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Gottheiten in Rücksicht auf die angedeuteten verschiedenen
Lebens- und Arbeitsstadien vermnthen. An der Ostseite
sieht man das Haupt der Diana. An der Nordseite das
des Phvbus; hier scheint ein Bezug zu den Greifen, welche
sich darunter, ans der Attika, befinden, sehr nahe zu liegen.
An der Westseite sieht man den Mars mit der Nhea Sylvia
dargestellt; Goethe hat zuerst diese Erklärung gegeben; er
möchte die Darstellung „auf den römischen Ursprung der
Familie und ihren Zusammenhang mir dem großen Welt-
reiche" beziehen. So annehmbar diese Bezugnahme scheint,
so durfte man dieselbe jedoch, falls ich mich in dem Ideen-
gange, der die Bilder des ganzen Monuments verknüpft,
nicht täusche, vielleicht eher an derOstseite erwartet haben.
— Was über den Spitzen und Ecken der Giebel an freier
Verzierung, vielleicht ebenfalls an bildlicher Sculptur,
vorhanden war, ist verschwunden; für den räumlichen
Gesammteindrnck des ganzen Monuments, für die freiere
und mehr harmonische Entwickelung desselben nach oben
hin mußten diese Verzierungen unstreitig sehr günstig
wirken, während gegenwärtig der pyramidale Obcrtheil
fast zu scharf zugespitzt erscheint.
Die künstlerischen Verdienste der Mehrzahl dieser
Darstellungen, die für die Zeiten des sinkenden Geschmacks
immer noch höchst bemerkenswerth sind; ihr Reichrhum
und ihre Mannigfaltigkeit; die Bezüge, die in ihnen ge-
wissermaßen einen Grundinhalt anzudenten. Eine Haupt-
idee in ihren verschiedenen Stufen durchzuführen. Ein
reiches Leben auszusprechen scheinen; die kühne Verbindung
der ideal-mythischen Gegenstände mit denen des täglichen
Verkehrs und die Poesie, die hiedurch auf die Verhältnisse
eines, wie es mit Bestimmtheit anzunehmen ist, entschie-
den bürgerlichen Lebens ausgegosscn wird (während man
sonst immer nur geneigt ist, höhere Lebensverhältnisse im
Lichte des Mythus vorgetragen zu sehen); — alles dies
gibt dem Monumente von Igel eine Bedeutung, wie die-
selbe nach ähnlicher Richtung hin wohl kein zweites unter
den erhaltenen Werken des classischen Altcrthnms bewahrt.
Und welch ein wundersames Zeugnis! der edelsten Geistes-
bildung, die unter dem Schutze römischer Waffen vom
fernen Süden herübergetragen ward, auch hier das Leben
des alltäglichen Verkehrs zu durchleuchten, tritt uns in
diesem Einen Denkmale entgegen! —
Ich wende mich nunmehr zu der Betrachtung derjeni-
gen mittelalterlichen Monumente, welche uns das höchst
schätzbare Werk der
Bandcnkmale der römischen Periode und des Mittel-
nlters in Trier und seiner Umgebung, heraus-
zegebcn von dem Architekten Christian Wis-
st clm,Schmidt, Trier 1836 und 1839,
vorführt. Hievon sind gegenwärtig zwei Lieferungen
erschienen. Die erste Lieferung ist der Liebfrauenkirche zu
Trier gewidmet und besteht, außer dem geschmackvoll ver-
zierten Titelblatte, ans nenn in Stein gravirten Blättern
in Großfolio, nebst 53 Seiten Text sn Quart. Die zweite
Lieferung enthält den Dom zu Trier, die St. Willibrords-
kirche zu Echternach, die St. Matthiaskirche mit dem
Kloster daneben und die St. Maternuskirche zu St. Mat-
thias, Vorstadt von Trier; sie besteht aus zehn in Stahl
gestochenen Blättern in Folio, einem in Stein gravirten
Blatte (als Zugabe) und 132 Seiten Tert in Quarto. Die
in Stein gravirten Blätter der ersten Lieferung sind sehr
wohl gearbeitet; indeß mußte natürlich der Stahlstich, der
bei den Blättern der zweiten Lieferung angewandt ist, und
in dem auch alle folgenden Lieferungen ansgeführt werden
sollen, in jeder Beziehung ungleich günstiger wirken, na-
mentlich für die größere Zartheit der Linienführung und
für den Umstand, daß durch seine Anwendung der Maß-
stab, ohne der Deutlichkeit irgend Abbruch zu thun, kleiner
angenommen, somit eine beträchtlich größere Anzahl bild-
licher Darstellungen in dem Raume Einer Lieferung ver-
