirkter Teppiche mit Diamantstickecei machen und die
architekionische Einheit tn keiner Weise stören, während der Totaleffect deS
FenperS selbst nur um so mächtigec wicd. Bei der Uebertragung aus daS
GlaS ist vor Allem Bedacht darauf zu nehmen, daß die Figuren nicht na-
turaltstischer auSfallen; eher könnten die einzeln stehenden einen noch etwaS
archaistischeren TypuS vertragen.
Eine Haupischwtecigkeit liegt immer in den Köpfen der Figuren, da die
stbliche Porlraitmanier durchauS unpassend ist. Jn dec guten Zeit der GlaS-
malerei ward daS Gestcht nicht mit Fleischfarbe überzogen; vielmehr bildete
daS natürliche GlaS den höchsten Lichtton. Mit wenigen Linien und Echraf-
firungen finden fich die Zrichnung und dec Echatten hergestellt, so daß man
kaum begreist, wie eS möglich ist, mit so geringen Mitteln so viel Wirkung
hervorzubringen. Aber fceilich kommt AÜeS darauf an, wo und wie das
Wenige aufgetcagen wird, und dann ferner, daß daS GlaS von trefflicher
Qualiiät ist, nicht gänzlich indifferent, wie daS gewöhnliche FensterglaS, son-
dern gewisser Maßen belebt und durch den Guß innerlich krystallifirt, eine
Oualilät, welche, meineS WissenS, weun nicht auSschließlich, so doch am besten
auS England bezogen wird.
Jn Anbetracht der besonderen Wichtigkeit und Schwierigkeit der Köpfe
hat Herr Steinle diesclben sämmtlich auf besonderen Blättern in natürlichsr
Größe entworfcn; hinfichtlich dieser Zeichnungen soll hiec dem Uclheite
der Kenner nicht vorgegriffen werden.
AllerdingS scheinen die gegemväctigen Zeitverhältnisss solchen Unter-
nehmungen, wie der in Rede stehenden, nicht günstig zu sein; allein ein
HinauSschieben ins Unbestimmte frommt auch nicht und ist hier um so
weniger räthlich, alS daS Jnnere der Minoritenkicche, so wie eS dermalen
ist, unmöglich bleiben kann Unsere Altvocderen richteten zumeist ihce
Baudenkmole sogar mitten im Waffengetöse auf und bekundeten so durch
dieselben nicht bloß ihren schöpferischen Kunstfinn, sondecn zugleich ihren
Muth und ihre Energie deS WollenS, wie ihc Gottvectrauen; nichts AnoereS
gibt glänzendereS Zeugniß von ihnen. Trachten wir, denselben hierin, wie
überhaupt in allem Guten, eS gleich zu thunl
vr. A. ReichcnSperger.
Kirchev «nd kkrchliche Bauwerke iu Spauieu.
Lon Prisac.
R»L.
Valencia.
VLleneiL iL kei-mosL.
DoS Land um Valencia herum, die sogsnannte Huerta von Valencia,
wird alS ein Elück Himmel bezejchnet, daS ouf die Erde gefallen, absr auch
die Etadt selbst verdient wohl mit Recht den Namen I» dsrmv«», der Schönen.
Valencia, die Stadt deS berühmten Cid, der fie im Jahre 1094, nach Einigen
1098, nach einer zwanzigmonatlichen Belogerung von den Mauren eroberte,
nach seini m Tode seiner Gemahlin Limena alS Srblheil hinterliiß, die fie aber
bald darauf verlor, ist die Stadt der Heiligen, wie Eevilla die Stadt der
Fcste. Sie liegt ungesähr cine Stunde landeinwärtS vom mittelländischen
Meere, in einer von dem Guadalaviar bewässerten Ebene, die unter dem
Namen Llnsrt» äi V»Isi,o!» bekannt ist und mit Recht der Garten Europa's
gKrannt werden kann. Srobert wurde die Stadt bleibend auS den Händen
der Mauren durch König Zamin von Aragon den 28. September dcS ZahreS
1228, nach Anderen jedoch den 29. Scptember 1229.
