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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1864 (Nr. 227-238)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1814#0039
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Wunsche gemäß dieselben zum Besten des DombaueS auszustellen, wenn der
Präffdent des Dombau-BereinS, Herr Geheimer Justizratd Esser II., einen
passenden Raum dazu hälte finden können. Damit den Kunstfreunden dtese
aus der altspanischen Schule herrührenden Kunffschätze, welche am Rheine
uur selten zu sehen ffnd, nicht vorenthalten bleiben, habe ich solche in mei-
riem Hause zu diesem Zwecke einstweilen aufgestellt.

Der bekannte Rsisende durch Spanien, F. Lo.inser, katholischer Priester,
rrwähnt beim Kloster Monserrat der Gegenstände dieser fünf belannten Ge-
mälde mit besonderer Hervorhebung.

Das erste dieser Bilder, deu Kampf deS Guten mit dcm Bosen als
Erundidee allegorisch darstellend, hat nicht allei» in malerischer Deziehung,
was seine Auffaffung betrifft, sondern auch durch seine technisch und archi-
tektonisch gelungene Durchiührung einen besonders hohen Werth. Die Haupt-
figur ist Jgnatius von ?opola, am Feste Mariä Verkündigung 1522 in der
Benedictiner-Sbtei zu Monserrat seinen kriegerischen Schmuck ablegend, wo-
gegen er den der Kirche eintauscht. Hingerissen von der Erhadenheit der
Gottesmutter, knieet er al« Junker vor dem Altar und verffnnlicht in Hal-
tung und Ausdruck bei einer durchaus richtigen Zeichnung und künklertschen
AuSführung dem Beschauer aus eine erhabene Weise diese Thatsache. Links
tm Bilde scheucht diese heilige Handlung vier teuflische Gestalten, als AuS-
druck des Bösen, zurück. DaS Alter hat dem lebendigen Colorit nichts von
seiner «larheit genommen. . ^ ^ .

DaS zweite Bild stellt eine Bifion dar, in der dre Jungfrau Maria,
vou einer lieblicheu Engelgruppe umgeben, dem heiligen PetruS Nolasco
die Weisung gibt, der Gefangenen fich anzunehmcu, die am Fuße einer groß-
artigen Berglandschast des Südens in Keiten fich befinden. NvlaSco stiftete
im Jahre 1223 den Orden von der „Lrlösung der ^efangenen Christen".
Der Eindruck der ganzen Compofition erhebt mit dem im Vordergrunde ver-
klärt dastehenden Pilger zur Andacht uud bekundet auf den ersten Blick den
deukeuden und bedeutenden Meister.

Auf dem dritten Gemälde sehen wir den Mönch Bernardo BoSl am
Marien-Altare deS KlosterS von Monserrat Weihe uod Schutz von der gött-
lichen Jungfrau für eine Kirche erflehen, deren Plan ein Geistlicher hält;
junge Misfionare im Ordens-Ornate umgeben knieend die Stufen des Al-
tares. Unter Leitung des zum Erzbischof ernannten B. BoSl baute der Fran-
ciscaner 3oh. Perez de Marchena daS erste christliche Kirchlein tn America.
Andacht und Hingebung in den auSdrucksvollen Köpfen geben dem Dilde
einen besonders hohen Werth.

