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Die Kunde — N.F.10.1959

DOI issue:
Heft 3-4
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Nietsch, Helmuth: Vorgeschichtsfunde in Weserauenlehm
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https://doi.org/10.11588/diglit.71587#0307

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Ist aber wirklich Grund zur Annahme größerer säkularer Schwankungen
der Hochwasserverhältnisse gegeben, so erfordert unter den klimatischen
Ursachen das Winterklima besondere Beachtung (Verf. 1955). Von
größter Bedeutung sind daneben für das ganze Hochwassergeschehen, wie
bekannt, B ewa1dungsgrad und -art im Einzugsgebiet. Die tiefe
Ausräumung der mehrere Kilometer breiten Talaue noch im Postglazial, erst
recht aber deren teilweise Wiederauffüllung durch mächtige Kies- und Schot-
termassen in der ganzen Talbreite, die nach den bisher schon vorliegenden
pollenanalytischen Datierungen in sie wieder eingetiefter Rinnen außerdem
sehr schnell vor sich gegangen sein müßte, setzt eine ganz andere Abfluß-
dynamik voraus, als sie für das bewaldete Weserland der Nacheiszeit auch
nur im geringsten wahrscheinlich ist.
Noch zu einem anderen Punkt sei eine kritische Bemerkung erlaubt: Un-
zweifelhaft ist der Hinweis auf ein so langes Überleben des Gebrauchs von
Feuersteinwerkzeugen bis in die Eisenzeit hinein, den die Grabung erbrachte,
recht aufschlußreich. Aber die Begründung, welche die Möglichkeit einer Ver-
mengung der eisenzeitlichen Kulturschicht mit der Hinterlassenschaft irgend-
einer jungsteinzeitlichen Siedlung ausschließen soll, ist fast geeignet, einen
recht wahrscheinlichen Zusammenhang wieder in Zweifel zu setzen. Diese
Begründung beruht auf der Annahme einer erst bronzezeitlichen Entstehung
des Auenlehmprofils an der Fundstätte; weiter unten wird aber zugegeben,
daß diese Voraussetzung durchaus hypothetisch und in ihrer Deduktion auch
schon durch einzelne pollenanalytische Befunde widerlegt ist. Dabei ist sie in
Bezug auf die Entstehung der ganzen Lehmschicht nicht einmal nötig, da es
ja nur auf das Höchstalter der der Fundschicht entsprechenden ehemaligen
Oberfläche ankommt. Bis auf weiteres wird nur einer recht hohen Wahr-
scheinlichkeit für einen posthumen neolithischen Einschlag zuzustimmen sein.
Mit Spannung wird man weiteren Ausführungen über die von Strautz
auf Grund einer Bohrkartierung aufgestellte Altersgliederung der Auenlehm-
decke des ganzen Talabschnitts entgegensehen. Dies um so mehr, wenn man
sich der Schwierigkeiten einer solchen Aufgabe nur zu gut bewußt ist. So
bestehen innerhalb der bei Wellie ausgeschiedenen vorchristlichen Auenlehm-
decke (h) beträchtliche fazielle Unterschiede sowohl hinsichtlich des Ton-
gehaltes wie der Färbung, die auch auf altersmäßige Verschiedenheiten inner-
halb dieser Decke schließen lassen. Beispielsweise war 1956 durch den Abbau
der Ziegelei Albert ein in der ganzen Profilmächtigkeit auffallend dunkler,
aber nicht humoser, recht „fetter" Ton aufgeschlossen, der sich wesentlich von
dem an der Urnenfundstelle und, nach einer von Herrn Müller von der
Ziegelei Wittenberg mir freundlichst an Ort und Stelle gegebenen Be-
schreibung, auch von dem an der Grabungsstelle von 1958 vorhandenen Lehm
unterschied.
Im Grundsätzlichen des von Strautz nach seinen Untersuchungen ent-
worfenen Bildes decken sich die beiderseitigen Auffassungen in erfreulicher
Weise. Es bestätigt sich eine weit zurückreichende Geschichte der jüngsten
geologischen Bildung des nacheiszeitlichen Wesertales. Uber mindestens zwei
Jahrtausende zurück läßt sich auch ihr bisher letzter Hauptabschnitt verfol-
gen. Er steht trotz ständigen Wandels im Wechsel örtlicher Abtragung und
Neubildung, oft auf kleinstem Raum, im Zeichen der Bewahrung der Auen-
lehmdecke im ganzen.

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