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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 67.1916-1917

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Braungart, Richard: Hubert Wilm
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https://doi.org/10.11588/diglit.7004#0059
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^begrenzte Möglichkeiten er rasch erforschte und
auszunutzen lernte, drei Zyklen: „das Lebenslied"
nach Gedichten Karl penckells ((9((), eine „Passion"
(19\3) und eine „Geschichte der Susanna", welch
letztere infolge des Krieges — IPilm stellte sich als
Freiwilliger — noch nicht vollendet ist. während
^"nr inr Lebenslied für das Positiv-Bejahende
"er Dich^ngen penckels den gleichwertigen künst-
lerischen Ausdruck fand, enthüllt die „Passion"
in düsteren, wilden Disionen, die den Gedanken
an Rembrandt wecken, den tragischen, herben Grund
des Wesens wilnrs. Ls ist ihm noch nicht durchaus
Selungen, das Problem, das er sich hier gestellt
hatte, geistig und technisch zu meistern. Aber jedes
Blatt erzählt von dem Trotz und der Energie, mit
der wilm um das Höchste gerungen hat. Und er
darf sich urit dem Bewußtsein trösten, daß dem
^echsundzwanzigjährigerr, der diesen Zyklus schuf,
auch unter den günstigsten Voraussetzungen kaum
^ehr hätte gelingen können.

Ebenfalls in Radierung hat wilm später eine Reihe
charakteristischer Bildnisse (z. B. von Max Halbe,
^rank Wedekind, Roda Roda, K.Henckell) geschaffen.
Außerdem allerlei Landschaftliches; und es ist wohl
Mt zufällig daß zwei der allerbesten Blätter
Ums, in denen er die Summe seines jeweiligen
onnens gegeben hat, dieser Gruppe angehören;
nämlich eine „Blumenwiese" und eine Art Kriegs-
varrante dieses Blattes, der „Ewige Friede" (der
itopf eines gefallenen Soldaten zwischen Blumen
und Gräsern). Zn beiden Fällen hat wilm mit
einer an die alten Meister erinnernden Genauigkeit

bis auf die kleinsten Einzelheiten die aus unmittel-
barer Nähe gesehenen Gräser und Blumen einer
wiese wiedergegeben. Aber nicht eigentlich als
Realist, sondern als Stilist, der seine Modelle nicht
als Individuen, sondern als Typen oder, wenn
man will, als Ziermotive und Flächenornamente
empfindet. Und es ist lehrreich, bei einem vergleich
der beiden Blätter zu sehen, wie sehr diese Art
wilms, die werte umzuwerten oder, wie Pausen-
stein es ausdrückt, die Natur zu denaturieren,
inr Laufe der Zahre sich befestigt und im Künst-
lerischen wie im Technischen vervollkommnet hat.
Mehr wie irr diesen freigraphischen Arbeiten,
deren gemeinsames Merkmal eine manchmal von
Härten nicht freie Herbheit und Strenge der Linien-
führung, der Konturierung urrd Schraffierung usw.
ist, hat wilm irr seinen zahlreichen gebrauchsgraphi-
schen Blättern bewiesen, ein wie ursprüngliches
dekoratives Talent er sei. Ls gibt z. B. Initialen
von ihm (für die Hamburger Schriftgießerei Genzsch
& Heyse), die in ihrer überaus harmonischen, wie
selbstverständlich wirkenden Verbindung von Buch-
staben und füllendem Ornament vorbildlich, um
nicht zu sagen klassisch sind. Auch Weinetiketten
hat er gezeichnet, die beweisen, daß man sogar
auf diesem Tummelplatz schlimmster, durch die

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