Von allen Städten, die ich in Spanien gesehen, hat keine prächtigere
Mauern. keine schönere Thore und ein malerischereS AuSsehen, selbst daS
romantisch gelegene Toledo nicht. Die Stadt zählt ungefähr 70,000 E:n-
wohner, mit 14 Pfarrkirchen. Jch habe aber von dem alten Miguelete auS,
wo man die Stadt in einer herrlichen Vogelperspective sehen kann, ungefähr
30 Kirchen gezählt, die jedoch mit ihren Knppeln und modern gestalteten
Thürmen fast sämmtlich dem letzten Jahrhunderte angehörten. Die gegen-
wäctig der seügsten Jungfrau geweihte Kathedrale steht der Angabe nach
auf den Ruinen eineS römischen TempelS. Denn Valencia, daS spanische
Rom, ist, wie schon der Name besagt. eine römische Colonie und wurde der
Sage nach von ZuniuS Brutus gegründet, in den römischen Bürgerkciegen
zecstöct und dann später wieder aufgebaut. Die gegenwärtige Kirche aber
ist wenigstenS die dritte, welchs seit der Einfühcung des LhristenthumS auf
jenen Ruinen erbaut wurde, und gehört ihrem Hauptbestandiheile nach dem
Jahre 1262 an. AlS Ecbauer nennt man Andrea di Alabat. Sie zeigte fich
aber in der Folge alS zu klein und wucde daher im Jahre 1481, in dcn
glänzenden Tagen deS KirchenbaueS in Spanien, unter der glorreichen Re-
gierung Ferdinand'S deS Katholischen und Zsabellens. vergrößert, in ihrem
Schiffe verlängect. DaS Transsept war schon im Zahre 1404 erncuert und
mit der schönen Vorhalle verschen worden, die unter dem Namen <1! 1o»
^.poslolo» bekannt ist, und allerdingS, wenn auch unter dem Vinflusse einer
bereitS dem guten Geschmacke nicht ganz günstigen Zeit, doch noch immer
ein höchst prächtigeS Werk genannt werden kann, unstrcitig aber die schönste
Zierde deS DomeS von Valencia ist, der leider in einem späteren Anbaue,
der fich fast auf den größten Theil der Kirche ecstreckt, einen schrecklichen
Zopf erhalten.
Die Kathedrale wurde nämlich in dem Jahce 1760, wie der Engländer
Murray in seinem 8»nädo»^ 5or 1r»^«II»rs lo Lp»in richtig bemerkt, ko-
rinthifirt. Da wurde denn allerlei unfinnigeS Kuppel- und Flitterwerk an
die ehrwürdige Kathedrale angehängt. Eelbst der in den Zahren 1380 biS
1418 erbaute, vielleicht unvollendet gebliebene Miguelete oder berühmie Mi-
chaelSthurm blieb in jener oberen Abtheilung vom Korinthifiren nicht frei.
Bloß die untere Abtheilung rettete ihre gothischen Formen. Dieses Korin-
thifiren oder, wie eg nach einem technischen AuSdrucke der damaligen Zeit
in Deulschland hieß: Embelliren, ist, nächst der höchst störenden Lhocab-
theilung, die leider in Spanien allgemein ist und in Valencia biS nahe an
den Haupteingang geht, daS größte Unglück dec schönen, gewiß sonst sehr
schätzenSwerthcn Kathedrale von Valencia. Außer dem Hauptportale am
westüchen Eingange, dem bereitS genannten Südportale äi los Lpo-tolo»,
der unteren und mittleren Abtheilung deS Miguelete, deS HauptschiffeS, hat
aber die Kirche wohl wenig von ihren prächtigen, aothischen Focmen gerettet.
Die Verlängecung deS HauptschiffeS vom TranSsepre an, bie angebauten
Lapellen, die große und schöne Sacristei m!t Lapiiolsaal, R-liquienkammec
und ihren vecschiedenen Kuppeln find aber im modernen Geschmacke.
