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Eier, weil ihre größere Peripherie gewöhnlich nicht in
die Mitte, sondern über oder unter dieselbe fällt.

Meyer hat in seiner jüngsten Abhandlung die Becher-
form zwar zurückgenommen, und Knäufchen oder
freistehende Rosenblätter an das nach seiner Zeichnung
gerade und überall vier Ellen im Durchmesser behaltende
Capitell angcsezt. Aber damit eben hat er die Angabe
der Bauchform des Kessels gegen sich. Denn die vor-
springenden Blätter berechtigen nickt zu dieser Benen-
nung. Man mag nun die Rosenblätter in hoch — oder
halberhabener Arbeit anbringen; so muß der Kessel selbst
eine Bauchform haben, und nach V. 20: „dicht über dem
Bauche fey der Durchmesser wieder vier Ellen gewesen»,
möchte ich die Ausbauchung mehr nach oben als nach un-
ten gerückt wissen, bei welcher Anordnung die Rosen-
vder Lilienblätter — oder ganze Rosen oder Lilienstengel,
nach Art der oben erwähnten ägyptischen, wenigstens bis
an die weiteste Ausbauchung sich dem Auge von unten
herauf sichtbar und wohlgefällig erstreckten, wahrscheinlich
aber auch noch über dieser Linie in kleineren Blättern
oder Blumen das Ganze schloßen, so daß es die Gestalt
einer aufgeblühten Blume oder eines Blumenstraußes darbot.

XII. Von der Halle des Tempels gehen wir zu
den Seiten stöcken. Diese waren rings um das Tem-
pelhaus, um Heiliges und Allerheiligstes, mit einziger
Ausnahme der Halle gebaut; es fragt sich aber, ob nicht,
wenn die Hallensäulen von zwei aus den verlängerten
Tempelwänden bestehenden Mauern eingeschloffen waren,
in diesem Falle die Seitenstockwerke der Länge dieser
Mauern folgten und somit selbst die Halle au ihren Ne-
benseiten einschloßen. Ihre Verbindung mit den Tem-
pelmauern war von der Art, ;baß kein Eingreifen des
Gebälkes der Umbaue in die Tempelwand stattfinden
durfte, daß im Gegentheile nach 1 Kön. VI, 6 durch
Verminderungen, Absätze — worunter man nun entweder
abgestufte Mauern oder Pfeiler verstehen mag — das
Gebälke und die Dachung derselben getragen wurde.
Hirt nimmt an, daß die Tempelmauer selbst Abstufungen
gehabt habe, auf welche» die Balkenlagen deö Umbaues
ruhten; aber dagegen ist wohl, wie Meyer gründlich
nachweist, die Angabe des Tertes. Stieglitz hat den rich-
tigeren Sinn aus der Lutherischen Nebersetzung heraus-
gefunden; er läßt die Balken der Stockwerke auf Thra-
men, die am Haüfe umher befestigt waren, aufliegen.
Damit stimmt denn auch Meyer überein, indem er von abge-
stnften SubstructionenvderTragwänden spricht. Wenn aber,
wie schon früher bemerkt wurde, Stieglitz aus dem Da-
sepn dieser Thramen und daraus, daß nun das Umgangs-
gebälke nicht in die Tempelwand eingriff, einen Beweis
mit für die Aufführung die,er Wand aus bloßem Holze
führen will: so hält dieß keinen Stich, weil der
Begriff besonderer Heiligkeit der Cella das Einschieben

des Gebälkes einer minder heiligen Umgebung verbieten
mußte, gleichviel ob die Wand aus Stein oder aus Holz
bestand.

Die Zahl der Stockwerke wird im Terte auf drei
und von den Maaßen nach dem Zugeständnisse aller Aus-
leger wenigstens die Breite angegeben, nämlich die des
untersten zu fünf, die des mittleren zu sechs und die
des obersten zu sieben Ellen^ Dieß zu erklären, nahm
mau natürlich zu den Verschiedenheiten der Mauerdicke
Zuflucht, und während Hirt der Ansicht war, daß mit
jedem Stockwerke die Tempelwand um eine halbe Elle
und um eben so viel die einschließende Mauerwand deS
Umbaues abgenommen habe, stellt es Meyer frei, die
Elle, um welche mit jedem Stockwerke die Breite der
Umgänge zunimmt, den an die Tempelmauer angelehn-
ten Substructionen und der umgebenden äusseren Mauer
zugleich oder jenen allein abzuziehen. Beachtungswerth ist
übrigens auch die Bemerkung von Stieglitz, daß vielleicht di«
Wände der Cella auswendig pyramidalisch, nach schiefli«-
gender Fläche angelegt, in die Höhe stiegen, indcß si«
innerhalb der Cella durch die Vertäfelungen von Cedern-
holz senkrecht waren; bei der ppramidalischen Gestalt der
Ccllenwände und dem lothrechten Stande der Umfassungs-
mauern des Umbaues sey nun das untere Stockwerk des-
selben schmäler geworden als das zweite und dieses habe
eine geringere Breite bekommen als das dritte. Dann
hätte es freilich nur leichter Valkenstützen bedurft, um
die Tempelmauer zum Tragen des Gebälkes der Seiten-
stöcke in Stand zu setzen. Aber paßt wohl ein so beben»
tendcs Zurückweichen der Mauern von unten nach oben,
zu einem, wie Stieglitz sonst aus erheblichen Gründen
verzieht, bloß aus Holz construirten Mittelbau, der we-
nigstens 10 — 13 Ellen über den Seitenbau hervor-
ragte ?

Ueber die Höhe der Umbäue sollte freilich bei einer
unbefangenen Ansicht der Stelle 1 Kön. VI, 10 kein
Zweifel obwalten, da hier p'ö^N (mit dem Artikel) auf
pi^' in V. 5 zurückweist und als Cvllectiv der drei
Stockwerke des Umbaues hier, wie dort, genommen seyn
will, auch bp hier nichts Anderes bedeute» wird, als
was es dort bedeuten muß, ferner n'2n b2 dasselbe
besagt, was dort „die Mauern des Hauses, des Tem-
pels und des Hintersten«, heißt, und die ganze Wieder-
holung dieser Angaben überhaupt nur dazu stattfindet,
um die Höhenangabe von fünf Ellen nachzubringen, ein
Maaß, welches aus richtigem eregetischen Gbfühl auch
Meyer ohne Bedenken den einzelnen Stockwerken zutheilen
möchte, wenn ihn nicht seine Hypothese von der Attike so
einnähme, daß nun p'¥' undbp hier eine andere Bedeu-
tung als in dem obenberührten V. 5 bekommen.

(Die Fortsetzung folgt.)

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Schorn.
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