Das vierte dieser historischen Stücke zeigt in seiner gklungenen, reichen
und HLchst geschmscksoll angcordneten Zusammesstellung die Translocation
eineS GnadenbildeS der Muttergottes mit dcm Jcsnkindlein. Bischof Gun-
demar, ein hoher Greis, dcn beim feierlichcn Zuge dienends FranciScaner-
brüder begleiten, hat das Madonnenbild von Monserrat in einer Höhle
aufgefunden, trägt es in Procesfion auf dem Wege nach Monserrat; doch
an dem Orte angekommen, wo daS heutige Kioster fich erhebt, fand er seine
Füße durch unfichtbare Gewalt an die Erde geseffelt. Dte heilige Jungfrau
wollte den Berg nicbt verlaffen, hier war der Ort, den fie auSerlesen. Jm
Vordergrunde fallen die Gläubigen auf die Kniee und betev. Der zum Him-
mel gerichtete erhabene Blick des Prälaten ist vortrefflich. Gcstalt und Hal-
tung find erbaben und wundervoll, und sein begeistert schöner Kopf ist höchst
anztehend. Jn dieser Gruppe überhaupt find die Gegensätze treffend gehal-
ten; u»ter dem Bolke befinden fich auffallend schöne Frauengestalten und
Kinder.

Jm fünften Bilde bewundert man eine Festgruppe der Benedictiner, die
mit zwei fürstlichen Perssnen in einer offenen Säulenhalle das Mahl hal-
ten, wobei ein Maure und Pagen aufwarten. Jm Hintergrunde fieht man an-
kommende Schiffe, und hat der Künstler hier einen geschichtlichen Augenblick
wiedergegeben, der, mit Bravour und breiter Pinselübung genial ausge-
führt, »oll Leben ist und durch die individuelle Phpfiognomie und schöne
Gruppirung «berrascht Nachdem Ferdinand II. und Jsabella von Csstilien
suf dem Monserrat ihre Andacht vollendet, erhalten die bohen Majestäten
durch das Schiff des Christovb Columbus, welcheS in den Hafes von Bar-
celona eingelaufen ist, die Nachricht, daß fie Gebieter der »eu entdeckten
Welt find.

Otto Grashoff.

Kirchen «nd kirchliche Banwerke in Spanien.

Von Prisac.

VI

T o l e d o.

Toledo, „die Krone von Spanien", „der Nabel der pprenäischen Halb-
insel" wte Delphi der Erde, „das Licht der Welt", der Sage nach von
Hercules gegründet, der in der Geschichie Spaniens immer eine große Rolle
spielt, vach Einigen sogar von Jubal erbaut, ist wte Jaffa an der Küste
von Sprien eine der ältesten Städte der Welt. „8«en krom aker", sagt der
Engländer Murrap in seinem berühmten Reisebuche, „all is most lmxo-inx,
I>nt rvttonos iv td« oore." Jch glaube, daß der Mann, was den zweiten
Theil dieses mit engltscher Frivolität ausgesprvchenen Satzes betriffr, wora»
daS Buch auch sonst vsch reich ist, besonders wenn es Dinge schildert, welche
di« katholische Kirche beffer kennt, nicht so ganz richtig ist, und auch
selbst nicht dasür' einfieht. Denn er bezeichnel Toledo als eine sür
Maler, Dichier und Alterthumsforscher höchst intercssante Stadt. Es tst sicher
eine untergegangeue Größe, aber für die kirchliche Kunst in Spar.ien von
der größten Bedeutung. Wenn eS crweislich wäre, daß fie von dem bibli-
schen KLnstlcr und Jndustriellcn Jubal erbaut, so häiten wir sogar hicr den
ältesten Künfiler, den wir kennen, und die Wiege der Jndustrie. Nuf jeden
Fall abe> ist Toledo das sür Beregucte, einen der größten Künstler von
Spanien, was Sevilla für Murillo.