Bei meinem Eintritte in die Kirche, in der gerade GotteSdicnst war,
bemerkte ich aber eine eigenthümliche, für mich in einem hohen Grade über-
raschende Erscheinung. ES lag nämlich gleich in dem Anfange deS südlichen
SeitenschiffeS die Leiche einer Frau, die ihrem Anzuge nach nur den höheren
Ständen zugerechnet werden konnte, ohne Sarg und sonst e!n Todtenzei-
chen, von brennenden Sichlern umgeben, zwischen zwei Reihen von Knie-
bänken, für etwa vorbeigehende Beter odec Freunde, auf dem bloßen Bosen.
Wie von einem Sarge, so war auch von einem besonoeren Leichenanzuge
kein Gedanke. Die Dame hatte die alterthümüchs Tiacht mit weitem Hals«
kragen und schwarzer Manülle, wie man bei unS die Matconen auS dem
16. und 17. Jahrhundert in Abbildungen fieht und wie ste annähernd noch
qegenwärtig mehr oder weniger bei den vornehmen Spanierinnen auf dem
Airchgange gewöhnlich ist. Mag fich die Spanierin von Stande sonst kleiden,
wie ste will, geht fie inS SotteShaus. so erscheint sis immer in schwarzer
Kleidung, ungefähc so, wie cS durch die Etikette in Rom bei dem Erscheinen vor
dem heiügcn Vater oder bei den Keierlichkeiten in St. Peter und Ler Sixtina
vorgeschrieben ist. An diesem Gebcauche, der auf einer festen Elikette beruht,
scheinen die Spanierinnen von Stande sehr streng zu halten. selbst junge Damen
stnd davon nicht auSgeschlossen, wenn fie sich auch im sonstigen Verkehre der
vielleicht bequemeren franzöfischen Mode bedicnen, die auch m Spanien, wie
überall in Europa, das nattonale Lostume verdrängt. Kür den Kicchgang
aber bleibt in Spanien daS Altcrthümliche, Vaterländische noch immer Sitle,
und dieS spricht nicht wenig füc den Epanier und sein Volk. Dazu kommt
noch, daß die Spanierinnen in ihren Kirchen bei Weitem die Bequemüch-
keiten nicht haben, die man in Deuischland, Krankreich und Belgicn findet.
Denn eS gibt weder Stühle noch Bänke in den spanischen Kicchen. Die ar-
men Spanierinnen hocken daher, wie klein« Kinder, an der Erde. ES
gehört ein besondereü Geschick dazu, sich so niebeczusetzen und mit einiger
Leichtigkeit aufzustehm. ES ist aber ganz morgenländische Sitte. Jch habe
dieseS auch in den Kirchen von Syrien gesehen, wo man aber zur größecen
Devotion auch noch den Echlappschuh auswacf, und eben bei Damen auS
Europa begriff ich, wie Recht der Apostel hatte, wenn er darauf dcang, daß
daS Weib nur verschleisrt in der Kirchs erscheinen solle, und zwar der Engel
wegen. Die Damenplätze sind in der Regel zwischm dcm Choce und dec
sogenannten 6»x!U» wsjor und mit Eirvhmaiten vecsehen.
Da ich bei meinem Austreten über dem Boden der Kirche bemerkte, daß
diese unterhöhlt war, und gerade auch an der Stelle, wo die obenerwähnte
Leiche lag, so vermuthe ich, daß diese über ihrem Gcabe gelegen, und noch
VormittagS oder NachmittagS früh, wo ich fie nicht mehc erblickie, hier bei-
aesetzt worden. obgleich dieS ursprünglich gegen daS Recht war. UebrigenS
scheint die Eitte, vornehme Leichen in den Kicchen zu begraben, auch in
Spanien wie in Zlalien immec mehc außer Gebrauch zu kommen. Die Kirch-
höfe liegen auch in Epanien gegenwäriig außerhalb der Stadt, abec mit
einer ganz besonderen Linrichtung. die noch immer an dte Beerdigung in den
Kirchen ooer an die Weise in den Katakomben erinnert. Die spanischen
Kirchhöfe find nämlich mit ungefähr 7—8 Fuß dicken Mauern umgeben und
durchschnitlen. Jn dicsen Mauern find Höhlungen angebracht nach'Art eineS
BackofenS, in welchen Lie Leichen der höheren und mittleren Eiände beige-
*) Dieselben find im Museum auSgestellt.
