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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Schlachten-Atlas zur antiken Kriegsgeschichte: 120 Karten auf 34 Tafeln ; mit begleitendem Text (3. Lieferung, Römische Abteilung 4): Die Bürgerkriege von Caesar bis Octavian 49 - 31 v. Chr. — Leipzig, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.7178#0020
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Rom. Abt. Blatt 24.

glaubte, tötete er sich selber. Trotzdem gab Antonius das
eroberte Lager des Cassius wieder auf, sowie Brutus das
der Cäsarianer, und man stand sich am folgenden Tage
in den alten Stellungen gegenüber.

Nun beginnt ein zweiter Umgehungsversuch des Anto-
nius, ohne Zweifel mit Benutzung des alten Dammes, aber
zugleich gedeckt durch die unmittelbar an das alte Lager
des Cassius vorgeschobene Position des Kütschük-Tepe,
etwa 500 m südlich des Madjar-Tepe. Es war nämlich
geglückt, diesen wichtigen Punkt durch einen Hand-
streich wegzunehmen und es gelang auch, ihn, mit vollen
4 Legionen belegt, festzuhalten. Um diesen Angelpunkt
wurde jetzt eine vollständige Drehung der Front vorge-
nommen: 900 m weiter östlich oder südöstlich wurden
10 Legionen postiert und als dies gelungen war, noch
720 m weiter noch einmal 2 Legionen angesetzt (App. IV
121), so daß jetzt fast die ganze Armee mit dem Rücken
gegen den Sumpf in einer sehr exponierten Stellung
stand und nur noch ein kleiner Teil in der Gegend des
alten Lagers zum Schutze der Verbindung mit Amphi-
polis zurückgeblieben war (s. Kärtchen: „Zweite Stellung
der Triumvirn"). Da es offenbar Antonius Absicht war,
durch weitere Vorschiebungen die Rückzugsstraße der
Republikaner zwischen Philippi und Kavala zu erreichen
und sie so von ihrer Verpflegsbasis abzuschneiden, so
mußte Brutus Gegen maßregeln treffen, die darin bestan-
den, daß er sein altes Lager am Panajir-Dagh aufgab,
ganz ins alte Lager des Cassius übersiedelte (Dio 47,
47, 2) und durch Anlegung zahlreicher Kastelle die Ver-
bindung mit Philippi und darüber hinaus nach Dikelitas
und weiter sicherte (App. IV 121) s. Kärtchen: „Zweite
Stellung der Republikaner".

Wir haben es hier offenbar beiderseits mit groß-
artigen Schanzarbeiten zu tun, wie es sich für Generale
gehörte, die aus der Schule Cäsars hervorgegangen waren
und die großartigen Arbeiten von Alesia und Dyrrhachium
kannten. Leider sind unsere Berichte hier so unvoll-
kommen, daß eine ins einzelne gehende Lokalisierung
unmöglich ist.

So viel ist aber jedenfalls klar, daß die zweite
Schlacht von Philippi, die 20 Tage nach der ersten fiel,
mit ganz anderer Front als jene, und zwar in dem
Räume zwischen Madjar-Tepe und Dikelitas geschlagen
sein muß.

Sie mußte an dem Widerstande entstehen, den
Brutus den Versuchen der Feinde, seine Rückzugsstraße
zu erreichen, entgegenzusetzen gezwungen war. Denn
er konnte sich unmöglich ganz einwickeln lassen. Das ist
wohl im Gegensatz zu unserer etwas rhetorisch gefärbten
Tradition der reale Grund für das Zustandekommen der
zweiten Schlacht gewesen.

Bei einer so ungünstigen strategischen Situation, wie
die der Republikaner jetzt war, mußte ihre taktische
Niederlage die Kapitulation zur Folge haben. Daß Brutus

wenigstens noch mit 4 Legionen, d. h. weniger als 1ji des
Heeres, das Tal des Zygaktes, des heutigen Flusses von
Zygosto erreichen konnte, liegt daran, daß Antonius eben
noch nicht ganz bis zur Straße nach Kavala vorgedrungen
war, als die Schlacht stattfand.

