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Koepplin, Dieter
Cranachs Ehebildnis des Johannes Cuspinian von 1502: seine christlich-humanistische Bedeutung — 1973

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https://doi.org/10.11588/diglit.9938#0019
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langjährigen Forschungen von Hans Ankwicz-Kleehoven über Cuspinian.
Wir fühlen uns in der unverdient glücklichen Lage desjenigen, der
wenigstens an einer Stelle Rahm abschöpfen darf. Der im Herbst 1962
verstorbene Wiener Gelehrte hatte in seiner Cuspinian-Monographie,
die 1959 sein Lebenswerk bekrönte, in erster Linie den Diplomaten
und Geschichtsschreiber, also den Praktiker und Realisten der
mittleren und späten Lebensjahre im Blickfeld. Die Zeit bis zum
Eintritt in die Diplomatie 151o hat Ankwicz-Kleehoven in den Ka-
piteln "Lehrjahre" und "Aufstieg" behandelt. Diese Ueberschriften
sind insofern gerechtfertigt, als Cuspinian vermutlich, seit er
1492 nach Wien gezogen ist, den Eintritt in den kaiserlichen Dienst
(als Leibarzt oder als Orator) zum Ziel hatte. Die Kapitel sind
aber doch blass. Tatsächlich hat Ankwicz-Kleehoven den jungen, vom
Kaiser gekrönten Poeten, den Professor an der Universität, den
von der Naturphilosophie ergriffenen Arzt, kurzum: den humanisti-
schen Idealisten fast nur in seiner äusserlichen Karriere beobach-
tet, eben als "Aufsteigenden" dargestellt. Der Humanist Cuspinian,
den Cranach 15o2 porträtierte, wird literarisch fassbar in seinen
wenigen Gedichten und Briefen, in seinen Vorlesungsthemen und Text-
editionen, dann aber auch in den Büchern seiner Bibliothek, die
von handschriftlichen Hervorhebungen und Marginalien in verschiede-
ner Dichte übersät sind. Die Drucke vor 15oo in der Wiener und in
einigen anderen Bibliotheken hat Ankwicz-Kleehoven darauf hin an-
gesehen, ob sie den Besitzvermerk Cuspinians tragen. In minutiöser
Arbeit hat er die erhaltenen Cuspinian-Bände zusammengesucht, Her-
kunft und Wanderung der Bücher festgestellt, deren Inhalt aber
durchwegs verschwiegen, ja selber kaum zur Kenntnis genommen. Unter
den Frühdrucken aus dem Besitz Cuspinians hätte er aber nicht nur
historische Schriften finden können, von denen er früher schon be-
merkt hatte, dass sie Cuspinian in seinen Geschichtswerken als
Quellen benutzt hat (12); sondern er hätte vor allem auch ermes-
sen können, mit welcher Anteilnahme Cuspinian humanistisch-philo-
sophische, medizinische und religiöse Literatur studiert hat.

(12) Dies gilt etwa für einen Frühdruck der "Antiquitates" von
Annius von Viterbo : s. Anm. 219.
 
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