Toledo, welches in befferen Tagen über 203,000 Einwohner zählte, hat
gegenwäittg nur etwa 13,000 und dabei, wie behauptet wird, 20 Pfarren,
t> mozarabische Kirchen, 9 Capellen, 14 Männer- und 23 Frauenklöster, 9
Hospitäler sür Aranke und noch außerdem 9 recht anständtge Versorgungen.
Jch habe allen Grund, zu glauben, daß sich Murrap, dem ich diese Angaben
entlehnt, wenn fie von der Gegenwart gelten sollen, doch stark verzählt hat,
namentlich aber in Bezug auf Klöster und anständige Bersorgungcn Denn
die Revolution, die einen unersättlichen Magen hat und dabei doch nie aus
threm Fieber hekauskommen kann, auch die letzten Refie alles Ehrwürdigen
und Anständigen zu veischlingen, ist auch in Spanien den Klöstern und an-
ständigen Bersorgungen recht tüchtig ^u Leibe gegangen und hat ungefähr
in dem ganzen Königreiche nur acht Kloster übrig gelaffen, wovon vielleicht
keine drei nach Toledo gehören. Sie hat auch hier bis zur höchsten Schmach
aufgeräumt und der Kirche im Ganzeu außer dem Bettelstabe wenig übrig
gclaffen. Der Engländer Murrap aber hat wahrscheinlich an die anständigen
Veriorgungen von Orford und die übrigen reichen Sinecuren seines Vater«
landes gedacht, die, wenn man fie mit ihrer ursprünglichen Bestimmung ver-
gleicht, gegenwärtig eine Schmach der Welt find.

Wie so manche Städte in Spanien, so hat auch Toledo eine hschst ro-
mantische Lage, 2400 Fuß über dem Meere, auf dem Gipfel eines jähen,
fast rundum vom Tajo umflossenen Felsen, der an einigen Stellen einige
Hundert Ellen steil in die Ttefe klafft. Zur Verbindung der beiderseitigen
Ufer ist aber der Fluß mit romantischen Brücken überwölbt, die mitunter
kostbare Reste römischer, saracenischer oder mittelalterlicher Architektur an
sich tragen und von den größten Küustlern Toledo's mit den Werken ihrer
Hand geschmückt sind. Auch hat in Toleds der Gräuel der modernen Ver-
wüstung, den die falsche Richtung des Geschmacks im fiebenzebnten, acht-
zehnten und neunzehnten Zahrhundert in Architektonik und Plastik in Spa-
nien »ielleicht mehr alS in einem sonstigen Lande von Europa angerichtet,
weniger gehaust, alS in den übrigen Städten dieseS Landes.

Die Hauptkirche von Toledo, welche nach den Angaben einiger Schrift-
steller der seligsten Jungfrau Maria, nach Anderev aber der heiligcn Leo-
cadia gewidmet war, die hter den Martyrtod gestorben, w«r schon zu Nn-
fang des vierteu JahrhundertS vorhanden, wiewohl Toledo erst später der
Sitz einer Kirchenprovinz geworden, nachdem die Stadt in den Tagen Rec-
cared'S, der dte Arianer mit dcr katholischen Kirche aussöhnte und so die
Einheit deS GlaubenS wieder herstellte, zur Hauptstadt deS Reiches erhoben
worden. Jener Bau scheint indeß kein Werk von besondorer Dauer gewesen
zu sein. Er mußte wenigstenS im fiebenten Jahrhundert »on dem West-
gothen-Könige Sifibut erneuert werden. Aber auch diesem Werke war keine
desonderS lange Dauer beschieden. Nach Einigen wurde eS im Anfange deS
solgenden Jahrhunderts schon »on den Arabern zerstört, nach Anderen in
eine Moschee verwandelt, was zwar beideS wider den Unterwerfungsvertrag,
aber doch nicht ganz unmöglich ist.

Der Bau der gegenwärtigen Kathedrale wurde im Jahre 1226 begon-
nen und 1492 vollendet, tn demselben Jahre, wo die Eroberung von Gra-
nads der Herrschaft der Mauren in Spanien für imnier ein Ende gemacht.
Der heilige Ferdinand hatte zu dem neuen Bauwerke den ersten Stein ge-
legt, und ein anderer Ferdinand zugleich mit seinem politischen Bau auch
dikse» nach ungefähr 260 Jahren vollendet.