3. Meinungsverschiedenheiten irgendwie bedeu-
tenderer Art über die Schlacht selber sind nicht vor-
handen. Ich habe bei meinem Besuche des Schlacht-
feldes die Ansetzungen von Heuzey in allem Wesent-
lichen bestätigt gefunden. Ältere Irrtümer sind bereits von
ihm in dem oben bezeichneten Werke widerlegt worden.

Wohl aber besteht eine Meinungsverschiedenheit in
betreff der Umgehung der Republikaner vor der Schlacht.

Heuzey (S. 98ff.) und andere vor ihm nehmen nämlich
an, daß der Engpaß der Sappäer und folglich die zweite
Stellung der Cäsarianer nicht bei Kavala, sondern bei
Burun-Kale 60 Kilometer östlich davon gelegen hätte,
und daß die Umgehung des Brutus und Cassius infolge-
dessen am Kuru-Tschai hinauf über den Kassan-Dagh
(1061 m) nach Ismilan und von da über Arda und den
Karasu (Nestos) nach Philippi geführt habe (s. Kärtchen 5:
„Umgehungsmarsch nach Heuzey"). Aber diese An-
nahme ist unmöglich. Denn

1. ist die Stellung bei Burun-Kale zur See ebenso
leicht zu umgehen, wie die von Chirka. Warum hätten
die Republikaner jene umgehen sollen und diese nicht?

2. ist es unmöglich, die vermutete Umgehung zu
Lande in 5 Tagen zu machen. Vom Ausgangspunkt
östlich Burun-Kale bis zum Ende des von Appian als
weglos und undurchdringlich bezeichneten Urwaldgebietes
am Bujükdere sind es in Luftlinie fast 50 Kilometer.
Wer einmal in die Notwendigkeit versetzt worden ist,
sich in den Urwäldern der Karpathen ohne Weg durch-
zuschlagen, wird es mit mir für ausgeschlossen halten,
daß man in 4 Tagen in solchem Wald auf einer solchen
Strecke einen für eine Armee gangbaren Weg herstellen
und diese ihn zurücklegen kann. Ebenso unmöglich
ist die Leistung von Ismilan in die Ebene von Phi-
lippi an einem Tage, selbst wenn ganz offenes Gelände
angenommen wird. Denn das sind 55 Kilometer Luft-
linie, also bei dem gebirgigen Charakter der Strecke
mindestens 70 Marschkilometer.

Diese unmöglichen Annahmen stützen sich allein
auf die angebliche Nachricht Appians (IV 103), daß ein auf
dem Marsche berührter kleiner Fluß, mit Namen Har-
pessos, sich in den Hebros ergossen habe. Aus diesem
Grunde wird der genannte Bujükdere mit dem Her-
pessos gleichgesetzt. Der Name Hebros steht aber in
Wirklichkeit gar nicht bei Appian, sondern ist moderne
Schlimmbesserung. Appian hat Hermos. Damit fällt die
ganze Hypothese. Der Herpessos wird einer der kleinen
Bäche sein, die in der Gegend von Buk in den Nestos
münden, und Hermos wird aus Nestos verschrieben sein.

Kromayer.

Octavian und Antonius.

(Rom. Abt. Blatt 24.)

I, Die Feldzüge Oetavians in Illyrien 35-33 v. Chr.

Kärtchen 1—5.

1. Quellen und Literatur.

Hauptquelle: Appian Ulyr. 16—28. Ergänzend Cas-
sius Dio XLIX 37, sowie an mehreren Stellen Strabo.
Literatur:

Die sehr reiche Literatur zusammengestellt bei
— 117 —

G. Veith, Die Feldzüge des C. Julius Caesar Octavianus
in Illyrien in den Jahren 35—33 v. Chr. Schriften der
Balkankommission der K. Akademie der Wissenschaften
in Wien, Antiquar.-Abt, Heft VII, 1914, Sp. Vllff. —
Seitdem:

- 118 —
 
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