zu kommen pflegt, als daS lediglich ouf daS unabweiSbare Bsdücfniß berech-
nete Mittelmäpige. Hätte man, wie solcheS wirklich einmal planirt war, un-
seren Dom nur eben nothdürstig «n blso auSbauen wollen, so wäre er nie-
malg fenig gewocden, ganz gewiß wenigstenS nicht mittels freiwilliger Bei-
träge. DaS vollendet Schöne öffnet nicht bloß die Herzen, sondecn auch dte
Börscn.
Zunächst wird natürlich die decorative Ausstattung des ChoreS in An-
griff gcnommen, wozu bereitS die Vorarbeiten gemacht sind. Jn jüngster
Zeit trafen Entwürfe zu den drei Karbenfenstern deS ChorschlusseS hier ein,
welche Pcofessor Eduard Steinle und unter seiner Anleitung der im Fache
der mittelalteclichen Ornamentik bewährte, mit dem Geiste der alten Kunst
vertraute Maler Peter Becker in Krankfurt angefertigt habm.*)
WaS oben andeuiungSweise von der monumentalcnMalerei im Allgemeinen
bemerkt worden ist, gilt auch inSbesonder« von der TlaSmalerei für Kirchen; nur
daß hier noch die Rücksichten auf daS Material und die Lichtwirkung in ganz
besonderen Betracht zu kommen haben. Schreiber dieseS war beim Anblicke
der Entwücfe durch die Wahrnehmung überrascht, daß die Formenschünheit
nicht, wie eS so häufig bei derartigen modernen Werken der Kall ist, auf
Aosten der Strenge deS SlyleS angestrebt ist und ein ernstes Studium der
besten alten Vorbilder für solche mustvische Flachmalerei in der so einfachen
und doch so wirkungsvollen Behandlung hervortritt, daß allerwärtS daS ar-
chitekionische Grundgesetz in phantastischer Weise durchspielt, ohne doch an
wickliche, leibhafiige Acchitektur zu erinnern, die nur wie daS Lhema auS
Variationen hervorklingt und hervorklingen darf. Kür daS musivische Orna-
ment und die Anordnung im Allgemeinen hat der Künstler seinen AusgangS-
punct von den besten alten Fenstem unseres DomeS genommen; in jeder
Abtheilung befindet fich unter einem reichen Baldachin eine Einzelfigur, die
zu dett übrigen Figuren sowohl alS auch zu der Kirche selbst m einer spe-
ciellm Beziehunz steht. Zn dem mtttleren Fenster find die beiden Abtheilun-
gen desselben zu Einer Darstellung benutzt: vor der fitzenden Maria mit dem
JcsuSkinde knieet der heilige FranciScuS, welchen der hinter ihm stehende heil.
AntoniuS dem göttlichen Kinde vorstellt. Jn dem Kenster zur Linken befinden
fich der heilige Bsrnardin von Siena und der heilige Bonaveniura, in dem
zur Rechten d!e Heiligen Clara und Barbaca, sämmtlich in krästigen Um-
rissen dargestellt. Wie bei dem Ornamente, so ist auch bei diesen Bildern,
dem Wesen der Sache und seiner Bestimmung entsprechend, alleS Relief, alle
Perspective und alle Modelürung möglichst vermteden, so daß die Fenster
den Eindruck lichtdurchwirkter Teppiche mit Diamantstickecei machen und die
architekionische Einheit tn keiner Weise stören, während der Totaleffect deS
FenperS selbst nur um so mächtigec wicd. Bei der Uebertragung aus daS
GlaS ist vor Allem Bedacht darauf zu nehmen, daß die Figuren nicht na-
turaltstischer auSfallen; eher könnten die einzeln stehenden einen noch etwaS
archaistischeren TypuS vertragen.
