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sentative Vertretung auf den Messen sich besser bewähren würde,
müßte noch erwogen werden. Unangehm und schwer belastend
wirken die hohen Frachtsätze,- hoffentlich greifen hier die Behörden
messefördernd ein und zwar durch SJiaffung ermäßigter Messe-
tarife. Die Annahme, daß vor allem der Ausländer der gesunkenen
Valuta wegen als Käufer für das Kunstgewerbe auftrete, hat sich
nicht bewahrheitet, noch heute ist das Gros der Einkäufer Deutsche^
die wohl für ihre schlechte Mark sich bleibende und hochwertige
Sachen anschaffen wollen. Unsere Messepreise überschreiten ja
schon lange speziell im Kunstgewerbe den Weltmarktpreis. Der
Bayerische Kunstgewerbeverein habe auch heuer seine alte Zug»
kraft bei den Einkäufern gezeigt, die die Münchner Note beson-
ders gerne suchen. Die Umsätze des Vereins beliefen sich auf der
Frühjahrsmesse Leipzig auf 146000 Mk., Herbstmesse
Leipzig auf 747000 Mk., Frankfurter Frühjahrsmesse
241000Mk., Herbstmesse Frankfurt 848 000Mk. Auch
die Ausstellung im Glaspalast hat trotz der Befürchtungen,
daß sie wegen der Gewerbeschau, nicht genügend beschickt und
besucht sein würde, einen Umsatz von etwa 1 '/> Millionen gebracht.
Noch höher sind die Umsatzziffern, die die Verkaufsvertretung
des Bayer. Kunstgewerbevereines auf der Deutschen Ge»
werbeschau 1922 erzielte,- sie reichen über 4l/.(Millionen hinaus
und wären noch höher gewesen, wenn man die Ausstellungen der
Mitglieder in allen Gruppen, die zu weit zerrissen waren, hätte
mit in den Verkauf einbeziehen können. Der B. K.-G.-V. mar-
schiert hier an erster Spitze. Der Redner streifte dann noch das
günstige Ergebnis des Verkaufes in der Ausstellungshalle,
Pfandhausstr. 7, wo in 9 Monaten über 7 Mill. Mark umgesetzt
wurden. Er ermahnte die Mitglieder, an der spezifisch Münchne-
rischen Note, die keine Richtung darstelle, festzuhalten und im
übrigen ganz nach eigenem Geschmack zu schaffen. Präsident
Generaldirektor Prof. Dr, Halm hatte einleitend das günstige
Gesamtergebnis der Gewerbeschau besprochen und nahm am
Schlüsse der Ausführungen des Herrn Leipfinger Gelegenheit,
diesem und seinen Mitarbeitern Herren Olofs und Rothmüller jun.
für di: tätige Hilfe auf den Messen zu danken. —

„Der Schmuck in vorgeschichtlicher Zeit" hieß das Thema
eines Vortrages, den Prof. Dr. Birkner am 14. Nov. im Rahmen
der Vereinsabende des Bayer. Kunstgewerbevereins hielt. In sach-
lich-klarer Form sprach Prof. Dr. Birkner über das frühe Schmuck-
bedürfnis des Menschen. Der Schmuck diente auch in der vorge-
schichtlichen Zeit vorallem, um die Vorzüge des Körpers zu heben,
dann aber auch, um auf seinen Wohlstand und Besitz hinzuweisen,
schließlich hatte er auch mysiische und religiöse Bedeutung, oder er
war das Zeichen erfolgreichen Kampfes. Man kann nach Prof. Se-
lenka den Schmuck seiner Form und seinem ästhetischen Sinn nach
beim vorgeschichtlichen Menschen in einen Behangschmuck, einen
Richtur.gsschmuck, einen Ring- und Ansatzschmuck, einen lokalen
Farben- und einen Kleidungsschmuck einteilen. Die Kenntnis des
prähistorischen Schmuckes schöpfen wir vor allem aus den Gräbern.
In der Eiszeit finden wir den Muschel- und Steinschmuck als
Hauptstücke, später tritt das Metall an seine Stelle, der Bronze-
schmuck, wie der Eisenschmuck herrscht vor, bekommt bald künsts
lerische Bearbeitung und Formen. Daneben finden wir Hirschzähne,
Wasserschnecken, Fischwirbel, Bachkiesel verwendet. Auch der
Bernstein dringt im Tauschwege weiter von der Küste ins Land

