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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 78.1928

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Gröber, Karl: Vom Wesen und Zweck des Kinderspielzeuges
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https://doi.org/10.11588/diglit.7095#0058
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auch für ihn ift wahrlich ein Rückblick auf das
Alte nicht von Schaden. Die taufendjährige
Erfahrung, die aus den Erzeugniffen der Vor-
zeit fpricht, kann von manchem gewertet
werden, ohne daß er an feinem künftlerifchen
Gewiffen Schaden zu nehmen braucht. Die
Lehren, die das alte Spielzeug gibt, liegen
auf zwei Gebieten, auf feiner formalen und
auf feiner technifchen Ausgeftaltung. Der mo-
derne künftlerifch eingeteilte Herfteller von
Kinderfpielzeug betrachtet diefes meift als
eine rein künftlerifche Angelegenheit. Darum
fchenkt er oft dem Kinde ein Kunftwerk, mit
dem es nichts, aber auch gar nichts anfangen
kann. Das künftlerifche Durchbilden diefer
einfachfein-müffenden Gegenftände ift recht
und gut, aber es ift immer zu bedenken, daß
zu viel Kunft und ganz befonders zu viel
Künftlichkeit nur fchaden kann. Man foll ja
dem Kinde gut und einwandfrei geformtes

Spielzeug geben, fchon um unferer felbft
willen, denn dem Kinde in feinen erften Le-
bensjahren ift es völlig gleichgültig, wie fein
Pferdchen, Häschen oder feine Puppe aus-
fieht, und jede Mutter weiß, daß oft das kit-
fchigfte Spielzeug dem Kinde viel mehr am
am Herzen liegt als ein noch fo künftlerifch
ausgeführtes. Es ift immer das einfache Spiel-
zeug, das es liebt. Was heute in Auftei-
lungen und in kunftgewerblichen Läden als
Spielzeug gezeigt wird, verdient diefen Na-
men oft wahrlich nicht. Die Zweckbeftim-
mung bleibt völlig unberückfichtigt und ein
großer Teil des fogen. modernen Spielzeugs
weift einen folchen Grad von Unkenntnis und
Unverftändnis der kindlichen Pfyche auf, daß
man lieh wirklich wundern muß. Das funda-
mentalfte Erfordernis, daß das Kind mitSpiel-
zeug auch fpielen kann, bleibt völlig unbe-
rückfichtigt. Es geht nicht an, daß jeder kunft-

Deutfch, Ende des 16. Jahrliundetts

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