Eine Haupischwtecigkeit liegt immer in den Köpfen der Figuren, da die
stbliche Porlraitmanier durchauS unpassend ist. Jn dec guten Zeit der GlaS-
malerei ward daS Gestcht nicht mit Fleischfarbe überzogen; vielmehr bildete
daS natürliche GlaS den höchsten Lichtton. Mit wenigen Linien und Echraf-
firungen finden fich die Zrichnung und dec Echatten hergestellt, so daß man
kaum begreist, wie eS möglich ist, mit so geringen Mitteln so viel Wirkung
hervorzubringen. Aber fceilich kommt AÜeS darauf an, wo und wie das
Wenige aufgetcagen wird, und dann ferner, daß daS GlaS von trefflicher
Qualiiät ist, nicht gänzlich indifferent, wie daS gewöhnliche FensterglaS, son-
dern gewisser Maßen belebt und durch den Guß innerlich krystallifirt, eine
Oualilät, welche, meineS WissenS, weun nicht auSschließlich, so doch am besten
auS England bezogen wird.
Jn Anbetracht der besonderen Wichtigkeit und Schwierigkeit der Köpfe
hat Herr Steinle diesclben sämmtlich auf besonderen Blättern in natürlichsr
Größe entworfcn; hinfichtlich dieser Zeichnungen soll hiec dem Uclheite
der Kenner nicht vorgegriffen werden.
AllerdingS scheinen die gegemväctigen Zeitverhältnisss solchen Unter-
nehmungen, wie der in Rede stehenden, nicht günstig zu sein; allein ein
HinauSschieben ins Unbestimmte frommt auch nicht und ist hier um so
weniger räthlich, alS daS Jnnere der Minoritenkicche, so wie eS dermalen
ist, unmöglich bleiben kann Unsere Altvocderen richteten zumeist ihce
Baudenkmole sogar mitten im Waffengetöse auf und bekundeten so durch
dieselben nicht bloß ihren schöpferischen Kunstfinn, sondecn zugleich ihren
Muth und ihre Energie deS WollenS, wie ihc Gottvectrauen; nichts AnoereS
gibt glänzendereS Zeugniß von ihnen. Trachten wir, denselben hierin, wie
überhaupt in allem Guten, eS gleich zu thunl
vr. A. ReichcnSperger.
Kirchev «nd kkrchliche Bauwerke iu Spauieu.
Lon Prisac.
R»L.
Valencia.
VLleneiL iL kei-mosL.
DoS Land um Valencia herum, die sogsnannte Huerta von Valencia,
wird alS ein Elück Himmel bezejchnet, daS ouf die Erde gefallen, absr auch
die Etadt selbst verdient wohl mit Recht den Namen I» dsrmv«», der Schönen.
Valencia, die Stadt deS berühmten Cid, der fie im Jahre 1094, nach Einigen
1098, nach einer zwanzigmonatlichen Belogerung von den Mauren eroberte,
nach seini m Tode seiner Gemahlin Limena alS Srblheil hinterliiß, die fie aber
bald darauf verlor, ist die Stadt der Heiligen, wie Eevilla die Stadt der
Fcste. Sie liegt ungesähr cine Stunde landeinwärtS vom mittelländischen
Meere, in einer von dem Guadalaviar bewässerten Ebene, die unter dem
Namen Llnsrt» äi V»Isi,o!» bekannt ist und mit Recht der Garten Europa's
gKrannt werden kann. Srobert wurde die Stadt bleibend auS den Händen
der Mauren durch König Zamin von Aragon den 28. September dcS ZahreS
1228, nach Anderen jedoch den 29. Scptember 1229.
