kannten Goldschmiedeindustrie und Gewerbetätigkeit einen
achtunggebietenden Faktor dar. Im 14. Jahrhundert wurde diese
Tradition begründet, fand ihren Mittelpunkt in den bau- und
kunstgewerblichen Hütten und Werkstätten für den Bau der
Hl. Kreuzkirche. Walter Klein hat in jahrelanger, unermüdlicher
Arbeit das Porträt dieser geschichtlicden Entwicklung der
Gmündener Kunst entworfen, die zahlreichen Materialien der
erhaltenen Sammlungen, insbesondere der von K. R. Erhard ver-
arbeitet, überraschende Resultate erzielt und ein im ganzen ge-
rundetes Bild der Gmünder Kunst bis auf die Gegenwart ent-
worfen.
Der erste Band ist, wie nicht anders zu erwarten, dem Gmünder
Goldschmiedegewerbe gewidmet. Walter Klein geht dabei von
den prachtvollen ParlcrsMonstranzen zu Prag aus, für die er für
Gmünd allerdings nur die geistige Urheberschaft in der Fertigung
oder Beeinflussung des Entwurfes in Anspruch nimmt. Die heimat-
liche, zur Schule sich verdichtende Goldschmiedewerkstätte be-
ginnt nach Klein mit dem Meisterwerk ,,Der Kalvarienberg"
und den sonstigen Werken der Kreuzkirche aus dem 14. Jahr»
hundert. Eigentlich nie ganz unterbrochen, führt diese Gmünder
Goldschmiedeschule ins 19. Jahrhundert, in dem die fabrikations-
mäßige Herstellung von Gold- und Silberwaren mit der Klein-
werkstätte Augustin Weitmann anhebt. Eine Reihe von Fabriken
entstanden: G. F. Haag, Kott, Walter und Forster, Nikolaus Ott
und Kuttler, dann die berühmten Fabriken, die Gottlieb Erhard
gründete und in seiner Familie weiterpflanzte. Im Jahre 1870
bestanden 36 fabrikmäßige Betriebe, die sich bereits in Branchen
teilten. Der Wert des verarbeiteten Edelmetalls belief sich auf
2 000000 Gulden, die Silbermenge auf 130 Zentner. In den
letzten 40 bis 50 Jahren hat sich auch die Gmünder Industrie
hauptsächlich auf den Export geworfen und war den Stil-
schwankungen und Modelaunen nicht minder unterworfen, wie
ähnliche Betriebe in anderen Städten. Daß aber auch hier ein
großer Aufschwung zu verzeichnen ist, beweist Walter Klein
in dem vierten Band mit der Behandlung und Abbildung der
Arbeiten aus der Staatlichen höheren Fachschule, die ein be-
trächtliches Maß von Geschmack und Streben aufweisen, nichts
unberücksichtigt zu lassen, was an stilbildenden Kräften in der
Gegenwart liegt. Walter Klein hat dem Werke ein ausgezeich-
netes Verzeichnis von Beschau- und Meisterzeichnen der
Gmünder Goldschmiede seit Ende des 16. Jahrhunderts bei-
gegeben.
Ein Werk von ähnlicher Gründlichkeit und allgemein kultureller
Bedeutung ist Kleins Untersuchung über das Zinngießerhand-
werk. Auch hier zeigt sich, daß eine gute reichsstädtische
Tradition Werke von allgemeinem Wert geschaffen und erhalten
hat. In den Gmünder Barock führt die Monographie über den
Baumeister Johann Michael Keller, dessen Familie aus dem Ries
(aus der Nähe von Dinkelsbühl) stammt. Die alte Patrizier-
familie Stahl war gewissermaßen der Anlaß, daß sich ein immer-
hin sehr bedeutender Baumeister, eben Johann Michael Keller, in
Gmünd festsetzte, die Stadt mit einer Reihe kirchlichen und
profanen Bauten schmückte und vor allem die bürgerliche Bau-
kunst mächtig entwickelte. Gegen dreißig Bauten führt Klein
auf, die durchweg in feinstem Geschmack einen interessanten
Ausschnitt individuell gefühlter Barockbaukunst geben. Die
Arbeit ist um so wertvoller, als in den letzten beiden Kapiteln
auch ein Blick auf die gleichzeitigen Meister der Dekorations-
malerei und des Kunstgewerbes geworfen wird.
