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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 7.1930

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Nr. 5 (Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43618#0338
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lieh, ob er nun im Sinne des Logos Spermatikos oder des Eros Kos-
in ogonos verstanden wird“ usw.
Diese Art, ganz bekannte Dinge mit dem blauen Wunderdampf
der eigenen Gelehrsamkeit zu umnebeln und dann ein geschäftliches
Angebot daran zu hängen (wenn es auch nicht gerade mit dem
amerikanischen Reklame-Imperativ endet: „Kaufen Sie es gleich!“)
wird, wie das Beispiel des schon angeführten Herrn Catlin zeigt,
von den weniger mit Magie begnadeten Amerikanern nicht sonder-
lich geschätzt und ruft in ihnen einen inneren Kampf um Keyserling
hervor, von dessen Ausfall es abhängt, ob dieser bei der Formung
des amerikanischen Menschen es jemals seinem großen Vorgänger
auf niedrigerer Stufe, dem Propheten Joseph Smith, wird gleichtun
können. Noch sitzt Joseph Smith als Prototyp des pseudoreligiösen
Materialismus neben seinem Nachfolger Brigham Young und den
Puritanervätern aus der Mayflower im amerikanischen Himmel. Er
blickt, wie Bernard de Voto es darstellt, befriedigt herab auf die
Gegenden, wo frische Arbeitsfelder der von Keyserling in Abrede
gestellten Vitalität seiner Nachfahren erstehen. Die Ferne erfüllt
sich mit goldigem Schimmer. Prächtig wie der Herbst, doch ver-
wandlungsfähig in Bargeld wie die Inbrunst der Auserwählten, Und
durch diesen gewinnbringenden Nebel sieht man Joseph Smith und
Brigham Young befriedigt lächeln. Als Mormonen haben sie Anteil
an einem unerschöpflichen Eros Spermatikos, administriert von
lieblichen Priesterinnen, Und als Amerikaner schwellt ihnen durch
alle Ewigkeit das Bewußtsein die Brust, daß ihre einzige treue
Kirche sich bezahlt gemacht hat.
Wer in Amerika wird dagegen die Verheißung eintauschen wol-
len: Du wirst sein wie Keyserling und wissen, was Yang und Yin
bedeuten!?
Das Werk von Le Corbusier
Von Max Raphael
Wie in den letzten. Jahren vor dem Kriege der „Kubistische '
Picasso im Mittelpunkt aller Diskussionen über künst-
lerische Fragen stand, so nach dem Kriege Le Corbusier.
Diese Wende von der Malerei zur Architektur bedeutet einmal
aesthetisch, daß die (in kulturell vollwertigen Zeiten) dienende
Kunst zurückgetreten ist zugunsten des Fundamentes aller bilden-
den Künste; dann soziologisch, daß das beziehungslose Staffeleibild
verdrängt wurde durch die Bedürfnisse unseres Wohnens und Ar-
beitens. Der Krieg hat diese Wende vollziehen helfen, die lange
vorbereitet war, ohne sich durchsetzen zu können — vielleicht weil
die Probleme nicht drängend genug, vielleicht weil die Lösungen
nicht überzeugend und mitreißend waren, Le Corbusier ist es ge-
lungen, das Zentrum der Aufmerksamkeit aller zu werden, für seine

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