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Koepplin, Dieter
Cranachs Ehebildnis des Johannes Cuspinian von 1502: seine christlich-humanistische Bedeutung — 1973

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https://doi.org/10.11588/diglit.9938#0134
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den Bogen führen - dann möge der Arzt dem (vom selben Gott be-
gabten) Dichter beistehen (354). Cuspinian ruft Blasius Holzel

(355) in Erinnerung, dass er ihn kürzlich durch seine Arzneien
von Ermattung und Fieber befreit habe. Zuletzt fügt er mit

Stolz hinzu: Beide Gaben, die zu dichten wie die zu heilen,
habe er von Apollo empfangen - "Phorabus munus utrumque dedit"

(356) . Auch Cranach war - bei seiner Ankunft in Wien, eben be-
vor er die Bildnisse gemalt hat - schwer erkrankt und wurde
vermutlich von Cuspinian geheilt (357).

Mit dem Selbstbewusstsein des universell begabten Humanisten
hebt Cuspinian seinen doppelten Dienst an Apollo hervor. Noch
auf seinem Epitaph im Wiener Stephansdom lesen wir die latei-
nische Inschrift: "Erst habe ich die Musen und die Künste Apol-
los gepflegt, denn Arzt war ich damals und ebenso Dichter; dann
hat mich, der ich zu Grösserem geboren, der Kaiser erhöht und
ausgezeichnet mit dem Amt des Legaten" (353). Um 15oo hatte

Kaiser nahestehenden Mitglied der Augsburger Humanisten-
vereinigung, deren Haupt Peutinger war; Peutinger liess
denn auch in einem Brief an Celtis 15o3 Cuspinian grüs-
sen (Rupprich 1934, 539; Ankwicz-Kleehoven 1959, 131 Anm.
14) .

(354) "Gestat Apollo lyram laetus, sed gestat et arcum, / Cum
furit, ut medicus vatibus ac faveat"

(355) Zu Bl. Hölzel vgl. die Federzeichnung von Marx Reichlich,
15o2: Joseph Grünpeck erklärt Blasius Hölzel Wunderzeichen
am Himmel (Innsbruck, Universitätsbibliothek HS 314):
Kunstjahrbuch der Stadt Linz 1966, 47.

(356) Der stolze Schluss des Gedichtes lautet: "Ne vatem medi-
cumque tuum, rogo, Cuspinianum / Spernas, cui Phoebus mu-
nus utrumque dedit". Vorher sagt Cuspinian: "Sed medico
clarius dai munus Apollo / Ecce aliud, versus scilicet

et cytharam." In einem anderen Gedicht an Hölzel rühmt
sich Cuspinian, ohne sich ausdrücklich auf Apollo zu be-
rufen: "Xenia, quae medicus dat p'narmaca qualia vates /
Carmina, utrum, cupias, Cuspinianus habet" (Ankwicz v.
Kleehoven 1957, 96, Nr. 81). Ein Schüler Cuspinians,
Philipp Sundel, nennt 1513 seinen Lehrer einen "Phoebi
gemina peritus arte" (Ankwicz-Kleehoven 1959, loö Anm.65,
s. auch loo .Anm. 37: in zwiefacher Weise "Phoebi ...
alumnus") .

(357) S. oben S. 46.

(358) "Excolui primum musas et Apollinis artes / Nempe fui
medicus tunq, poeta simul / Postea ..." (Ankwicz v. Klee-
hoven 1957, 88; ders. 1959, 258). Zum Epitaph vgl. Anm.
175.
 
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