Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
in seinem Münchner Wohnsitz oder in seinem LancU
häusel in Wiessee am Tegernsee, wo er sich ein trau-
liches Tuskulum geschaffen hatte und wo es ihm be»
hagte, mitten unter einem kernhaften Volksschlag, um-
geben von lieben, vertrauten Menschen zu leben, die
er alljährlich im Som-
mer mit einem Volks-
fest beglückte, das in
der ganzen Gegend
hohe Berühmtheit ge-
noß. Auch auf Schloß
Karneid bei Bozen, am
Eingang ins Eggental
gelegen und gemein-
samer Besitz der Brü-
der Fritz und Ferdi-
nand von Miller, ver-
brachte er bedeutsame
Stunden der Einkehr.
Am Ausbau und an
der stilvollen Ausge-
stalrung dieser trotzi-
gen Burg, die die Brü-
der als baufälliges, rui-
nöses Gemäuer über-
nommen hatten, nahm
er regen Anteil und
schuf sozusagen aus
dem Nichts ein Muse-
um alttirolischcn Kunst
-gewerbes und war-
mer,, behaglicher Häus-
lidikeit. Dies alles ge-
hört so sehr zum We-
sen und zur Persönlich-
keit Fritz von Millers,
deckt sich so vollkom-
men mit seiner Welt-
ansehauung und Le-
bensauffassung, spie-
gelt sich auch so sehr
in den eigenen Kunst-
Schöpfungen undwur-
de so sehr wirksam in
seiner Lehrtätigkeit,
daß es hier ausführli-

FRITZ VON MILLER

privatem Leben und öffentlichem Auftreten, von Be-
rufsarbeit und Liebhabereien: bei diesem seltenen
Mann und Künstler rundete sich alles zum Ganzen,
gehörte auch das scheinbar weniger Wichtige zumWe-
sen, und so wuchs, wie die Blüte aus der Knospe,

aus dem Geringen das
Große auf. Zum Erz-
gießer bestimmt und
lange Jahre in der Erz-
gießerei hervorragend
tätig, hatte Fritz von
Miller trotzdem schon
früh der Goldschmied
dekunst sein Interesse
zugewandt und sich
ihr in dem Maße aus-
schließlicher gewidmer,
als er in der Gießerei
durch den Zweitälte-
sten Bruder Ferdinand
und den um zehn Jahre
jüngeren Bruder Lud-
wig Entlastung erfuhr,
allerdings verlor Fritz
von Miller niemals den
Zusammenhang mit
der Anstalt, die ihm so
restlos den mütterli-
chen Grund derFami-
lie und seines ganzen
eigenen Schaffens be-
deutete. Als Fritz von
Miller sich der Gold-
schmiede-Kunst zu-
wandte, lag diese mit
ihren Leistungen sehr
im Argen. Eigentlich
gab es nur fabrikmäßig
ge Herstellungen, sel-
ten, daß da und dort
noch ein Juwelier, fu-
ßend auf der Traditi-
on, arbeitete, aber auch
er ohne Konnex mit
der großen kunsthand-
werklichen Entwid\-

Pokal für Minister von Feilitzsdi

eher erwähnt werden mußte. Bei einer so in sich
geschlossenen Persönlichkeit, einem sinnvoll Zelle an
Zelle der Entwicklung setzenden geistigen Organis-
mus, einer Erscheinung von kulturhistorischer Aus*
Wirkung, wie sie Miller darstellt, gilt nicht die sonst
beliebte Trennung von Mensch und Künstler, von

lungderZeitundohne die künstlerische Ambitionen der
großen alten Goldschmiede, die vonWenzel Jamnitzer
bis ins späte Barod\ hinein ihre hohen Werke schufen.
In der napoleonischen Zeit riß diese Entwiddung völlig
ab, der Niedergang fällt zusammen mit dem wirt-
schaftlichen Niederbruch Deutschlands. Der Wieder»

7
 
Annotationen