Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 7.1930

DOI Heft:
Nr. 4 (April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43618#0235
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER KREIS
Zeitschrift für künstlerische Kultur
Siebenter Jahrgang
Viertes Heft April 1930

Astrologie und Bild
Über A. Warburgs Bildersammlung zur Geschichte von Steraglaube
und Sternkunde im Hamburger Planetarium
Von Lothar Freund
"ptas Planetarium, das die Stadt Hamburg im Wasserturm des
Stadtparks errichtet hat, ist mit einer ständigen Ausstellung von
Bildern (photographischen Reproduktionen, Stichen, Schemazeich-
nungen und dgk), Modellen, Abgüssen und Geräten verbunden,
die eine Geschichte des Sternglaubens und der Sternkunde illu-
strieren, Um den Sinn dieser Verbindung von historischer Rück-
schau mit einer Darstellung der Himmelserscheinungen, wie sie das
Zeißsche Instrument vorführt, zu klären, gilt es, sich auf die ge-
danklichen Begründungen A, Warburgs zu besinnen, der diese Aus-
stellung noch selbst vorbereitet hat, und dem sie ihre Problem-
stellungen und ihre innere Ordnung verdankt
In Sternglaube und Sternkunde erblickt Warburg zwei polar ent-
gegengesetzte Verhaltungsweisen in der Beziehung des Menschen
zum Kosmos. In ihnen offenbart sich ihm eine zeitlose und allge-
meine Polarität menschlichen Verhaltens überhaupt, die er durch
den Gegensatz von „Greifen“ und „Begriff“ bezeichnet hat. Der
Mensch kann einmal das Objekt zu sich heranziehen, indem er es
sich anthropomorphisch anverwandelt, er kann es aber auch von
sich entfernen, indem er es in seiner Eigenbedeutung zu begreifen
sucht. Warburg erkennt und verfolgt die Gegensätzlichkeit von
Greifen und Begriff, das heißt aber von Magie und Logik, in den
weitesten Bereichen einer Kulturgeschichte von der orientalischen
Antike bis zur Gegenwart, Ihm kommt es auf den immer wieder
sich vollziehenden, lebendigen Auseinandersetzungsprozeß zwischen
diesen scheinbar unvereinbaren Denkformen: Magie und Logik, an,
und er bestimmt den geistigen Ort der Astrologie, indem er in ihr
em logisch nicht mehr faßbares Zugleich beider Denkformen fest-
stellt. „In der Astrologie haben sich in unwiderleglicher Tatsäch-
lichkeit zwei ganz heterogene Geistesmächte, die logischerweise
einander nur befehden müßten, zu einer „Methode“ zusammengetan:
Mathematik, das feinste Werkzeug abstrahierender Denk-

1

193
 
Annotationen