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Koepplin, Dieter
Cranachs Ehebildnis des Johannes Cuspinian von 1502: seine christlich-humanistische Bedeutung — 1973

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https://doi.org/10.11588/diglit.9938#0059
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nians Bildnisauftrag an den Ostfranken Cranach kann auch als
ein Stück Patriotismus verstanden werden.

Als Cuspinian 1492 nach Wien übersiedelte, muss er sich hier
ähnlich wie später Cranach günstige Aufstiegsmöglichkeiten er-
hofft haben (155). Nachdem Wien eben erst durch den jungen Ma-
ximilian von der ungarischen Herrschaft (1485-149o) befreit
worden war, unternahmen Kaiser Friedrich III. und nach dessen
Tod (1493) mehr noch Maximilian alle Anstrengungen, die humani-
stischen Studien an der Universität der habsburgisehen Landes-
hauptstadt zu beleben (156). Mit den Humanisten förderte der
Kaiser Männer, die das jetzt wieder angesehene römische Recht
kannten (157), die sich als Gesandte auch gegenüber den Italie-
nern hören lassen konnten, die in der alten Geschichte und in
der dynastischen Genealogie bewandert waren, und die solche
Kenntnisse zum Ruhm des deutsch-römischen Kaisertums dichterisch
verwenden konnten (158).

Die Methode, zu Amt und Würden zu kommen, war für den Poeten
Cuspinian und einige Jahre später für den Maler Cranach, dem

(153) Austria 649; Ankwicz-Kleehoven 1959, 256.

(154) So schreibt der Franke Johannes Cochlaeus, der mit Cuspi-
nian in Briefwechsel zu treten hoffte (als aber dieser ge-
rade gestorben war z Ankwicz-Kleehoven 1959, 223, Anm.
117), 1512: Es "wohnen sehr viele Fremdstämmige dort (in
Oesterreich) und strömen häufig aus Schwaben und Bayern
dorthin, einmal weil die Erde mehr Frucht bringt als ihre
Heimat, dann weil die Einheimischen weniger gewitzigt
("vafri") sind. So kommt es, dass die Fremden dort sehr
häufig reich werden, wie auch die Herren sind und ein bes-
seres Los und freundlicheres Glück geniessen" (J. Cochlaeus,
Brevis Germaniae descriptio, 1512, hg. v. K. Langosch,
Darmstadt 196o, 116 f.).

(155) Vgl. unten Anm. 169.

(156) Bauch 19o3; Grossmann 1929; Telatko 1937; Näf 1944, I, 123
ff.; Preiss 1951, 191 ff.; Tietze 1931, 151 ff.; Rupprich
1934, Nr. 179 u. Nr. 155.- Der Ungarnkönig M. Corvinus,
dem die kulturelle Bedeutung des eroberten Wien gleichgül-
tig war, förderte in seinem eigenen Lande schon früh italie-
nische Humanisten und Künstler (E. Schaffran int Pantheon
XII, 1933, 252 f.).

(157) Vgl. unten S. 271 f.

(158) Andreas 1959, 46o ff.
 
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