Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Schlußstück in der Bekrönung der Drachentöter und
das alles im reichen, farbigen Effekt von Silber, Gold,
geschnittenen Korallen, Steinen, reichen Emaillie*
rungen, so daß ein Ganzes von unerhörter Schön*
heit und Üppigkeit, indessen ohne jedweden Schwulst,
in die Erscheinung trat. Zeitlich noch früher entstand
der schöne Myrtenpokal zur silbernen Hochzeit
Oskar Hauschilds, ein schön gegliederter Aufbau,
der von grünem Email im Stamm über silbernem
Korpus zum goldenen Knauf sich steigert. Auch der
über einen Meter in der Breite messende Tafel*
aufsatz der Stadt München wurde schon Ende der
neunziger Jahre ausgeformt,- man erschaut da einen
silbernen und vergoldeten, vollständig getriebenen
Hecht, der auf einem von Silber umschlossenen Berg*
kristall ruht: auch hier wurde durch Email <eine Li*
belle im Schilf) ein feiner farbiger Effekt erzielt. Der
Sockel ist Bronze, man sieht in Relief die Silhouette

FRITZ VON MILLER Rauditopasvase (Galle-Glas) mit Eidechse in Email

der Stadt, fein und zierlich ist in eine Ecke die Büste
des heiligen Benno eingefügt. Der Schiffsaufsatz, eine
Allegorie auf den Handel darstellend, in Dresdener
Privatbesitz, ferner das kraftvolle Röcklhorn, der Pokal
für Minister von Feilitzsch, die Geschenke des ober-
bayerischen Landrats an das bayerische Königshaus,
der Jonasfisch (eine Ehrengabe an Braun 'S) Schneider
im Jahre 1914), bei dem der Erzgießer wieder einmal
zu seinem Recht kommt, die köstliche, mit wahrer
technischer Meisterschaft gebildete emaillierte Eidechse
an der kostbaren Galle=Rauchtopasvase, derHochzeits*
becher im Besitz des Gewerbemuseums in Nürnberg
— man nehme sie als markante Vertreter der schönen,
reichen Kunst Fritz von Millers.

Köstliche Vermächtnisse sind sie, nicht minder köst*
lieh aber, über die Einzelleistung hinaus bedeutsam, ist
das Vorbild, das Miller selbst in seinem Gesamtwirken
wie in seinem Lebenswandel, mit seiner Persönlichkeit
und seinem Wesen gegeben und hinter*
lassen hat. Dessen waren sich mit den
Kindern Millers alle bewußt, die den teue*
ren Mann draußen im alten Friedhof bei
dem Neuhauser Kirchlein zur letzten Ruhe
begleiteten. Was Fritz von Miller seinen
Zeitgenossen war und was er einer künf*
tigen Generation sein kann, dafür fand
Generaldirektor PhilippMaria Halm schö*
ne Worte, der namens des Kunstgewerbe*
Vereins und des Nationalmuseums, das
gleichfalls in Miller einen guten, treuen
Freund besaß, den Nachruf sprach und
den Lorbeer reichte. „Fritz von Miller",
sagte er, „war eine so abgerundete und in
sich abgeschlossene Persönlichkeit, daß sie
sich nur als Ganzes erfassen läßt. Wer nur
den unerreichten Meister seines Hand*
werks in ihm sah, kannte noch lange nicht
sein warmes Herz für das Kunstgewerbe.
Wer aber einmal dem Pulsschlag dieses
Herzens gelauscht und ihn verstanden,
der wußte, daß der liebe, bescheidene
Künstler und Mensch selbst ein köstliches
Kunstwerk war aus einem Guß, geformt
von dem edelsten Innenleben und veredelt
von den reinsten Händen. Ob wir den
schaffenden Künstler bewunderten, ob wir
dem geliebten Lehrer lauschten,ob er uns
im Rate führte oder sich in frohem Kreise
mit uns erging, immer fühlten wirschlacken*
lose Reinheit seines Wesens, seine Liebe,
seine Güte, die uns in Bann schlug und
zu unwandelbarer Verehrung emporhebt."

12
 
Annotationen