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Die Tafelbilder 259

180. Hans Holbein: Bildnis einer jungen Frau
(Madrid, Sammlung Thyssen, 23,6 x 17cm)

Gesicht, indem er z.B. Brauen und Nase in eine
gleichmäßige Kurvatur überführte. Er gewann damit
für Gesicht und Haube, die sich als Kreisflächen über-
schneiden, ein Gleichgewicht, das die Zeichnung -
mit der dominierenden Haube - noch nicht zeigte. In
ähnlicher Weise wurden die Führung der Rückenlinie,
des schwarzen Saums am Kleid, des Goldsaums am
Hemd und der Schnur beruhigt. Manches verwirk-
lichte Holbein erst im Prozeß des Malens. Gegenüber
der Unterzeichnung, die der Silberstiftstudie folgt,
korrigierte er z.B. den Verlauf der Schnur und ver-
zichtete auf das Wellenmuster am Unterteil der
Haube. Auf der Fläche des Bildes ergibt sich so ein
Arrangement von Kurvaturen, die zugleich die Plasti-
zität des hell beleuchteten Körpers vor dem blauen,
keinerlei Gegenständlichkeit suggerierenden Grund
herausstreichen. Holbein nutzte also die Gelegenheit
zur formalen Klärung, die ihm die weitgehend
schmucklose, in Gelb und Schwarz auf Kontraste zie-
lende Kleidung gab. Das Porträt des Mannes, bei dem

181. Hans Holbein: Bildnis eines Mannes

(Madrid, Sammhing Thyssen, 23,7 x 17 cm)

Holbein auf die Schilderung der reich differenzierten
Oberflächen von Pelz, Haar und Stoffen nicht ver-
zichten konnte, dürfte sich in seiner Gesamtwirkung
vom Gegenstück sehr unterschieden haben.

Ein unbekanntes Paar

Tatsächlich stellt das Porträt der Ehefrau Fischer die
wohl radikalste Lösung unter Holbeins Bildnissen
dar. Dieselbe Tendenz, durch Verzicht auf Details,
d.h. über die Wiedergabe kurvig begrenzter, in sich
modellierter Flächen Volumen zu erzeugen, findet sich
auch bei dem Paar in der Sammlung Thyssen
(Abb. 180/181).9 Beide Tafeln sind allseitig beschnit-
ten, so daß der sehr knappe Bildausschnitt vielleicht
einen falschen Eindruck von großer Nahsichtigkeit
erzeugt. Die junge Frau ist im Profil und auf der lin-
 
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