-33-
kaum Einhalt. Vielmehr zog ihn das Haus im Hintergrund an, das sich
mit seinem Zaun wie ein Riegel quer durch die Landschaft legte und ihn
dadurch als erstes Motiv ernsthaft an einer Weiterwanderung in die
Raumtiefe hinderte. Die Grenze des Vordergrundes wurde optisch also
in den Hintergrund verlegt und infolge der hierdurch erreichten Kom-
munikation beider Raumgründe wurde im Vordergrund bereits etwas von
der Weite des Hintergrundes spürbar. Wanderte der Blick vom Häus-
chen aus weiter in die Landschaft hinein, dann prallte er auf den jäh
aufsteigenden Fels, der ihm ein ferneres Eindringen in die Tiefe ver-
wehrte und ihn empfinden ließ, daß der Raum der Landschaft eigentlich
doch ein ziemlich begrenzter war.
Im Holzschnitt kehren sich die Verhältnisse beinahe um. Dürer schränkt
den Vordergrundsraum optisch ein, sondert ihn von der Landschaft hin-
ten stärker ab und erschließt in dieser tiefere Raumschichten.
Die Heimsuchungsgruppe rückt etwas näher an den unteren Bildrand her-
an. Die dichtere Füllung des übrigen Vordergrundbodens durch Mono-
grammtäfelchen, Stein, Lattichpflanze und Sockelbank wurde an anderer
Stelle bereits erwähnt, ebenso, daß sich der Abstand zwischen der Sok-
kelbank und dem Pintscher verkürzt. Die Distanz zwischen Elisabeth
und dem Haus wird gleichfalls geringer. Indem aber der Hund den schma-
ler gewordenen Durchlaß versperrt, das Gebüsch hinten sich zu einer
trennenden Hecke verdichtet, deren dunkle Silhouette sich scharf von
der in gleißendes Sonnenlicht getauchten Landschaft abhebt, und in die-
ser Landschaft das den Blick anziehende Häuschen verschwindet, wird
die beide Raumgründe verbindende Blickbahn in ihrer bisherigen Wirk-
samkeit auf gehoben.
Eine veränderte Verteilung von Licht und Schatten läßt jetzt außerdem
in der Bildfläche oberhalb des Hundes einen regelmäßigen Wechsel bild-
parallel verlaufender dunkler und heller Streifen entstehen, was sich
ebenfalls hemmend auf die Tiefenwanderung des Blickes auswirkt. Rech-
terhand läßt die Tanne den Durchblick vom Vorder- zum Hintergrund
auch weiter nach oben zu schmaler werden als der Laubbaum der Zeich-
nung und trägt auf diese Weise zur Abschirmung des Platzes vorn von
der offenen Landschaft hinten bei.
In der Hintergrundslandschaft wird dagegen die Sicht auf die in tiefer
Ferne liegende Bergkette, von der in der Vorzeichnung nur ein Gipfel
zu erblicken war, völlig freigelegt, weil das Felsmassiv beträchtlich
einschrumpft und sich den hinter ihm liegenden Bergen unterordnet.
Infolge der Horizontsenkung wird ein breiterer Himmelsstreifen sicht-
bar, als durch die Formaterhöhung allein geschehen wäre. So weitet
sich die Landschaft in die Tiefe und Höhe wesentlich aus.
In B. 84 findet nun auch eine kontinuierlichere Raumerschließung als
in W. 293 statt.
Zwar ist die Blickbahn, die vorher beide Raumgründe erschloß, ver-
stellt worden. Sie verschwindet aber nicht ganz. Man bemerkt ja nicht
auf den ersten Blick, daß der hintere Abschnitt der Sockelbank nur die
halbe Mauerstärke des vorderen erreicht, und nimmt daher an, die
Sockelbank verkürze sich perspektivisch viel rascher, als es tatsäch-
kaum Einhalt. Vielmehr zog ihn das Haus im Hintergrund an, das sich
mit seinem Zaun wie ein Riegel quer durch die Landschaft legte und ihn
dadurch als erstes Motiv ernsthaft an einer Weiterwanderung in die
Raumtiefe hinderte. Die Grenze des Vordergrundes wurde optisch also
in den Hintergrund verlegt und infolge der hierdurch erreichten Kom-
munikation beider Raumgründe wurde im Vordergrund bereits etwas von
der Weite des Hintergrundes spürbar. Wanderte der Blick vom Häus-
chen aus weiter in die Landschaft hinein, dann prallte er auf den jäh
aufsteigenden Fels, der ihm ein ferneres Eindringen in die Tiefe ver-
wehrte und ihn empfinden ließ, daß der Raum der Landschaft eigentlich
doch ein ziemlich begrenzter war.
Im Holzschnitt kehren sich die Verhältnisse beinahe um. Dürer schränkt
den Vordergrundsraum optisch ein, sondert ihn von der Landschaft hin-
ten stärker ab und erschließt in dieser tiefere Raumschichten.
Die Heimsuchungsgruppe rückt etwas näher an den unteren Bildrand her-
an. Die dichtere Füllung des übrigen Vordergrundbodens durch Mono-
grammtäfelchen, Stein, Lattichpflanze und Sockelbank wurde an anderer
Stelle bereits erwähnt, ebenso, daß sich der Abstand zwischen der Sok-
kelbank und dem Pintscher verkürzt. Die Distanz zwischen Elisabeth
und dem Haus wird gleichfalls geringer. Indem aber der Hund den schma-
ler gewordenen Durchlaß versperrt, das Gebüsch hinten sich zu einer
trennenden Hecke verdichtet, deren dunkle Silhouette sich scharf von
der in gleißendes Sonnenlicht getauchten Landschaft abhebt, und in die-
ser Landschaft das den Blick anziehende Häuschen verschwindet, wird
die beide Raumgründe verbindende Blickbahn in ihrer bisherigen Wirk-
samkeit auf gehoben.
Eine veränderte Verteilung von Licht und Schatten läßt jetzt außerdem
in der Bildfläche oberhalb des Hundes einen regelmäßigen Wechsel bild-
parallel verlaufender dunkler und heller Streifen entstehen, was sich
ebenfalls hemmend auf die Tiefenwanderung des Blickes auswirkt. Rech-
terhand läßt die Tanne den Durchblick vom Vorder- zum Hintergrund
auch weiter nach oben zu schmaler werden als der Laubbaum der Zeich-
nung und trägt auf diese Weise zur Abschirmung des Platzes vorn von
der offenen Landschaft hinten bei.
In der Hintergrundslandschaft wird dagegen die Sicht auf die in tiefer
Ferne liegende Bergkette, von der in der Vorzeichnung nur ein Gipfel
zu erblicken war, völlig freigelegt, weil das Felsmassiv beträchtlich
einschrumpft und sich den hinter ihm liegenden Bergen unterordnet.
Infolge der Horizontsenkung wird ein breiterer Himmelsstreifen sicht-
bar, als durch die Formaterhöhung allein geschehen wäre. So weitet
sich die Landschaft in die Tiefe und Höhe wesentlich aus.
In B. 84 findet nun auch eine kontinuierlichere Raumerschließung als
in W. 293 statt.
Zwar ist die Blickbahn, die vorher beide Raumgründe erschloß, ver-
stellt worden. Sie verschwindet aber nicht ganz. Man bemerkt ja nicht
auf den ersten Blick, daß der hintere Abschnitt der Sockelbank nur die
halbe Mauerstärke des vorderen erreicht, und nimmt daher an, die
Sockelbank verkürze sich perspektivisch viel rascher, als es tatsäch-