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werden, da sich ihr nur allzubald eine dünkelhafte Ge-
ringschätzung alles desjenigen beigesellt hatte, was ge-
wisse sublime Ideen von der Würde der Kunst durch eine
allzunahe Nachbarschaft dev Handwerksmässigen zu ent-
heiligenschien. Vorausgesetzt, daß diese geniale Vornehm-
thuerei noch tiefere Wurzeln schlagen, und sich allgemein
verbreiten sollte, so dürste es sich in Wahrheit bald nicht
mehr bloß darum handeln, hier und dort durch einzelne
Verbesserungen nachzuhelfen. Nur von einer Reform der
gelammten Technik mit ihren Grundelementen vorgenom-
men, wäre dann einem gänzlichen Verfalle vorzubauen.
Fern sey es zu behaupten, daß wir schon in der Blüthe-
zeit jenes Unwesens stehen. Im Gegcntheil ist es nicht
zu verkennen, daß man in der neuesten Zeit wieder ernst-
lich einzulenken sucht. Es fehlt nicht an Künstlern, welche
sich eine zuverlässigere Technik bewahrt oder errungen
haben, und unabläßlich bemüht sind, ihre Erfahrungen
zu erweitern. Mögen denn diese auch unserm Nour m
ihrer Mitte die ihm gebührende Stelle gönnen.
Schon mehrere Künstler, Kenner und Freunde der
Kunst, welche Gelegenheit hatten, die Wacbsgemälde
Ronrs zu sehen, haben dieselben einer aufmerksamen Be-
trachtung und ihres Beifalls gewürdigt. Die Schriften,
durch welche der unermüdet Thätige auch das grössere
Publikum von seiner Erfindung zu unterrichten suchte,
haben wiederholt in gelehrten Journalen die verdiente
Anerkennung gefunden*). Der grosse Altmeister deut-
scher Art und Kunst Göthe selbst hatte es nicht unter-
lassen, in den Heften für Kunst und Alterthum die Sa-
che nachdrücklichst zu empfehlen. Von auswärtigen Künst-
lern und Gelehrten liefen beifällig ermunternde Briefe
ein, zum Theil schon durch das Gefühl des Dankes für
so manches belehrende Wort veranlaßt. Redliche und ans
der Sacke selbst geschöpfte Zweifel waren immer willkom-
men. An Verunglimpfungen aller Art hat. es freilich
auch nicht gefehlt. Gerade da, wo durch die Vereinigung
mehrerer sachkundiger Männer eine thätige Beachtung,
ober nur eine sorgfältige Prüfung, zu den erfreulichsten
Resultaten hatte führen müßen, war nicht selten ein
vornehmes Stillschweigen, oder wohl gar absichtliche
Verdächtigung, der Lohn eines ebenso anlpruchlosen als
nützlichen Strebend; an verläumderischen Klatschereien
wurde nichts gespart, und unser Nour sollte es mehr als
einmal bitter genug empfinden, was ein Mann unserer
Tage zu erwarten hat, der sich auf nichts stüzt, als
seine gute Sache, und mit Werken spricht, statt mit fei-
len besoldeten Federn. Einige nicht uninteressante Akten-
stücke , welche hierüber zur Hand liegen, sollen für im-
mer geschlossen bleiben; indem denn doch wohl zu hoffen
*) Das erste Heft von de» früher schon angeführten war
unter dem Titel: die Farben, ein Versuch über Technik
alter und neuer Malerei, 1824 zu Heidelberg erschienen.
steht, daß das verächtliche Spiel mit Persönlichkeiten
nicht an dem Namen des ehrwürdigen Künstlers fortge-
sezt werde.
Noch voll des unermüdeten Strebens, bei unge-
schwächter Geisteskraft, in der Mitte reifender Entwürfe
und unvollendeter Bilder hat ihn ein schneller Tod da-
hingerafft. Die Früchte seines redlichen Wollens durfte
er nicht ärnten, und fremden Händen sollte es überlassen
bleiben, das zu vollenden, was er in der besten Zuver-
sicht eines lohnenden Erfolgs begonnen batte. — Und
wird cs nun vollendet werden? Steht nicht vielmehr zu
befürchten, daß Rour auch für die Kunst gestorben ist?