Mit besonderer Freude verweilt Klein bei der modernen Gmün-
der Kunst. Eine weite Fläche nimmt dabei die Bildhauerwerk-
stätte Jakob Wilhelm Fehries ein, der aus dem Ziseleur in der
Metallwarenfabrik Erhard 'S) Söhne in der Schule des Bild-
hauers Wilhelm Widemann zum Plastiker herangebildet, in Paris
die innigsten Beziehungen zur Moderne eingesogen, und angeregt
durch die zahlreichen Denkmäler des Mittelalters, wie aber auch
des fernen Ostens, die Paris in sich birgt, nunmehr einen Stil
sich ausgebildet hat, dessen Herkunft zwar unzweideutig, aber
zu einer inneren selbständigen Empfindung und Formsprache
geworden ist. Eine etwas andere Richtung geht der Plastiker
Karl Deuble, der stark modern empfindende Albert Holl und der
schon leicht übersteigernde Alfons Feuerte, dessen Medaillen
und Plaketten besonderen Eindruck machen. Unter den Gold-
schmieden finden sich bewährte Namen: Albert Holwein, Ricfiard
Pleuer, Hermann Schmidt. Die aus der Staatlichen Fachschule,
Klasse Feuerle, abgebildeten Arbeiten aus Messing und Bronze
weisen auf eine von ernstem, fortschrittlichen Geist geleitete kunst-
handwerkliche Werkstätte von Kultur und Tradition hin, ebenso
die Arbeiten der Hammerschmidklasse. Zu erwähnen wären noch
die Perlstickereien, Elfenbeinarbeiten. Es ist ein Bild regsten
künstlerischen Lebens.
RENAISSANCE-
Spezial-Werkstätten Rau
München, Thalkirchnerstr. 37
Gesamtschriftleitung: Prof. Dr. J. L. Fischer, München, Konradstr. l/i, an dessen Adresse alle die Redaktion betreffenden Briefe, Sendungen etc. zu richten sind.—
Für den Abschnitt „Aus dem Vereinsleben" verantwortlich; Dr. Paul Danzer, geschäftsf. Direktor des Bayer. Kunstgewerbevereins" — Herausgeber u. Verlag
Bayer. Kunstgewerbeverein München, Pfandhausstr. 7, Tel. 22950. Für die Anzeigen verantwortl.: F. C. Mayer — Druck von J. Schön — alle in München.
80
achtunggebietenden Faktor dar. Im 14. Jahrhundert wurde diese
Tradition begründet, fand ihren Mittelpunkt in den bau- und
kunstgewerblichen Hütten und Werkstätten für den Bau der
Hl. Kreuzkirche. Walter Klein hat in jahrelanger, unermüdlicher
Arbeit das Porträt dieser geschichtlicden Entwicklung der
Gmündener Kunst entworfen, die zahlreichen Materialien der
erhaltenen Sammlungen, insbesondere der von K. R. Erhard ver-
arbeitet, überraschende Resultate erzielt und ein im ganzen ge-
rundetes Bild der Gmünder Kunst bis auf die Gegenwart ent-
worfen.
Der erste Band ist, wie nicht anders zu erwarten, dem Gmünder
Goldschmiedegewerbe gewidmet. Walter Klein geht dabei von
den prachtvollen ParlcrsMonstranzen zu Prag aus, für die er für
Gmünd allerdings nur die geistige Urheberschaft in der Fertigung
oder Beeinflussung des Entwurfes in Anspruch nimmt. Die heimat-
liche, zur Schule sich verdichtende Goldschmiedewerkstätte be-
ginnt nach Klein mit dem Meisterwerk ,,Der Kalvarienberg"
und den sonstigen Werken der Kreuzkirche aus dem 14. Jahr»
hundert. Eigentlich nie ganz unterbrochen, führt diese Gmünder
Goldschmiedeschule ins 19. Jahrhundert, in dem die fabrikations-
mäßige Herstellung von Gold- und Silberwaren mit der Klein-
werkstätte Augustin Weitmann anhebt. Eine Reihe von Fabriken
entstanden: G. F. Haag, Kott, Walter und Forster, Nikolaus Ott
und Kuttler, dann die berühmten Fabriken, die Gottlieb Erhard
gründete und in seiner Familie weiterpflanzte. Im Jahre 1870
bestanden 36 fabrikmäßige Betriebe, die sich bereits in Branchen
teilten. Der Wert des verarbeiteten Edelmetalls belief sich auf
2 000000 Gulden, die Silbermenge auf 130 Zentner. In den
letzten 40 bis 50 Jahren hat sich auch die Gmünder Industrie
hauptsächlich auf den Export geworfen und war den Stil-
schwankungen und Modelaunen nicht minder unterworfen, wie
ähnliche Betriebe in anderen Städten. Daß aber auch hier ein
großer Aufschwung zu verzeichnen ist, beweist Walter Klein
in dem vierten Band mit der Behandlung und Abbildung der
Arbeiten aus der Staatlichen höheren Fachschule, die ein be-
trächtliches Maß von Geschmack und Streben aufweisen, nichts
unberücksichtigt zu lassen, was an stilbildenden Kräften in der
Gegenwart liegt. Walter Klein hat dem Werke ein ausgezeich-
netes Verzeichnis von Beschau- und Meisterzeichnen der
Gmünder Goldschmiede seit Ende des 16. Jahrhunderts bei-
gegeben.
