Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Koepplin, Dieter; Falk, Tilman; Cranach, Lucas [Ill.]
Lukas Cranach: Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik ; Ausstellung im Kunstmuseum Basel 15. Juni bis 8. September 1974 (Band 1) — Basel, Stuttgart, 1974

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10453#0052
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

III. CRANACHS BILDNIS, SEINE MALERFREUNDE

berg, malte die von Dürer und Cranach beeinflussten, anscheinend auf Cranach
zurückwirkenden Bildnisse des Herzogs Heinrich von Mecklenburg 1507 (Nr. 3)
und des Kardinals Albrecht von Brandenburg 1508 (Nr. 4), weilte 1508 mit dem
(auch von Cranach später porträtierten Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg,
Nr. 169) in Frankfurt an der Oder und landete schliesslich 1510 in den Nieder-
landen als Hofmaler bei Margarethe von Österreich, die ihn ein Jahr später pen-
sionierte mit Rücksicht auf sein Alter und seine Gebrechlichkeit (vgl. Nr. 198)32.

Diese Verschiebungen eines Hofmalers sind bezeichnend für die kulturellen
Verflechtungen von Venedig bis nach Mecheln, in die sich, wenigstens aus der
Sicht eines Kurfürsten von Sachsen, auch Dürer, Grünewald (der zeitweilig im
Dienst Albrechts von Brandenburg stand) und Cranach stellten.

Der beginnende Feudalismus zog in Deutschland bemerkenswerterweise die
drei begabtesten Maler jener Zeit an sich: Dürer, Grünewald und Cranach.
Auch Hans Burgkmair, um einen weiteren führenden Meister des damaligen
Deutschland hier zu nennen, reiht sich unter die für Friedrich den Weisen tätigen
Künstler ein, und nicht zufällig taucht bei diesem Augsburger Meister der Name
des Konrad Celtis nochmals auf, dessen Porträt Burgkmair 1507 als Holzschnitt
gestaltet hat33. 1505 führte Burgkmair einen grossen dreiteiligen Altar im Auftrag
Friedrichs des Weisen aus, der 1506 vom Kurfürsten in Empfang genommen und
bezahlt wurde. Der Altar steht ikonographisch im Zusammenhang mit einer
Pestepidemie und mit der Kränklichkeit des sächsischen Kurfürsten34. Auf die
Pest von 1504/05 bezieht sich Cranachs Holzschnitt mit dem «Christlichen
Herzen» (Nr. 7). Humanistische und künstlerische Modernität, kombiniert mit
Frömmigkeit nicht ohne abergläubische Bannung der Erkrankung: diese Mi-
schung charakterisiert das Klima um Friedrich den Weisen von Sachsen. Friedrichs
Aufträge an eine Reihe bedeutender Maler verschiedener Herkunft - man mag hier
noch den mächtigen, vom Dürer-Schüler Hans Schäufelein 1507 nach Dürers
Entwurf (Nr. 55) gemalten «Kreuzigungs-Altar» von Ober-St.-Veit nennen -
zeigen den hohen Einsatz und das Tempo der kulturpolitischen Aktivität des
sächsischen Kurfürsten. Sie beweisen nicht zuletzt, dass Cranachs Etablierung in
Sachsen 1505 praktisch bis zum Tod 1553 und fortgesetzt durch Lukas Cranach
d.J. keineswegs in den Sternen geschrieben stand, ebensowenig wie die von
Friedrich geduldete epochale Tätigkeit Luthers und ihre Folgen.

Auf das Niveau der bisher genannten Maler der Dürer-Generation in Deutsch-
land erhoben sich wohl nur noch zwei andere Meister: Hans Baidung Grien und
Albrecht Altdorfer - beide übrigens neben Dürer, Cranach und Burgkmair mit
Beiträgen vertreten in dem mit Zeichnungen illustrierten Gebetbuch des Kaisers
Maximilian, das 1515 die bedeutendsten Kräfte zu einem privaten und monument-
haften graphischen Kunstwerk unter dem Zeichen religiöser Andacht zusammen-
zog und nicht nur technisch (durch die Spontaneität der Handzeichnung), sondern
auch ikonographisch eine neue, moderne Richtung bezeichnete.35 Albrecht Alt-
dorfer, der in Regensburg 1528 immerhin die Wahl zum Bürgermeister ablehnen
konnte (Cranach nahm sie in Wittenberg an), kommt aus der Perspektive von
Sachsen und von Cranach aus kaum in Betracht (Nr. 56, 418), mehr schon sein
Bruder Erhard Altdorfer, der 1512 in den Dienst des Herzogs Heinrich des
 
Annotationen