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Krüge aus Kupfer

(Bayerisches Nationalmuseum)

I ndant h renfarb en unbestritten die erste Stelle ein. Sie sind
für Baumwolle, Leinen und Kunstseide, überhaupt für die Pflanzen»
faser geeignet,- nidit für Wolle, für weldie andere Farbstoffe zur
Verfügung stehen. Da aber die Pflanzenfaser viel wichtiger als
die tierische ist, haben diese Indanthrenfarben, deren Beständig»
keit gegen Licht, Wäsche und Wetter eine bisher unerreichte ist,
die allergrößte Bedeutung. Sie haben eine Bedeutung für alle
Gebrauchsgegenstände, aber durch ihre unbegrenzte Lichtechtheit
eine ganz besondere für die Dekorationskunst, für den Innen-
architekten, für Raumkunst. Indanthrenfarbige Stoffe geben der
ganzen Dekorationskunst eine Sicherheit, die man früher nicht
kannte,- sie geben dem Künstler Zuversicht auf die Dauer seines
Werkes. Redner schloß mit einer Aufforderung, das Publikum
möge nur echte Farben fordern: es gibt deren genug für alle
Zwecke. — Eine reiche Sammlung gefärbter Textilwaren unter»
stützte diese Ausführungen.

Am Dienstag, den 14. März, sprach Dr. Georg Lill, Haupt-
konservator am Bayerischen Nationalmuseum, an der Hand von
zahlreichen Lichtbildern über „Ausgewähltes deutsches
KunstgewerbevomAusgangdes30jährigenKrieges
bis 1800". Nach Ausgang des großen Krieges machen sich zwei
ausgesprochene Strömungen geltend, eine konservative, die nicht
wesentlich von der Spätrenaissance abweicht. Auf diesem Boden
stehen süddeutsche Fassadenschränke, Emailgläser, Kreussener
Krüge. Eine andere fortschrittliche Entwicklung bringt den Barock
zur Blüte. Die besten Vertreter sind in Süddeutschland Möbel
im Kanopolwerkstil, in Norddeutschland die schweren „Scheps".
In der Keramik bringt die neu auftretende Fayence den ostasia-
tischen Einfluß unter Delfter Prägung, beim Glas tritt neben dem

vorübergehenden Schaperdekor das geschliffene Kristallglas im
böhmischen Gebirgsrand an die Spitze. Überall sind starke boden-
ständige Tendenzen wahrzunehmen. Nur in der höfischen Kunst
dominieren die ausländischen Einflüsse (italienischerTeil derMün-
diener Residenz), bis sie von französischen immer mehr abgelöst
werden. Das am östlichsten gelegene Österreich bewahrt bis gegen
die Mitte des 18. Jahrhunderts den deutschen schweren Barock,
während an den Höfen (München, Berlin) der französische Ge-
schmack ausschlaggebend wird. In der Keramik tritt Deutsehland
mit der Erfindung des Porzellans durch Böttger und durch die ge-
niale künstlerische Durchgestaltung in Dekor und Plastik an die
Spitze der europäischen Entwicklung. Mehrfach wurde die Ent-
wicklung der Goldschmiedearbeiten in diesen Perioden gestreift.
Mit dem klassizistischen Stil tritt eine neue Vereinfachung ein, die
bei den bürgerlichen Möbeln schon die sachliche Nüchternheit des
Biedermeier ahnen läßt. Die zahlreichen Diapositive nach Kunst-
werken Nord-und Süddeutschlands sowie Österreichs hatten ihren
Höhepunkt in den prachtvollen farbigen Aufnahmen besonders
keramischer Stücke nach dem Uradiromverfahren des Herrn Dr.
Traube-München, das ohne Zweifel für wissenschaftliche und
künstlerische Genauigkeit von Grund aus umwälzend wirken wird.

Unter Beschränkung auf die deutschen Maler-Romantiker vom
Ende des 18. Jahrhunderts bis etwa 1840, brachte ein Vortrag
„Deutsche R om antik" von Dozent Dr. HermannNasse am
4. April eine Erklärung des Romantischen als Gegenströmung
gegen das heidnisch Antikische,als Flucht in die Vergangenheit, als
Gefühlskunst gegen das Gesetzmäßige mit dem Begriff der Sehn-
sucht nach dem Unendlichen als Stimmungskunst, die vor allem
auch die Stimmungslandschaft erzeugt und die die Spannungen,

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