einigt werden konnte. Die Risse und Ansichten sind durch-
weg eben so geschmackvoll, wie mit feinstem Verständnis
für das Charakteristische gearbeitet. Vorzüglich ist es an-
zuerkennen, daß der Herausgeber mit vollkommener Ent-
schiedenheit den wissenschaftlichen Zweck seiner Aufgabe im
Auge behielt und es sich angelegen seyn ließ, diejenigen
Motive sorgfältigsr genau zu entwickeln, die besonders zur
Bezeichnung der verschiedenen baugeschichtlichen Perioden
dienen. Hiehcr rechne ich namentlich, außer den allgemei-
neren Verhältnissen der verschiedenen Bauwerke, die in
Aufrissen und Durchschnitten gegebene Darstellung der
architektonischen Gliederungen, so wie die Darstellung an-
derer charakteristischer Einzelnheiten — Vorzüge, die leider
noch immer bei Werken solcher Art sehr selten sind. Der
Tert dient auf anspkuchlose Weise zum genauer» Ver-
ständniß der Zeichnungen. In dem Tert der ersten Lie-
ferung ist der historische Theil von Wyttenbach gear-
beitet; in dem zur zweiten Lieferung hat der Herausgeber
selbst die schwierige Arbeit, den Bezug der historischen
Notizen auf das Vorhandene des Baues (namentlich, was
den Dom anbetrifft) nachznweisen, auf eine sehr gediegene
Weise durchgeführt. Beiden Lieferungen sind außerdem
noch besondere Aufsätze von I. G. Müller beigefügt,
welche dankenswerthe und geistreiche Erläuterungen der
mit den Bauanlagen verbundenen Bildwerke enthalten.
So dürfen wir ohne Bedenken das Schnndt'sche Werk als
eine lautere Quelle betrachten, um uns über die historischen
und ästhetischen Eigenthümlichkeiten der Bandenkmale,
denen dasselbe gewidmet ist, genügend zu unterrichten.
Ein sehr .eigenthümliches Interesse gewähren unter
diesen der Dom von Trier und die zu ihm gehörigen
Nebengebäude, welche auf den sieben ersten Blättern
Gottheiten in Rücksicht auf die angedeuteten verschiedenen
Lebens- und Arbeitsstadien vermnthen. An der Ostseite
sieht man das Haupt der Diana. An der Nordseite das
des Phvbus; hier scheint ein Bezug zu den Greifen, welche
sich darunter, ans der Attika, befinden, sehr nahe zu liegen.
An der Westseite sieht man den Mars mit der Nhea Sylvia
dargestellt; Goethe hat zuerst diese Erklärung gegeben; er
möchte die Darstellung „auf den römischen Ursprung der
Familie und ihren Zusammenhang mir dem großen Welt-
reiche" beziehen. So annehmbar diese Bezugnahme scheint,
so durfte man dieselbe jedoch, falls ich mich in dem Ideen-
gange, der die Bilder des ganzen Monuments verknüpft,
nicht täusche, vielleicht eher an derOstseite erwartet haben.
— Was über den Spitzen und Ecken der Giebel an freier
Verzierung, vielleicht ebenfalls an bildlicher Sculptur,
vorhanden war, ist verschwunden; für den räumlichen
Gesammteindrnck des ganzen Monuments, für die freiere
und mehr harmonische Entwickelung desselben nach oben
hin mußten diese Verzierungen unstreitig sehr günstig
wirken, während gegenwärtig der pyramidale Obcrtheil
fast zu scharf zugespitzt erscheint.
Die künstlerischen Verdienste der Mehrzahl dieser
Darstellungen, die für die Zeiten des sinkenden Geschmacks
immer noch höchst bemerkenswerth sind; ihr Reichrhum
und ihre Mannigfaltigkeit; die Bezüge, die in ihnen ge-
wissermaßen einen Grundinhalt anzudenten. Eine Haupt-
idee in ihren verschiedenen Stufen durchzuführen. Ein
reiches Leben auszusprechen scheinen; die kühne Verbindung
der ideal-mythischen Gegenstände mit denen des täglichen
Verkehrs und die Poesie, die hiedurch auf die Verhältnisse
eines, wie es mit Bestimmtheit anzunehmen ist, entschie-
den bürgerlichen Lebens ausgegosscn wird (während man
sonst immer nur geneigt ist, höhere Lebensverhältnisse im
Lichte des Mythus vorgetragen zu sehen); — alles dies
gibt dem Monumente von Igel eine Bedeutung, wie die-
selbe nach ähnlicher Richtung hin wohl kein zweites unter
den erhaltenen Werken des classischen Altcrthnms bewahrt.