Ein Werk von ähnlicher Gründlichkeit und allgemein kultureller
Bedeutung ist Kleins Untersuchung über das Zinngießerhand-
werk. Auch hier zeigt sich, daß eine gute reichsstädtische
Tradition Werke von allgemeinem Wert geschaffen und erhalten
hat. In den Gmünder Barock führt die Monographie über den
Baumeister Johann Michael Keller, dessen Familie aus dem Ries
(aus der Nähe von Dinkelsbühl) stammt. Die alte Patrizier-
familie Stahl war gewissermaßen der Anlaß, daß sich ein immer-
hin sehr bedeutender Baumeister, eben Johann Michael Keller, in
Gmünd festsetzte, die Stadt mit einer Reihe kirchlichen und
profanen Bauten schmückte und vor allem die bürgerliche Bau-
kunst mächtig entwickelte. Gegen dreißig Bauten führt Klein
auf, die durchweg in feinstem Geschmack einen interessanten
Ausschnitt individuell gefühlter Barockbaukunst geben. Die
Arbeit ist um so wertvoller, als in den letzten beiden Kapiteln
auch ein Blick auf die gleichzeitigen Meister der Dekorations-
malerei und des Kunstgewerbes geworfen wird.
Mit besonderer Freude verweilt Klein bei der modernen Gmün-
der Kunst. Eine weite Fläche nimmt dabei die Bildhauerwerk-
stätte Jakob Wilhelm Fehries ein, der aus dem Ziseleur in der
Metallwarenfabrik Erhard 'S) Söhne in der Schule des Bild-
hauers Wilhelm Widemann zum Plastiker herangebildet, in Paris
die innigsten Beziehungen zur Moderne eingesogen, und angeregt
durch die zahlreichen Denkmäler des Mittelalters, wie aber auch
des fernen Ostens, die Paris in sich birgt, nunmehr einen Stil
sich ausgebildet hat, dessen Herkunft zwar unzweideutig, aber
zu einer inneren selbständigen Empfindung und Formsprache
geworden ist. Eine etwas andere Richtung geht der Plastiker
Karl Deuble, der stark modern empfindende Albert Holl und der
schon leicht übersteigernde Alfons Feuerte, dessen Medaillen
und Plaketten besonderen Eindruck machen. Unter den Gold-
schmieden finden sich bewährte Namen: Albert Holwein, Ricfiard
Pleuer, Hermann Schmidt. Die aus der Staatlichen Fachschule,
Klasse Feuerle, abgebildeten Arbeiten aus Messing und Bronze
weisen auf eine von ernstem, fortschrittlichen Geist geleitete kunst-
handwerkliche Werkstätte von Kultur und Tradition hin, ebenso
die Arbeiten der Hammerschmidklasse. Zu erwähnen wären noch
die Perlstickereien, Elfenbeinarbeiten. Es ist ein Bild regsten
künstlerischen Lebens.
RENAISSANCE-
Spezial-Werkstätten Rau
München, Thalkirchnerstr. 37
Gesamtschriftleitung: Prof. Dr. J. L. Fischer, München, Konradstr. l/i, an dessen Adresse alle die Redaktion betreffenden Briefe, Sendungen etc. zu richten sind.—
Für den Abschnitt „Aus dem Vereinsleben" verantwortlich; Dr. Paul Danzer, geschäftsf. Direktor des Bayer. Kunstgewerbevereins" — Herausgeber u. Verlag
Bayer. Kunstgewerbeverein München, Pfandhausstr. 7, Tel. 22950. Für die Anzeigen verantwortl.: F. C. Mayer — Druck von J. Schön — alle in München.
80