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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 67.1916-1917

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Grube, Hans B.: Die Technik des Eisengusses
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https://doi.org/10.11588/diglit.7004#0024
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Sauerstoffverbindungen, so daß einmal blasenfreie,
dichte Güsse erzielt werden und anderseits die wert-
vollen Eigenschaften der so geeinigten Metalle
besser hervortreten.

Lin wichtiges Kapitel ist die Kenntnis von der Zu-
sammensetzung der verschiedenen Eisenlegierungen,
die unter dem gemeinsamen Namen Roheisen
im Handel Vorkommen. Kohlenstoff kommt in Guß-
eisen in drei Formen vor: als Graphit, aus-
geschieden oder an das Eisen gebunden (legiert),
als Härtungskohle oder als Karbidkohle.
Diese bildet sich erst nach der Erstarrung und bis
zu einer Abkühlung des geschmolzenen Eisens auf
700° L. Ein Teil des gelösten Kohlenstoffes be-
ginnt schon bei 4430° C sich als Graphit aus-
zuscheiden.

Eine vierte Kohlenstofsart ist die Temperkohle,
die vorzugsweise in den an Härtungskohle reichen
Gußstücken sich durch andauerndes Ausglühen bildet.
Sie ist dem Graphit ähnlich, aber nicht kristallinisch,
sondern amorph, d. i. gestaltlos.

Nach A. Ledeburs Untersuchungen enthielten in
Hundertstelteilen:

Lisensorten

S ££

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*2 §■



1 S
V £
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'6

5

Ö

•ff

Tiefgraues Roheisen

3,33

0,44



3,77

2,77

4,30

0,02

hellgraues Roheisen

2,40

0,73

0,47

1,02

4,02

0,28

0,09

Weißes Roheisen . ■

0,16

1,88

0,54

0,72

0,72

0,40

0,20

Hartguß.

0,49

2,43

0,58

0,83

0,83

0,45

0,40

Ein Gußstück bezeichnet man als weich, wenn ein
gewisses Verhältnis seines ausschlaggebenden Koh-
lenstoffes, des Graphits, zu dem gebundenen, che-
misch gelösten Kohlenstoff günstig ist, und umgekehrt
als hart. Silizium wirkt der Bildung der gebun-
denen Kohlenstoffarten entgegen, die mehr oder
weniger als Graphit ausscheiden. Es begünstigt
deshalb die Entstehung von grauem Eisen mit
körnigem Bruch. Besitzt ein Roheisen wenig
Mangangehalt, so darf auch der Silizimngehalt
entsprechend geringer sein. Siliziumhaltiges graues
Roheisen bedarf einer höheren Schmelztemperatur
als hartes, manganreiches.

Die Ausscheidung des Graphits in einem Gußstücke
durch Silizium wird durch eine langsame Erkaltung
sehr begünstigt, und es werden deshalb für gleiches
Aussehen und gleiche Stärke dichte, dickwandige
Gußstücke aus manganreicherem Roheisen oder
siliziumärmeren Sorten gegossen, als die dünn-
wandigen.

Die durchaus nicht einfache Wahl des Silizium-
gehaltes für ein bestimmtes Gußstück und die daran
gestellten Anforderungen ist Erfahrungssache. Sie
hängt mit der Form des Gußstückes, seiner Stoss-
stärke und Abkühlungszeit, mit seiner Herstellung
und Formweise innig zusammen. Mangan bewirkt
das Gegenteil wie Silizium.

Phosphor übt als Legierungsbestandteil keinen
hervorragenden Einfluß auf die Beziehungen zwi-
schen Eisen und Kohlenstoff aus, ebensowenig der
Schwefel, aber beide Bestandteile beeinflussen in
starkem Maße die gZualitätseigenschaften des Eisens
und bedingen deshalb die Anwendung bestimmter
hüttenmännischer Prozesse in der weiterverarbei-
tung des Roheisens.

Um aus dem Roheisen den Kohlenstoff heraus-
zuholen, hat man verschiedene Mittel. Das ein-
fachste ist die Lust: Schmilzt man Roheisen aus
einer gut ziehenden Esse ein und läßt Luft darauf-
blasen, so verbrennt die Kohle teilweise; das Ver-
fahren nennt man Frischprozeß,
wird das Roheisen in einem Flammofen oder
besser noch in einem Generatorgasofen geschmolzen
und mit Stangen beständig durchgerührt und durch-
knetet, so wird ebenfalls die Kohle verbrannt. Dies
nennt man Puddelprozeß.
wird das flüssige Roheisen in ein birnsörmiges
Gefäß gefüllt und Luft hindurchgeblasen, bis das
Eisen selber zu brennen anfängt, so erhält man
Bessemereisen.

Der an Stelle der alten Rennarbeit getretene
Frischprozeß bezweckt eine Entkohlung des Roh-
eisens durch Einwirkung des Sauerstoffes der Luft,
der zunächst einen Teil des Eisens zu Hammer-
schlagft oxydiert, der wiederum auf Kohlenstoff,
Silizium und Mangan oxydierend einwirkt und
diese Stoffe verbrennt oder verschlackt. Dadurch
verliert das Eisen im allgemeinen seine Fähigkeit
zu schmelzen, wird dafür aber schweißbar; nur bei
sehr hoher Temperatur bleibt das Eisen flüssig.
Die Herstellung der Gießformen erfordert eine
Geschicklichkeit, die zur Kunst werden kann. Man
unterscheidet Modellformerei und Schablonieren
in Sand oder Lehm. Bei der einfachsten Art der
Modellformerei stellt man die Formen dadurch her,
daß man ein genaues Abbild des zu gießenden
Gegenstandes, das Modell, in Formstoff abdrückt.
Die Modelle technischer Gußwaren fertigt meistens
der Modellschreiner aus Holz an. Sie werden mit

l) Lisenhammerschlag besteht aus Eisenoxyd»! und Eisen-
oxyd.

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