mand für möglich hielt. Alle Gutachten, die man ein*
zog, lauteten „unausführbar". Die Pariser Erzgießer
lachten über die Idee, solche Kolosse vergolden zu
wollen. Der Mailänder Gießer Manfredini erklärte,
wenn eine solche Statue in Feuer vergoldet werde,
ohne drei Mann dabei zu vergiften, lasse er sich den
Hals abschneiden.
Man hielt die Arbeit für ungemein lebensgefährlich,
weil die Arbeiter gezwungen waren, die giftigen Queck*
silberdämpfe einzuatmen und man schon bei derVer*
goldungauch nur einer einzigen Statue mit dem Ver*
lust mehrerer _
Menschen*
leben zu rech*
nen hatte.
Der dama*
lige erste Ver*
golder in Pa*
ris, Mr. Blus
erklärte die-
ses Linter*
nehmen für
die idee d'un
fou, zu des*
sen Ausfüh*
rungmannur
einen zum
Tode Verur*
teilten neh*
men könne.
Trotz dieser
Sachverstän*
digengutach*
ten und der
sichentgegen*
stellenden
Schwierigkeiten gingen Stiglmaier und Miller an die
Ausführung des kühnen Planes. Es befand sich im
Nebenbau des neuen Gießhauses die jetzt als Ver*
golderei eingerichtete Werkstätte mit einem Vergolder*
herd, der jedoch zur Vergoldung der Ahnenstatuen
nicht ausreichte. So machte sich denn Miller unter Zu*
hilfenahme der gesammelten Erfahrungen an die Kon*
struktion eines neuen, größeren Ofens. Die gelernten
Vergolder wurden bei dieser Arbeit sonderbarerweise
vollständig ausgeschaltet, teils weil sie nicht die nötige
Disziplin bewahrten, sich den Anordnungen und Be*
fehlen des verantwortlichen Meisters zu fügen und
vielmehr alles besser wissen wollten, teils weil sie das
Unternehmen für unmöglich hielten und ihr Leben nicht
aufs Spiel setzen wollten.
So machte sidi denn Ferdinand Miller mit Tage*
DAS BRUSTSTÜCK DER BAVARIA
löhnern, Maurern und Schlossern an den Bau eines
Vergolderherdes. Dabei war es seine Hauptsorge die
Arbeiter vor gesundheitsschädlichen Einflüssen zu be*
wahren. Er erreichte dies vor allem durch Schaffung
eines künstlichen Luftzugs, indem er die Luftsäule
im Kamin durch ein Kohlenfeuer verdünnte, außer*
dem dadurch, daß der Vergolderküche möglichst viel
Luft, verschafft wurde und die Möglichkeit, die Luft
schnell zu erneuern. Des weiteren war dafür Sorge
getragen, daß die ganze Arbeit des Vergoldens unter
Glas vor sich gehen konnte und die Arbeiter stets
unter streng*
ster Aufsicht
standen.
Diese waren
außerdem
durch Frisch*
luftkanäle,die
vor dem Glas
aus schmalen
Ritzen herauf^
zogen und
dadurch das
Ausströmen
der Gase aus
dem Glasraum
verhinderten,
sowie durch
Masken und
angefeuchtete
Schwämme
vor Mund
undNasege*
schützt. Nach*
demdie zwölf
Ahnensta*
tuen vergoldet waren, ohne daß dabei auch nur ein
Menschenleben gefährdet worden wäre, stand dieser
Ofen lange Zeit unbenützt und wurde nach dem Guß
der vergoldeten Aachener Madonna ganz abgebaut.
Als an dem vergoldeten Standbild Friedrichs des
Siegreichen für den Münchener Thronsaal noch etwas
geändert werden mußte, entfernte ein Arbeiter, der
davon nichts wußte, Schrauben, mit denen die Figur
auf einem Gerüst befestigt war. Während nun Miller
ahnungslos durch die Halsöffnung in die Figur stieg,
um darin zu arbeiten und eben mit dem halben Körper
noch außerhalb, mit der anderen Körperhälfte bereits
im Innern steckte, stürzte die Statue um, fiel aber
glüddicherweise gegen eine Madonnenfigur, die gerade
daneben stand und Miller das Leben rettete. Bewußt*
los und blutüberströmt wurde er weggetragen und
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zog, lauteten „unausführbar". Die Pariser Erzgießer
lachten über die Idee, solche Kolosse vergolden zu
wollen. Der Mailänder Gießer Manfredini erklärte,
wenn eine solche Statue in Feuer vergoldet werde,
ohne drei Mann dabei zu vergiften, lasse er sich den
Hals abschneiden.
