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Die Kunde — N.F.10.1959

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Heft 3-4
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Wegewitz, Willi: Urnen der Stufe von Jastorf mit Randausschnitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.71587#0297

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förmigen Formen vorherrschend. In der Stufe von Ripdorf geben die weit-
mündigen Schalen und Töpfe mit scharf abgesetzten Rändern den Funden
das Gepräge. Die Fortsetzung dieser Entwicklung können wir über die Stufe
von Seedorf bis in die ältere Kaiserzeit (Stufe von Darzau) beobachten.
In der jüngeren Kaiserzeit (Stufe von Rebenstorf) sind die Schalenurnen
ganz und gar vorherrschend. Der Wechsel der Formen von hohen Vorrats-
gefäßen zu niedrigen Schalen und weitmündigen Töpfen ist dadurch bedingt,
daß man in der Stufe von Ripdorf mit der Zertrümmerung des Leichenbrandes
beginnt. Ob die Zerkleinerung des Leichenbrandes durch eine Vervollkomm-
nung der Verbrennungsmethode zu erklären ist, oder ob es sich nur um eine
mechanische Zertrümmerung großer Knochenstücke handelt, ließ sich bis jetzt
nicht klären.
Bei der Untersuchung der Urnen sieht man, daß fast immer die Stand-
flächen stark abgenutzt sind. Das läßt darauf schließen, daß die Töpfe im
Haushalt längere Zeit im Gebrauch waren. Bei sorgfältiger Freilegung im un-
gestörten Boden kann man beobachten, daß eine Anzahl von Urnen beschädigt
beigesetzt wurden. Ob der abgebrochene Henkel, der fehlende Boden oder
der Riß in der Wandung die Ursache war, daß der Topf als Urne benutzt
wurde, oder ob die Beschädigungen bei der Beisetzung ausgeführt wurden,
läßt sich nicht nachweisen. Man könnte ein absichtliches Zerstören der Gefäße
in Erwägung ziehen, wie man das Verbiegen und Zerbrechen der Metallbei-
gaben immer wieder beobachten kann. Aus einseitigen Brandspuren an den
Töpfen kann man schließen, daß sie am Scheiterhaufen gestanden haben.
Nachdem sie den Brand überstanden hatten, wurden sie als Urne verwendet.
Zu welchem Zweck die als Urnen benutzten Gefäße im Haushalt gebraucht
wurden, läßt sich in manchen Fällen nachweisen. Es gibt Urnen, in denen ver-
krustete Speisereste beweisen, daß sie ursprünglich als Kochtöpfe dienten.
Besonders bei dem importierten Bronzegeschirr, das seit dem 1. Jahrh. v. Chr.
auf unseren Urnenfriedhöfen vorkommt, läßt sich durch den Ruß nachweisen,
daß der Bronzekessel zum Kochen benutzt wurde. In La Tene am Neuenburger
See wurden dieselben Kessel mit den schweren Eisenringen, wie wir sie z. B.
aus Harsefeld 10 und Ehestorf-Vahrendorf 11 kennen, mit den dazugehörenden
Kesselhaken gefunden 12. Die Beigaben reicher Gräber aus dem 1. und 2. Jahr-
hundert mit importiertem Bronzegeschirr lassen erkennen, daß es sich um
ein Trinkservice handelt. Es ist eine Ausstattung für das Jenseits mit dem
Eigentum des Toten, damit er auch noch die Tafelfreuden genießen kann.
Man darf vermuten, daß die als Urnen verwendeten Gefäße irgendeine
Beziehung zum Toten hatten oder für den Gebrauch im Jenseits zur Verfü-
gung stehen sollten. In der Stufe von Jastorf ist das große tonnenförmige
Vorratsgefäß mit einer Schale bedeckt, die als Eßschüssel gedient haben kann.
Als Beigaben stehen auf dem Leichenbrand kleine Gefäße von verschiedener
Form, Miniaturausgaben der großen Töpfe. Es ist sehr wahrscheinlich, daß
einige dazu gedient haben, Speisen mitzugeben. In der Jungsteinzeit war es
üblich, die Gräber mit reichen Speisebeigaben auszustatten. In den mittel-
deutschen Steinkistengräbern wurden als Beigaben Rinder und Schweine be-
obachtet. Die kleinen Beigefäße der älteren Eisenzeit deuten die Mitgabe von
Speisen nur noch symbolhaft an.

10 Wegewitz, Willi, a. a. O. 1937. Tafel 3.

11 Wegewitz, Willi, a. a. O. 1955. Abb. 9 u. 10.

12 Vouga, Paul, La Tene, Monographie de la Station, 1923, Tafel XXVII.

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