Von allen Städten, die ich in Spanien gesehen, hat keine prächtigere
Mauern. keine schönere Thore und ein malerischereS AuSsehen, selbst daS
romantisch gelegene Toledo nicht. Die Stadt zählt ungefähr 70,000 E:n-
wohner, mit 14 Pfarrkirchen. Jch habe aber von dem alten Miguelete auS,
wo man die Stadt in einer herrlichen Vogelperspective sehen kann, ungefähr
30 Kirchen gezählt, die jedoch mit ihren Knppeln und modern gestalteten
Thürmen fast sämmtlich dem letzten Jahrhunderte angehörten. Die gegen-
wäctig der seügsten Jungfrau geweihte Kathedrale steht der Angabe nach
auf den Ruinen eineS römischen TempelS. Denn Valencia, daS spanische
Rom, ist, wie schon der Name besagt. eine römische Colonie und wurde der
Sage nach von ZuniuS Brutus gegründet, in den römischen Bürgerkciegen
zecstöct und dann später wieder aufgebaut. Die gegenwärtige Kirche aber
ist wenigstenS die dritte, welchs seit der Einfühcung des LhristenthumS auf
jenen Ruinen erbaut wurde, und gehört ihrem Hauptbestandiheile nach dem
Jahre 1262 an. AlS Ecbauer nennt man Andrea di Alabat. Sie zeigte fich
aber in der Folge alS zu klein und wucde daher im Jahre 1481, in dcn
glänzenden Tagen deS KirchenbaueS in Spanien, unter der glorreichen Re-
gierung Ferdinand'S deS Katholischen und Zsabellens. vergrößert, in ihrem
Schiffe verlängect. DaS Transsept war schon im Zahre 1404 erncuert und
mit der schönen Vorhalle verschen worden, die unter dem Namen <1! 1o»
^.poslolo» bekannt ist, und allerdingS, wenn auch unter dem Vinflusse einer
bereitS dem guten Geschmacke nicht ganz günstigen Zeit, doch noch immer
ein höchst prächtigeS Werk genannt werden kann, unstrcitig aber die schönste
Zierde deS DomeS von Valencia ist, der leider in einem späteren Anbaue,
der fich fast auf den größten Theil der Kirche ecstreckt, einen schrecklichen
Zopf erhalten.
Die Kathedrale wurde nämlich in dem Jahce 1760, wie der Engländer
Murray in seinem 8»nädo»^ 5or 1r»^«II»rs lo Lp»in richtig bemerkt, ko-
rinthifirt. Da wurde denn allerlei unfinnigeS Kuppel- und Flitterwerk an
die ehrwürdige Kathedrale angehängt. Eelbst der in den Zahren 1380 biS
1418 erbaute, vielleicht unvollendet gebliebene Miguelete oder berühmie Mi-
chaelSthurm blieb in jener oberen Abtheilung vom Korinthifiren nicht frei.
Bloß die untere Abtheilung rettete ihre gothischen Formen. Dieses Korin-
thifiren oder, wie eg nach einem technischen AuSdrucke der damaligen Zeit
in Deulschland hieß: Embelliren, ist, nächst der höchst störenden Lhocab-
theilung, die leider in Spanien allgemein ist und in Valencia biS nahe an
den Haupteingang geht, daS größte Unglück dec schönen, gewiß sonst sehr
schätzenSwerthcn Kathedrale von Valencia. Außer dem Hauptportale am
westüchen Eingange, dem bereitS genannten Südportale äi los Lpo-tolo»,
der unteren und mittleren Abtheilung deS Miguelete, deS HauptschiffeS, hat
aber die Kirche wohl wenig von ihren prächtigen, aothischen Focmen gerettet.
Die Verlängecung deS HauptschiffeS vom TranSsepre an, bie angebauten
Lapellen, die große und schöne Sacristei m!t Lapiiolsaal, R-liquienkammec
und ihren vecschiedenen Kuppeln find aber im modernen Geschmacke.
Bei meinem Eintritte in die Kirche, in der gerade GotteSdicnst war,
bemerkte ich aber eine eigenthümliche, für mich in einem hohen Grade über-
raschende Erscheinung. ES lag nämlich gleich in dem Anfange deS südlichen
SeitenschiffeS die Leiche einer Frau, die ihrem Anzuge nach nur den höheren
Ständen zugerechnet werden konnte, ohne Sarg und sonst e!n Todtenzei-
chen, von brennenden Sichlern umgeben, zwischen zwei Reihen von Knie-
bänken, für etwa vorbeigehende Beter odec Freunde, auf dem bloßen Bosen.
