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2l- 101

Kunst

l a t t.

Dienstag, !>en 18. December 1838.

Weimar, im November 1838.

Die Auszierung eines Ziemers im G-oßh-rzoglichen
Schlosse mit Frescogemäldcn aus Schillers Werken,
welche Ihre Kaiserliche Hoheit die Frau Großhcrzogin
dem Württenidergischen Maler Bernhard Neher über1
tragen hat, ist seit 1856, wo ich Ihnen darüber Nachricht
gab*), mit geringen Unterbrechungen und befriedigendem
Erfolge fortgesezt worden. Nach dem, was bis jezt daran
vollendet ist, scheint das Werk seiner Bestimmung zu
entsprechen, und weit mehr als bloße Decoration zu wer-
den. Es sind nicht willkührlich gewählte Scenen, nicht
Bilder zum Tert, wie Bücherkupfer, die der Künstler
hier zusammcnbringt; er legt es daraus au, von dem
Geiste, der Stimmung des Dichters, von dem Eindruck
den seine Werke machen, in dem ihm gewidmeten Raum
ein anschauliches Bild zu entwerfen. Lassen Sie mich
es aussprechen, daß ich hoffe, dieß Zimmer wird ein
Denkmal werden; es wäre viel darüber zu sagen, aber
erlauben Sie, daß ich mich in den Schranken eines Re-
ferenten halte.

Der — nicht eigens dazu eingerichtete, sondern unter
den vorhandenen gewählte — Raum ist nicht groß, und
gestattet auch keine großen Bilder. Die sieben Haupt-
bilder sind jedes nur 51/2 Fuß hoch und 5 bis 5 Fuß
breit, in der Reihe darüber sind Bilder von viel kleineren
Dimensionen, von i Fuß u. i' . Fuß Hohe, und 2 bis 5
Fuß Breite. Dennoch machen diese Gemälde durch die
Verhältnisse der Figuren unter einander und zu den deco-
rativen Umgebungen einen würdigen Eindruck; der Raum
scheint sich zu vergrößern und die Fülle von Bildern und
Gedanken befriedigt das Auge.

Die sieben dramatischen Gegenstände, aus Fiesco,
Don Carlos, Wallenstein, der Braut von Messina, Maria
Stuart, der Jungfrau von Orleans und Wilhelm Dell,
sind jede in drei Scenen dargestcllt, von welcher die eine

*) Vrgt. Kunslbl. 1856. No. 91.

als Hauptbild in Figuren von s/„ Lebensgröße, die beiden
anderen in kleineren Figuren innerhalb einer über dem
Hauptdilde befindliche Lünette angebracht worden. Bei
der Wahl der Gegenstände mußte sich der Künstler die
Aufgabe sezen, jedesmal in drei Bildern die Hauptmo-
mente des Drama's oder doch wenigstens die Hauptidee,
nach welcher es der Dichter aufgefaßt hat, anschaulich
zu machen. Wie schwer dieß zuweilen mit den Forderungen
malerischer Darstellung zu vereinigen war, bedarf kaum einer
Erinnerung, da die Kunst des Malers Vorgänge schildern
muß, deren geistige Bedeutung sich in sinnlichen Bewe-
gung ausspricht, während der Dichter oft die wichtigsten
Wendepunkte, ja die ganze Katastrophe seines Stückes
iu bloß geistige Bewegungen legt. Bei der gegenwärtigen
Arbeit kam noch die besondere Schwierigkeit hinzu, dass
die Hauptbilder auf wenige den ganzen Raum ausfüllende
Gestalten beschränkt werden mußten, und bloß in den
kleineren Compositivnen eine reichere Zahl von Figuren
angebracht werden konnte. Nur durch diese Anordnung
nämlich konnte man eine bedeutende Größe für die Haupt-
figuren, und damit für die Anordnung im Ganzen Ernst
und Ruhe gewinnen. Daher waren für die größeren
Bilder auch nur Scenen zu wählen, welche fast symbolisch
die Idee des Drama's versinnlichen, während die kleinen
mehr als dramatische Erweiterungen anzusehen sind, aber
auch, jedes für sich, ihren Gegenstand deutlich aussprechen
müssen.

So mußte in dem großen Bilde aus Don Carlos
nothwendig das Verhältniß zwischen dem Prinzen und
der Königin geschildert werden. Der Künstler hat deß-
halb die letzte Scene gewählt, wo Don Carlos in der
Nacht, in Mönchskleidung verhüllt, vor dem Zimmer
der Königin von ihr Abschied nimmt. Sie ist im weiten
Nachtklcide mit herabwallenden Haaren, einen weißen
Schwauenpelz um die Schultern, aus der Thüre getreten;
Don Karlos kniet vor ihr; mit stiller Wehmuth ruht ihr
Auge auf ihm und sie reicht ihm innig bekümmert die
Rechte. Mit der Linken hält sie den Leuchter in die
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