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256 Die Porträts

A',.

ij6. Hans Holbein: Bildnis des Jörg Fischer, Nachzeich-
nung von Peter Decker (Privatbesitz, 21 x cm)

Zeichnung überliefert ist, von denen das der Frau -
ohne Datum - im Basler Kunstmuseum aufbewahrt
wird; um das Bildnis eines unbekannten, vermutlich
augsburgischen Patriziers im Chrysler Museum in
Norfolk, auf dem das Datum, 1515 oder 1517, nicht
mehr recht lesbar ist; um das Bildnis des Jörg Saur in
Zürcher Privatbesitz sowie, mit aus dem Erhaltungs-
zustand begründeten Einschränkungen, um das Por-
trät eines unbekannten, später als Thomas Morus
bezeichneten Mannes im Museum Czartoryski in
Krakau3. Hinzu kommt das Porträt eines bärtigen
Herrn mit Pelzmütze in Basel, das aufgrund seiner
Datierung auf 1513 aus der Werkstatt des Vater stam-
men muß, und nicht, wie früher einmal angenommen,
dem Sohn Hans zuzuschreiben ist. Von dort aus las-
sen sich mit stilkritischen Argumenten einige Tafeln
anschließen: das Porträt einer Frau in Colmar, das
Paar in der Sammlung Thyssen und das Ehepaar Mar-
tin Weiss und Barbara Vetter von 1522 in Frankfurt
bzw. in Privatbesitz.

Jörg Fischer und seine Frau

Am Bildpaar der Fischers soll Holbeins Umgang mit
der Aufgabe des Porträtdiptychons aufgezeigt wer-
den.4 Wie um 1500 allgemein üblich, befand sich das
Porträt des Jörg Fischer (Abb. 176) auf der linken,
heraldisch also vornehmeren Seite, das seiner Frau
(Abb. 177) war rechts angeordnet. Ebenfalls allge-
mein üblich war es, daß der Ehemann auf der Bildflä-
che mehr Platz beansprucht als seine Frau. Jörg
Fischer überragt seine Frau, obwohl sich die Kugel-
haube über ihrem Haupt auftürmt, und er ist so ins
Bild gesetzt, daß der Rahmen die Büste ganz knapp
einfaßt, auf der rechten Seite sogar überschneidet.
Auch der linke Ellenbogen wird vom Rahmen über-
deckt. Die in der Dreiviertelansicht nach rechts ge-
wendete Figur wirkt so massiger, vom Rahmen einge-
engt, während die Ehefrau rechts und links Platz hat
und die vor der Taille zusammengelegten Arme den
Rahmen, wenn auch ein wenig schräg in die Tiefe
gesetzt, begleiten. Soweit entspricht Holbeins Bild
einem Verfahren der Differenzierung zwischen Mann
und Frau im Bildpaar, wie es auch Lucas Cranach im
Bildnis Cuspinians und dessen Ehefrau (1502) oder
im Bildnis eines unbekannten Juristen und dessen
Gattin (1503) praktizierte5 und wie es Hans Holbein
d.J. 1516 im Bildpaar des Basler Bürgermeisters
Jacob Meyer und der Dorothea Kannengießer mit
Hilfe der architektonischen Motive noch verstärken
sollte.6

Im übrigen wird zwischen Mann und Frau ein
gewisser Ausgleich gefunden: Wo bei Jörg Fischer der
spitz zulaufende Ausschnitt der pelzbesetzten Schaube
den Blick auf die Hände, insbesondere auf die Hand
mit dem Wappenring, lenkt, versteckt seine Frau die
Hände in den Ärmeln. Die Aufmerksamkeit des Be-
trachters wird daher weniger durch die - konventio-
nelle - Pose als durch das bloße Vorhandensein der
Hände und durch das Kompositionsverfahren auf das
Familienwappen gerichtet. Im Bildnis der Frau ist die
Zweipoligkeit der Anlage vermieden, die vom Gesicht
auf die Hände ablenken könnte. Damit durchaus im
Einklang übernimmt sie es, den Blick des Betrachters
zu erwidern: Während Jörg Fischer, sofern die Nach-
zeichnung dies korrekt wiedergibt, geradeaus, vor

177. Hans Holbein: Bildnis der Frau Fischer (Basel, Öffent-
liche Kunstsammlung, Kunstmuseum, 35 x 26,; cm)
 
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