Wie von einem Sarge, so war auch von einem besonoeren Leichenanzuge
kein Gedanke. Die Dame hatte die alterthümüchs Tiacht mit weitem Hals«
kragen und schwarzer Manülle, wie man bei unS die Matconen auS dem
16. und 17. Jahrhundert in Abbildungen fieht und wie ste annähernd noch
qegenwärtig mehr oder weniger bei den vornehmen Spanierinnen auf dem
Airchgange gewöhnlich ist. Mag fich die Spanierin von Stande sonst kleiden,
wie ste will, geht fie inS SotteShaus. so erscheint sis immer in schwarzer
Kleidung, ungefähc so, wie cS durch die Etikette in Rom bei dem Erscheinen vor
dem heiügcn Vater oder bei den Keierlichkeiten in St. Peter und Ler Sixtina
vorgeschrieben ist. An diesem Gebcauche, der auf einer festen Elikette beruht,
scheinen die Spanierinnen von Stande sehr streng zu halten. selbst junge Damen
stnd davon nicht auSgeschlossen, wenn fie sich auch im sonstigen Verkehre der
vielleicht bequemeren franzöfischen Mode bedicnen, die auch m Spanien, wie
überall in Europa, das nattonale Lostume verdrängt. Kür den Kicchgang
aber bleibt in Spanien daS Altcrthümliche, Vaterländische noch immer Sitle,
und dieS spricht nicht wenig füc den Epanier und sein Volk. Dazu kommt
noch, daß die Spanierinnen in ihren Kirchen bei Weitem die Bequemüch-
keiten nicht haben, die man in Deuischland, Krankreich und Belgicn findet.
Denn eS gibt weder Stühle noch Bänke in den spanischen Kicchen. Die ar-
men Spanierinnen hocken daher, wie klein« Kinder, an der Erde. ES
gehört ein besondereü Geschick dazu, sich so niebeczusetzen und mit einiger
Leichtigkeit aufzustehm. ES ist aber ganz morgenländische Sitte. Jch habe
dieseS auch in den Kirchen von Syrien gesehen, wo man aber zur größecen
Devotion auch noch den Echlappschuh auswacf, und eben bei Damen auS
Europa begriff ich, wie Recht der Apostel hatte, wenn er darauf dcang, daß
daS Weib nur verschleisrt in der Kirchs erscheinen solle, und zwar der Engel
wegen. Die Damenplätze sind in der Regel zwischm dcm Choce und dec
sogenannten 6»x!U» wsjor und mit Eirvhmaiten vecsehen.
Da ich bei meinem Austreten über dem Boden der Kirche bemerkte, daß
diese unterhöhlt war, und gerade auch an der Stelle, wo die obenerwähnte
Leiche lag, so vermuthe ich, daß diese über ihrem Gcabe gelegen, und noch
VormittagS oder NachmittagS früh, wo ich fie nicht mehc erblickie, hier bei-
aesetzt worden. obgleich dieS ursprünglich gegen daS Recht war. UebrigenS
scheint die Eitte, vornehme Leichen in den Kicchen zu begraben, auch in
Spanien wie in Zlalien immec mehc außer Gebrauch zu kommen. Die Kirch-
höfe liegen auch in Epanien gegenwäriig außerhalb der Stadt, abec mit
einer ganz besonderen Linrichtung. die noch immer an dte Beerdigung in den
Kirchen ooer an die Weise in den Katakomben erinnert. Die spanischen
Kirchhöfe find nämlich mit ungefähr 7—8 Fuß dicken Mauern umgeben und
durchschnitlen. Jn dicsen Mauern find Höhlungen angebracht nach'Art eineS
BackofenS, in welchen Lie Leichen der höheren und mittleren Eiände beige-
*) Dieselben find im Museum auSgestellt.