14<3 Holbein in Augsburg, Frankfurt und Kaisheim (1494 - 1508)
Das Vetterepitaph
Nach diesem Exkurs zum Kolorit soll also überlegt
werden, welchen Anteil an der spannungsreichen
erzählerischen Konzeption der >Grauen Passion« Hol-
bein selbst hatte, d.h. wie sich die >Graue Passion« als
Erzählung in Bildern und als Repertoire von Einzel-
szenen zu den übrigen Arbeiten verhält, für die immer
eine große Beteiligung der Werkstatt angenommen
wurde. Für den Vergleich seien zunächst das Epitaph
der Schwestern Vetter aus St. Katharina in Augsburg
(1499) und die Passionstafeln des Frankfurter Domi-
nikaneraltars (1500) herangezogen. Das Vetterepi-
raph' l5 (Abb. 100) reiht auf der spitzbogigen, durch
gemalte Rahmenstege unterteilten Tafel in zwei Rei-
hen die sechs Szenen zur Passion Christi und das Bild
der verstorbenen Schwestern. In der Spitze der Tafel
ist die >Marienkrönung< untergebracht. Für die Rei-
hen ist ein hinter dem Rahmen durchlaufender, je-
weils einheitlicher Schauplatz gewählt; daß der Rah-
men illusionistisch den Blick in die Szenen der Passion
gewähren soll, zeigen auch die beiden Schrifttafeln,
die bildparallel bzw. in die Tiefe hineinragend an die-
sem Rahmen aufgehängt sind. Wir haben also Simul-
tanbilder, in denen ein und dieselben Akteure mehr-
mals auftreten. Freilich beherrscht die durch den
gemeinsamen Boden vorgegebene Simultaneität der
Szenen den Eindruck nicht, stärker wirkt die Unter-
teilung durch den aufgemalten Rahmen.
Die Reihung der Bilder folgt nicht der Erzählung
der Passion. Vielmehr sind die im Freien spielenden
Szenen und die im Interieur spielenden Szenen in
jeweils einem Streifen zusammengefaßt. Das ist aber
nicht das Einzige, was die Ordnung der Szenen be-
gründet. Den Ausschlag gab wohl die Rücksicht auf
die Stifterinnen, deren Bilder unten gezeigt werden
mußten: Sie sind als Betende dem zugeordnet, dem sie
als Klosterfrauen nachfolgen sollten und nach Aus-
weis des Bildes auch nachgefolgt sind, dem betenden
Jesus des >Ölbergs<.,2<; Es ist leicht einzusehen, daß
der Kreuzestod Jesu als theologisch bedeutsamster
Moment der Passion zentral angeordnet werden
Das Vetterepitaph
Nach diesem Exkurs zum Kolorit soll also überlegt
werden, welchen Anteil an der spannungsreichen
erzählerischen Konzeption der >Grauen Passion« Hol-
bein selbst hatte, d.h. wie sich die >Graue Passion« als
Erzählung in Bildern und als Repertoire von Einzel-
szenen zu den übrigen Arbeiten verhält, für die immer
eine große Beteiligung der Werkstatt angenommen
wurde. Für den Vergleich seien zunächst das Epitaph
der Schwestern Vetter aus St. Katharina in Augsburg
(1499) und die Passionstafeln des Frankfurter Domi-
nikaneraltars (1500) herangezogen. Das Vetterepi-
raph' l5 (Abb. 100) reiht auf der spitzbogigen, durch
gemalte Rahmenstege unterteilten Tafel in zwei Rei-
hen die sechs Szenen zur Passion Christi und das Bild
der verstorbenen Schwestern. In der Spitze der Tafel
ist die >Marienkrönung< untergebracht. Für die Rei-
hen ist ein hinter dem Rahmen durchlaufender, je-
weils einheitlicher Schauplatz gewählt; daß der Rah-
men illusionistisch den Blick in die Szenen der Passion
gewähren soll, zeigen auch die beiden Schrifttafeln,
die bildparallel bzw. in die Tiefe hineinragend an die-
sem Rahmen aufgehängt sind. Wir haben also Simul-
tanbilder, in denen ein und dieselben Akteure mehr-
mals auftreten. Freilich beherrscht die durch den
gemeinsamen Boden vorgegebene Simultaneität der
Szenen den Eindruck nicht, stärker wirkt die Unter-
teilung durch den aufgemalten Rahmen.
Die Reihung der Bilder folgt nicht der Erzählung
der Passion. Vielmehr sind die im Freien spielenden
Szenen und die im Interieur spielenden Szenen in
jeweils einem Streifen zusammengefaßt. Das ist aber
nicht das Einzige, was die Ordnung der Szenen be-
gründet. Den Ausschlag gab wohl die Rücksicht auf
die Stifterinnen, deren Bilder unten gezeigt werden
mußten: Sie sind als Betende dem zugeordnet, dem sie
als Klosterfrauen nachfolgen sollten und nach Aus-
weis des Bildes auch nachgefolgt sind, dem betenden
Jesus des >Ölbergs<.,2<; Es ist leicht einzusehen, daß
der Kreuzestod Jesu als theologisch bedeutsamster
Moment der Passion zentral angeordnet werden