Wenn nun auch die Kirche dcn Umfang nicht hatte, wie man ihn später
der von Sevilla zugedacht — fie war auf 404 Fuß Länge und 204 Fuß
Breite berechnet —, so hatte man doch nichis geschont, um fie zu eincm
vollendeten Meisterwerke zu machen, an dem und tn dem fich während deS
Veilauses von mehr als sechS Jahrhunderten nach der Angabe des berühm-
ten Kunsthistorikers Zea Dermudez 149 der gefeiertsten Künstler verherrlich-
ten. Wclche Kirche kann dieS für fich aufweifen! Sie wäre in dleser Bezie-
hung ein wahreS Museum zu nennen, und zwar im edelsten Sinne des
Wortes. Aber leider ifi manches harte Wettsr über fie hingesahren und man-
ches Kunstwerk aus derselben an einen Ort gekommen, wosür es nicht ur-
sprünglich geschaffen.

Caveda sctzt den Bau der schönen Kathedrale vsn Toledo, was den
Styl anbetrifft, !n die zweite Periode der Gothik, was jedoch nur in sei-
nem Sinne wahr ist, und er sagt von ihr, daß fie wie keine andere fich
durch ernste, imponirende Majcstät auszeichne. Wenn wir nun auch diesem
Urtheile im Allgemeinen beistimmen könnten, so ist es doch offenbar, daß
auch hier die Jahrhunderte, während welcher man baute, die Spuren ihrer
DeukungSart und Kunstweise zurückgelaffen und daß an der Gothik derselben
nicht alleS so ist, wie es ursprünglich und stylgemäß sein sollte. Aber eS
scheint mehr zufällig, weil man im Ganzen und Großen dem Grundgedan-
ken treu gebliebcn. Selbst dic späteren Zusätze, der Anbau so sieler Capel-
len und Nebenraumlichkeiten haben hier weniger geschadct, al« anderweitig.
Aber ungeachtet auch an der Kathedrale von Toledo vorzüglich deutsche
Meister gearbeitet, deren Ramen wir bei einer anderen Gelegenheit ange-
führt, so ist es doch nicht zu läugnen, daß ihre Gothik eine vorherrschend
spanische ist, mit einem Uebergewicht verticaler und verzwickter Linien, so
wie elnes gewiffen plastischen Momentes, wodurch fie ihre Leichtigkeit und
ihre eigenthümliche Natur vsrliert.

Jst nun auch an den Letails der inueren und äußeren Architekiur der
Kaihedrale von Toledo Manches auszusetzen, was eine strenge Kritik nicht
desteht, — die Faoade, wenn auch das Beste mit, aber unvollendet, — so
gehört doch die inner« AuSschmückung des Chores, Retablo nnd Gestühl, so
wie sonstiges Bildwerk zu dem Schönsten und Erquicklichsten, was man nicht
bl ß in Spanien, sondern auch überhsupt in der christlichen Welt sehen
kann- Der Retablo ist in seinen vorzüglichsten Theilen ein Werk Juan de
Borgeiia's. Aber außer ihm haben die Künstler Fernando Limon und
Maestro Felipe daran gcarbeitet. Dic reiche Ausstattnng des ChoreS an den
Stallungen, Pulten und sonstigen Bildwerken werden vorzüglich dem Bere-
guete zugeschrieben, dem größten Meister von Spanien in dieser Art. Aber
außer den vortrefflichen Statusn dieseS Mannes hat die Kirche Gemäldc
von Juan de Borgcna, Luca Giordano, El Greco, der hier vorzüglich zu
Hause ist, Alonso Cano, Baffano, Bellini, so wie die Sacristie in ihrem
Reliquienschatze wenigstens Dinge von großcm materiellem Wcrthe, wcnn
wir unter diesen auch nicht gerade bedeutende Kunstwerke zn nennen vermö-
gen. Denn das Unglück der Zeit bat auch in der Kathedrale von Toledo
gewaltig aufgeräumt und namentlich die alten Kunstwerke von edlerem Me-
talle geplündert und zerstört. Was aber die Habsucht der gemeinen Räuber
 
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