Und welch ein wundersames Zeugnis! der edelsten Geistes-
bildung, die unter dem Schutze römischer Waffen vom
fernen Süden herübergetragen ward, auch hier das Leben
des alltäglichen Verkehrs zu durchleuchten, tritt uns in
diesem Einen Denkmale entgegen! —
Ich wende mich nunmehr zu der Betrachtung derjeni-
gen mittelalterlichen Monumente, welche uns das höchst
schätzbare Werk der
Bandcnkmale der römischen Periode und des Mittel-
nlters in Trier und seiner Umgebung, heraus-
zegebcn von dem Architekten Christian Wis-
st clm,Schmidt, Trier 1836 und 1839,
vorführt. Hievon sind gegenwärtig zwei Lieferungen
erschienen. Die erste Lieferung ist der Liebfrauenkirche zu
Trier gewidmet und besteht, außer dem geschmackvoll ver-
zierten Titelblatte, ans nenn in Stein gravirten Blättern
in Großfolio, nebst 53 Seiten Text sn Quart. Die zweite
Lieferung enthält den Dom zu Trier, die St. Willibrords-
kirche zu Echternach, die St. Matthiaskirche mit dem
Kloster daneben und die St. Maternuskirche zu St. Mat-
thias, Vorstadt von Trier; sie besteht aus zehn in Stahl
gestochenen Blättern in Folio, einem in Stein gravirten
Blatte (als Zugabe) und 132 Seiten Tert in Quarto. Die
in Stein gravirten Blätter der ersten Lieferung sind sehr
wohl gearbeitet; indeß mußte natürlich der Stahlstich, der
bei den Blättern der zweiten Lieferung angewandt ist, und
in dem auch alle folgenden Lieferungen ansgeführt werden
sollen, in jeder Beziehung ungleich günstiger wirken, na-
mentlich für die größere Zartheit der Linienführung und
für den Umstand, daß durch seine Anwendung der Maß-
stab, ohne der Deutlichkeit irgend Abbruch zu thun, kleiner
angenommen, somit eine beträchtlich größere Anzahl bild-
licher Darstellungen in dem Raume Einer Lieferung ver-
einigt werden konnte. Die Risse und Ansichten sind durch-
weg eben so geschmackvoll, wie mit feinstem Verständnis
für das Charakteristische gearbeitet. Vorzüglich ist es an-
zuerkennen, daß der Herausgeber mit vollkommener Ent-
schiedenheit den wissenschaftlichen Zweck seiner Aufgabe im
Auge behielt und es sich angelegen seyn ließ, diejenigen
Motive sorgfältigsr genau zu entwickeln, die besonders zur
Bezeichnung der verschiedenen baugeschichtlichen Perioden
dienen. Hiehcr rechne ich namentlich, außer den allgemei-
neren Verhältnissen der verschiedenen Bauwerke, die in
Aufrissen und Durchschnitten gegebene Darstellung der
architektonischen Gliederungen, so wie die Darstellung an-
derer charakteristischer Einzelnheiten — Vorzüge, die leider
noch immer bei Werken solcher Art sehr selten sind. Der
Tert dient auf anspkuchlose Weise zum genauer» Ver-
ständniß der Zeichnungen. In dem Tert der ersten Lie-
ferung ist der historische Theil von Wyttenbach gear-
beitet; in dem zur zweiten Lieferung hat der Herausgeber
selbst die schwierige Arbeit, den Bezug der historischen
Notizen auf das Vorhandene des Baues (namentlich, was
den Dom anbetrifft) nachznweisen, auf eine sehr gediegene
Weise durchgeführt. Beiden Lieferungen sind außerdem
noch besondere Aufsätze von I. G. Müller beigefügt,
welche dankenswerthe und geistreiche Erläuterungen der
mit den Bauanlagen verbundenen Bildwerke enthalten.
So dürfen wir ohne Bedenken das Schnndt'sche Werk als
eine lautere Quelle betrachten, um uns über die historischen
und ästhetischen Eigenthümlichkeiten der Bandenkmale,
denen dasselbe gewidmet ist, genügend zu unterrichten.
Ein sehr .eigenthümliches Interesse gewähren unter
diesen der Dom von Trier und die zu ihm gehörigen
Nebengebäude, welche auf den sieben ersten Blättern