Sem Geheimnis), das Wachs in ein brauchbares
Bindemittel aufzulöfen, ist nicht mit ihm verloren. Eine
genaue schriftliche Angabe der nöthigen Ingredienzien,
und ein bedeutender Vorrath der Mischung selbst, hat
sich unter seinem Nachlasse vorgefunden. Aber freilich ist
es hier mit einem bloßen Recepte nicht gethan. In der
Behandlung des Stoffes lag gleichsam ein zweites Ge-
heimniß. Hier mußte davon -, dort hinzugethan werden;
cs bedurfte einer anhaltenden Uebnng; die mannichfaltig-
sten Kunstgriffe waren dem Stoffe gleichsam abzulauern;
und diese lebendige, durchgearbeitete Praris, die reiche
Erfahrung einer kunstgeübten Hand, ist freilich mit dem
Künstler begraben. Doch jede fremde Erfahrung ist ja
für uns verloren, die nicht in unsrer eignen erst ihre
Vorbereitung und später ihre festere Begründung findet.
Ein gewandter Künstler wird die einfache leicht zu berei-
tende Mischung bald behandcln lernen, ja vielleicht früher
eines lohnenden Erfolgs sich zu erfreuen haben, als selbst
der Erfinder. Den noch vorhandenen Wachsgemalden
wird sein kunsterfahrnes Auge so manchen belehrenden
Wink, manchen Vortbell abzugewinnen wissen. Dieß ist
um so mebr zu erwarten, da noch Gemälde aus jeder
Epoche der Erfindung und jedes auf eigenthümliche Weise
behandelt, erhalten sind. lieber die erste Anlage eines -
Wachsbildes kann ein Porträt belehren, dessen Vollen-
dung durch den Tod des Künstlers unterbrochen wurde.
Mögen doch bald Künstler und Freunde der Kunst
sich entschließen, eine so wichtige Sache einer, ernstlichen
Prüfung zu unterwerfen , und retten, was noch zu ret-
ten ist. Mögen sie bedenken, daß es auf dem Felde der
Kunst kein größeres Verdienst gibt, als Mittel und Wege
zu finden, durch welche ein schöpferischer Geist uugefesselt,
und noch kommenden Zeiten vernehmbar, sich ausznfprc-
chen befähigt wird. Die Technik ist nicht bloß eine äus-
sere unumgängliche Bedingung der Kunst, sondern ein
Theil ihres innersten Wesens. Wer sich im Voraus mit
der Vergänglichkeit seines Werkes abgefnnden, und ans-
gesvhnt hat, wird sich bald auch damit begnügen lernen,
. nur des Vergehens wertlies hervorzubringen. Die Auf-
gabe, Nout's Unternehmung zu fördern, sep für den
werden, da sich ihr nur allzubald eine dünkelhafte Ge-
ringschätzung alles desjenigen beigesellt hatte, was ge-
wisse sublime Ideen von der Würde der Kunst durch eine
allzunahe Nachbarschaft dev Handwerksmässigen zu ent-
heiligenschien. Vorausgesetzt, daß diese geniale Vornehm-
thuerei noch tiefere Wurzeln schlagen, und sich allgemein
verbreiten sollte, so dürste es sich in Wahrheit bald nicht
mehr bloß darum handeln, hier und dort durch einzelne
Verbesserungen nachzuhelfen. Nur von einer Reform der
gelammten Technik mit ihren Grundelementen vorgenom-
men, wäre dann einem gänzlichen Verfalle vorzubauen.
Fern sey es zu behaupten, daß wir schon in der Blüthe-
zeit jenes Unwesens stehen. Im Gegcntheil ist es nicht
zu verkennen, daß man in der neuesten Zeit wieder ernst-
lich einzulenken sucht. Es fehlt nicht an Künstlern, welche
sich eine zuverlässigere Technik bewahrt oder errungen
haben, und unabläßlich bemüht sind, ihre Erfahrungen
zu erweitern. Mögen denn diese auch unserm Nour m
ihrer Mitte die ihm gebührende Stelle gönnen.
