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Doch das Ziel ist gesteckt! das Fehlende wird er-
kannt und gefühlt, und bleibt Zeit und Gunst der Um-
stände sich gleich, so ist an einer fortschreitenden Erwei-
terung und Vollendung der Sammlung für die Zukunft
nicht zu zweifeln. Alsdann wird auch noch die spanische
Malerschule, die nach allem, was von ihr bekannt ist,
der allergrößten Beachtung würdig erscheint, die ihr ge-
bührende Berücksichtigung finden, und was in der fran-
zösischen Ausgezeichnetes ssich findet, zu dem hier schon
in großer Anzahl Vorhandenen erworben werden.

Jndeß obwohl darauf bedacht, das den einzelnen
Schulen Gehörige zu scheiden und nach der Zeitfolge an-
zuordnen, war doch die Chronologie der Malerei
nicht dasjenige, worauf man ausschließlich lossteuerte.
Schon die räumlichen Schwierigkeiten würden eine rein
chronologische Ordnung unmöglich machen, und gebieten,
nachdem man die Ausscheidung der Schulen und Zeitalter
vollendet hak, in jeder einzelnen Zeitfolge das der Aus-
dehnung nach sich Ergänzende und zu einander Paffende
zusammen zu stellen. Dazu ist eine solche Sammlung zu-
gleich bestimmt, ästhetischen Kunstgenuß zu gewäh-
ren, und wenn wir auch nicht dieses, wie in der Vor-
rede zum Katalog geschieht, für ihren Hauptzweck er-
klären möchten, so steht er doch in gleicher Wichtigkeit
neben dem oben bezeichneten der kunsthistorischen Be-
lehrung, ja man darf sagen, daß für einen wohlunter-
richteten Beschauer der Kunstgenuß von der Einsicht
in die Folge und der auseinander hervorgehenden Eigen-
thümlichkeiten der einzelnen Schulen nicht zum wenigsten
bedingt ist. Jndeß wenn auch nicht, weil wir den ästhe-
tischen Genuß für den Hauptzweck halten, so doch weil
wir glauben, daß auf beide Zwecke möglich Bedacht zu
nehmen und eine Vermittlung von beiden zu suchen war,
können wir es nicht anders als billigen, daß vieles, was nur
kunsthistorisch merkwürdig ist, da wo der Sache schon
durch andere Bilder genug gethan war, in den großen
Vorräthen, über die man gebot, überwogen, oder in be-
sondern Cabinetten der Jncunabeln der italienischen und
deutschen Schulen zusammengestellt worden ist.

Eine andere Frage wäre, ob es nicht zweckmäßig
würde gewesen seyn, die alte italienische Malerei bis
Gian Bellino in Venedig, Dvminicv Ghirlandajo in
Florenz, Francesco Francia in Bologna und
Pietro Peruginv zusammen zu nehmen und in Einer
großen Abtheilung zu vereinigen, während man jetzo auch
nach Ausscheidung der Jncunabeln bei jeder Schule, von
vorne beginnt, und immer auf ähnliche Arten und Be-
strebungen zurückgeführt wird. Denn offenbar ist vor der
Schule des Pietro Peruginv das Typische überall vor-
herrschend und eben wegen seiner Natur dem Wesen nach
übereinstimmend. Erst mit Raphael, Leonardo da Vinci,
Correggio und Tizian gehen die Schulen und Arten wahr-

| Haft auseinander, und es würde, im Fall man das Beste
« der größten Meister, das man besaß, wieder in Eine
Sammlung vereinigt hätte, diese durch Zusammenstellung
I des Verschiedenartigen eben so belehrend gewesen seyn,
wie jene durch Verbindung des Uebereinstimmenden, wäh-
rend jetzo das der vollendeten Kunst Angehörige unter
der Menge der ältern Werke sich beinahe verliert und
diese bis zum Eintritt der Schulen, welche von der alten
typischen Malerei sich ganz losgesagt hatten, vorherrschend,
ja fast allein herrschend erscheint. Doch verkennen wir
auch nicht das Gewicht der Gründe, welche, abgesehen
von diesem llebelstande, für die Spaltung nach Schulen
und für das Zurückgehen in die Anfänge der Einzelnen
entscheiden konnten, und finden eine Milderung der hier
nvthwendigcn Folge darin, daß man die großen und um-
fassenden Schulen des mittleren Italiens, Bologna, Flo-
renz, Siena und Rom zusammengenommen hat.

In dem Kataloge finden wir. besondere Sorgfalt auf
die genaue Bezeichnung der Gemälde in Rücksicht auf
Zeit, Schule und Meister gewendet, und die anerkannte
Geschicklichkeit des Herrn Dr. Waagen in diesem Fache
wurde hier durch das Zusammentreffen so großer Schätze
des den einzelnen Schulen Angehörigen, durch die beträcht-
liche Anzahl des historisch, d. h. durch Jahrzahlen und
Namensunterschriften der Urheber Beglaubigten, so wie
durch die große Kunde des Herrn Baron von Rumohr
unterstützt, dem der Verfasser am Schluffe seiner Vorrede
seinen Dank für die warme und ersprießliche Theiluahme
ausspricht, „welche derselbe an der königliche» Gallerie
„des Museums genommen, und die sich mit gleich gün-
„stigem Erfolge auf alle Theile, die Auswahl, Bestim-
„mung und Anordnung der Gemälde erstreckt hat."

An Jncunabeln sind in zwei einander gegenüber lie-
genden Lokalitäten, in drei Klaffen vertheilt, zusammen
186 Bilder ausgestellt, und zwar in der ersten Klasse von
Byzantinern und aus Schulen des Mittlern Italiens,
106, darunter besonders viele schöne Bilder aus der
Schule von Siena; ttt der zweiten Klasse 42 Bilder
von Venezianern und Lombarden; die übrigen 36 der
dritten Klasse aus den niederländischen und deutschen
Schulen von Coln (von Meister Wilhelm an) von Nürn-
berg und andern Orten und Ländern.

Daneben sind die Italiener, nämlich Venezianer,
Lombarden und die von Mittelitalien sammt den Nach-
ahmern, den Schülern der Carracci und den Akademi-
kern in der Gallerie selbst mit 497 Bildern, die Nieder-
ländischen und Deutschen mit 515 Bildern ausgenom-
men, so daß die ganze im Museum vereinigte Samm-
lung den großen Reichthum von 1198 Gemälden dar-
bietet.

Cs kann nicht in unserer Absicht liegen, in die
Schilderung des Einzelnen einzugehen, nachdem wir An-
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