Man hielt die Arbeit für ungemein lebensgefährlich,
weil die Arbeiter gezwungen waren, die giftigen Queck*
silberdämpfe einzuatmen und man schon bei derVer*
goldungauch nur einer einzigen Statue mit dem Ver*
lust mehrerer _
Menschen*
leben zu rech*
nen hatte.
Der dama*
lige erste Ver*
golder in Pa*
ris, Mr. Blus
erklärte die-
ses Linter*
nehmen für
die idee d'un
fou, zu des*
sen Ausfüh*
rungmannur
einen zum
Tode Verur*
teilten neh*
men könne.
Trotz dieser
Sachverstän*
digengutach*
ten und der
sichentgegen*
stellenden
Schwierigkeiten gingen Stiglmaier und Miller an die
Ausführung des kühnen Planes. Es befand sich im
Nebenbau des neuen Gießhauses die jetzt als Ver*
golderei eingerichtete Werkstätte mit einem Vergolder*
herd, der jedoch zur Vergoldung der Ahnenstatuen
nicht ausreichte. So machte sich denn Miller unter Zu*
hilfenahme der gesammelten Erfahrungen an die Kon*
struktion eines neuen, größeren Ofens. Die gelernten
Vergolder wurden bei dieser Arbeit sonderbarerweise
vollständig ausgeschaltet, teils weil sie nicht die nötige
Disziplin bewahrten, sich den Anordnungen und Be*
fehlen des verantwortlichen Meisters zu fügen und
vielmehr alles besser wissen wollten, teils weil sie das
Unternehmen für unmöglich hielten und ihr Leben nicht
aufs Spiel setzen wollten.
So machte sidi denn Ferdinand Miller mit Tage*
DAS BRUSTSTÜCK DER BAVARIA
löhnern, Maurern und Schlossern an den Bau eines
Vergolderherdes. Dabei war es seine Hauptsorge die
Arbeiter vor gesundheitsschädlichen Einflüssen zu be*
wahren. Er erreichte dies vor allem durch Schaffung
eines künstlichen Luftzugs, indem er die Luftsäule
im Kamin durch ein Kohlenfeuer verdünnte, außer*
dem dadurch, daß der Vergolderküche möglichst viel
Luft, verschafft wurde und die Möglichkeit, die Luft
schnell zu erneuern. Des weiteren war dafür Sorge
getragen, daß die ganze Arbeit des Vergoldens unter
Glas vor sich gehen konnte und die Arbeiter stets
unter streng*
ster Aufsicht
standen.
Diese waren
außerdem
durch Frisch*
luftkanäle,die
vor dem Glas
aus schmalen
Ritzen herauf^
zogen und
dadurch das
Ausströmen
der Gase aus
dem Glasraum
verhinderten,
sowie durch
Masken und
angefeuchtete
Schwämme
vor Mund
undNasege*
schützt. Nach*
demdie zwölf
Ahnensta*
tuen vergoldet waren, ohne daß dabei auch nur ein
Menschenleben gefährdet worden wäre, stand dieser
Ofen lange Zeit unbenützt und wurde nach dem Guß
der vergoldeten Aachener Madonna ganz abgebaut.
Als an dem vergoldeten Standbild Friedrichs des
Siegreichen für den Münchener Thronsaal noch etwas
geändert werden mußte, entfernte ein Arbeiter, der
davon nichts wußte, Schrauben, mit denen die Figur
auf einem Gerüst befestigt war. Während nun Miller
ahnungslos durch die Halsöffnung in die Figur stieg,
um darin zu arbeiten und eben mit dem halben Körper
noch außerhalb, mit der anderen Körperhälfte bereits
im Innern steckte, stürzte die Statue um, fiel aber
glüddicherweise gegen eine Madonnenfigur, die gerade
daneben stand und Miller das Leben rettete. Bewußt*
los und blutüberströmt wurde er weggetragen und
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