Schon mehrere Künstler, Kenner und Freunde der
Kunst, welche Gelegenheit hatten, die Wacbsgemälde
Ronrs zu sehen, haben dieselben einer aufmerksamen Be-
trachtung und ihres Beifalls gewürdigt. Die Schriften,
durch welche der unermüdet Thätige auch das grössere
Publikum von seiner Erfindung zu unterrichten suchte,
haben wiederholt in gelehrten Journalen die verdiente
Anerkennung gefunden*). Der grosse Altmeister deut-
scher Art und Kunst Göthe selbst hatte es nicht unter-
lassen, in den Heften für Kunst und Alterthum die Sa-
che nachdrücklichst zu empfehlen. Von auswärtigen Künst-
lern und Gelehrten liefen beifällig ermunternde Briefe
ein, zum Theil schon durch das Gefühl des Dankes für
so manches belehrende Wort veranlaßt. Redliche und ans
der Sacke selbst geschöpfte Zweifel waren immer willkom-
men. An Verunglimpfungen aller Art hat. es freilich
auch nicht gefehlt. Gerade da, wo durch die Vereinigung
mehrerer sachkundiger Männer eine thätige Beachtung,
ober nur eine sorgfältige Prüfung, zu den erfreulichsten
Resultaten hatte führen müßen, war nicht selten ein
vornehmes Stillschweigen, oder wohl gar absichtliche
Verdächtigung, der Lohn eines ebenso anlpruchlosen als
nützlichen Strebend; an verläumderischen Klatschereien
wurde nichts gespart, und unser Nour sollte es mehr als
einmal bitter genug empfinden, was ein Mann unserer
Tage zu erwarten hat, der sich auf nichts stüzt, als
seine gute Sache, und mit Werken spricht, statt mit fei-
len besoldeten Federn. Einige nicht uninteressante Akten-
stücke , welche hierüber zur Hand liegen, sollen für im-
mer geschlossen bleiben; indem denn doch wohl zu hoffen
*) Das erste Heft von de» früher schon angeführten war
unter dem Titel: die Farben, ein Versuch über Technik
alter und neuer Malerei, 1824 zu Heidelberg erschienen.
steht, daß das verächtliche Spiel mit Persönlichkeiten
nicht an dem Namen des ehrwürdigen Künstlers fortge-
sezt werde.
Noch voll des unermüdeten Strebens, bei unge-
schwächter Geisteskraft, in der Mitte reifender Entwürfe
und unvollendeter Bilder hat ihn ein schneller Tod da-
hingerafft. Die Früchte seines redlichen Wollens durfte
er nicht ärnten, und fremden Händen sollte es überlassen
bleiben, das zu vollenden, was er in der besten Zuver-
sicht eines lohnenden Erfolgs begonnen batte. — Und
wird cs nun vollendet werden? Steht nicht vielmehr zu
befürchten, daß Rour auch für die Kunst gestorben ist?
Sem Geheimnis), das Wachs in ein brauchbares
Bindemittel aufzulöfen, ist nicht mit ihm verloren. Eine
genaue schriftliche Angabe der nöthigen Ingredienzien,
und ein bedeutender Vorrath der Mischung selbst, hat
sich unter seinem Nachlasse vorgefunden. Aber freilich ist
es hier mit einem bloßen Recepte nicht gethan. In der
Behandlung des Stoffes lag gleichsam ein zweites Ge-
heimniß. Hier mußte davon -, dort hinzugethan werden;
cs bedurfte einer anhaltenden Uebnng; die mannichfaltig-
sten Kunstgriffe waren dem Stoffe gleichsam abzulauern;
und diese lebendige, durchgearbeitete Praris, die reiche
Erfahrung einer kunstgeübten Hand, ist freilich mit dem
Künstler begraben. Doch jede fremde Erfahrung ist ja
für uns verloren, die nicht in unsrer eignen erst ihre
Vorbereitung und später ihre festere Begründung findet.
Ein gewandter Künstler wird die einfache leicht zu berei-
tende Mischung bald behandcln lernen, ja vielleicht früher
eines lohnenden Erfolgs sich zu erfreuen haben, als selbst
der Erfinder. Den noch vorhandenen Wachsgemalden
wird sein kunsterfahrnes Auge so manchen belehrenden
Wink, manchen Vortbell abzugewinnen wissen. Dieß ist
um so mebr zu erwarten, da noch Gemälde aus jeder
Epoche der Erfindung und jedes auf eigenthümliche Weise
behandelt, erhalten sind. lieber die erste Anlage eines -
Wachsbildes kann ein Porträt belehren, dessen Vollen-
dung durch den Tod des Künstlers unterbrochen wurde.
Mögen doch bald Künstler und Freunde der Kunst
sich entschließen, eine so wichtige Sache einer, ernstlichen
Prüfung zu unterwerfen , und retten, was noch zu ret-
ten ist. Mögen sie bedenken, daß es auf dem Felde der
Kunst kein größeres Verdienst gibt, als Mittel und Wege
zu finden, durch welche ein schöpferischer Geist uugefesselt,
und noch kommenden Zeiten vernehmbar, sich ausznfprc-
chen befähigt wird. Die Technik ist nicht bloß eine äus-
sere unumgängliche Bedingung der Kunst, sondern ein
Theil ihres innersten Wesens. Wer sich im Voraus mit
der Vergänglichkeit seines Werkes abgefnnden, und ans-
gesvhnt hat, wird sich bald auch damit begnügen lernen,
. nur des Vergehens wertlies hervorzubringen. Die Auf-
gabe, Nout's Unternehmung zu fördern, sep für den