ein. Der Gestalt nach finden wir vor allem Nadeln vor, die ver-
mutlidi Gebrauchszweck, um die Kleider zusammen zu halten
hatten, in der Bronzezeit wird vor allem der Draht, teils eingebunzt
und verziert verwendet. Aus den einfachen Nadeln wird eine Art
Sicherheitsnadel, die in allen möglichen Formen, mit allen mög-
lichem Zier hergestellt wird und sich allmählich vom Charakter
des Drahtes in die Blechform auflöst. Daneben tritt schon Gold
und Silber auf. Neben den Arm- und Fußringen spielt der Gürtel
eine große Rolle. Die Südgallier und mit ihnen die neue Völker-
bewegung bringen die Verwendung von farbigem Glas in den
Schmuck mit und leiten zur historischen Zeit über. Die überaus
klaren und übersichtlichen Ausführungen waren mit reichem, an-
schaulichen Lichtbildmaterial belegt, das den Wunsch des Vor-
tragenden, daß sich die jüngeren Kunstgewerbler aus diesen
Materialbearbeitungen Anregungen holen möge, vollauf be-
rechtigte. Sc.

Über „Albrecht Altdorfer und Hans Baidung Grien"
sprach am 21. November Dozent Hermann Naße in sehr in-
haltsreichen, die künstlerische Wesensart der beiden Persönlich-
keiten scharf umreißenden Worten. Er bezeichnete vor allem
A. Altdorfer neben oder trotz Dürer vielleicht, als den Poeten
und farbigen Märchenerzähler, der vor allem Maler ist, der
Stimmung nachgeht und spannende Momente sucht. Trotz den
italienischen äußerlichen Anklängen besonders in der Architektur
flüchtet er sich immer wieder in die Gotik. Hans Baidung Grien
ist vor allem Zeichner, wenn wir auch an 50 Gemälde von ihm
kennen. Baidung war eine Zeit Gehilfe bei Dürer und hat sein
Leben lang den Meister besonders verehrt und nachgestrebt. Aber
auch unter Grünewalds Einfluß steht seine Kunst, die dem Natür-
lichen und der landschaftlichen Tiefe aus dem Wege geht und be-
sonders die flächige Wirkung sucht. Beide Künstler sind Über-
gangskünstler, die noch an der Gotik hängen, aber doch zur neuen
Weltanschauung überleiten. Anknüpfend an Dozent Naßes die
Wesensart der Künstler charakterisierenden Ausführungen folgte
die Erläuterung der zahlreichen Lichtbilder. Generaldirektor Prof.
Halm knüpfte an die Dankesworte für den Vortragenden noch
verschiedene anregende, Altdorfer sowie Baidung geltende Worte.

Über „Altbayerische Grabplastik" sprach in äußerst inter-
essanten und lebendig wirkenden Ausführungen am 4. Vortrags-
abend der Wintersaison Generaldirektor Prof. Dr. P. M. Halm
und gab so in flüchtigen Bildern und scharfer Charakterisierung
einen mit guten Lichtbildern rerchbelegten Überblick über die
Meister des 15. und 16. Jahrhunderts in der engeren bayerischen
Heimat. In scharfen Strichen hingeworfen, standen die Meister
vor uns, jeder in seiner Eigenart, jeder nicht nur in seinen Wer»
ken, auch in seinem Werkstattbetrieb gezeichnet, jeder nicht nur
künstlerisch gewürdigt, sondern auch kulturgeschichtlich in seiner
Zeit verankert. Meister Hans Heider, der Schöpfer des Seeoner
Stiftergrabes, Wolfgang Leb, der Meister der Stiftergräber von
Ebersberg und Attal, Jörg Gärtner, der Meister von Passau,
Stefan Rottaler, hauptsächlich in Niederbayern tätig, wie auch
am Hofe Herzog Ludwigs X., dem man mit Recht die Arkaden
der Bischöflichen Residenz in Freising von 1519 zuschreiben muß.
Mit Einblidcen in den Werkstattbetrieb, wie mit Ausblicken auf
die Wanderung der Grabsteine schloß Prof. Dr. Halm seinen
anregenden, höchst beifällig aufgenommenen Vortrag.

Die Klischee zu den Abbildungen dieses Heftes lieferte die Firma ßrend'amour, Simhart C£) Co, München, Nymphenburgerstr. 20
Schriftleiter: Prof. Dr. Jos. Ludwig Fischer, Konradstr.l/i — Herausgeber und Verlag Bayerischer Kunstgewerbeverein München, Pfandhausstr. 7, Tel. 22950
Für die Anzeigen verantwortlich: F. C. Mayer — Druck von J. Schon — alle in München

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