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Cultusbild der Göttin selbst ein Werk des Strongplion
gewesen scy; außerdem aber habe man ihm dort auch
Statuen der römischen Kaiser, und die Bilder der zwölf
Götter gezeigt, welche letzteren dem Praritiles zuge-
schrieben wurden. Mithin fällt nicht allein die vermeinte
Zeitgenossenschaft des Strongplion und Praxiteles in
nichts zusammen, sondern es wird auch einleuchtend,
daß jener bedeutend früher hinaufgerückt werden muß;
da man doch wohl nicht wird annehmeu wollen, daß die
Gründung eines Heiligthums und Stiftung eines Cul-
tusbildcs, zur Verherrlichung eines Vorfalls aus dem
Kriege mit Mardonios, zumal bei der bekannten Ruhm-
liebe der Megareer, sich länger als hundert Jahre nach
der Begebenheit selbst verzögert haben sollte. Vielmehr
erscheint als der einzige passende Zeitpunkt dafür die
Friedensepoche, welche dem peloponnesischen Kriege vor-
herging.

Nicht viel besser sieht es aus mit der zweiten An-
nahme, daß Strongplion ein Zeit- und Kunstgenosse des
altern Kephisodotos gewesen sep, den Plinius (». N. 34,
19. init.) um die 102tc Olympiade ansetzt. Sie beruht
darauf, daß Pausanias in der Beschreibung des Helikon
zwei Statuengruppen der Musen anführt, von denen
die eine ganz von Kephisodotos, die andere je zu einem
Drittheile von ihm, von Strongplion und Olpmpiosthenes
gefertigt war. * Hier mangelt jeder chronologische An-
haltspunkt , zumal da Olpmpiosthenes' Zeitalter ganz
unbekannt ist: die genannten Künstler könnten daher
eben so füglich auch der jüngere Kephisodotos, Sohn des
Prariteles, dessen Vater ja für die Stadt Thespiä zu
arbeiten pflegte,** und irgend ein jüngerer Strongplion,
etwa ein Neffe oder Enkel des älteren, sepn. Allein
wir wollen diese Zweifel nicht ernsthaft erheben, sondern
uns zu der gewöhnlichen Annahme bekennen, daß hier-
an den altern Kephisodotos zu denken sep: so folgt doch
immer noch nicht daraus, daß Strongplion bis in die
102tc Olympiade herabgerückt werde» müsse. Denn
erstlich konnten ja seine drei Musenbilder die älteren,
und die des Kephisodotos — um den Olpmpiosthenes
hier ganz aus dem Spiele zu lassen — erst später zur
Vervollständigung der Gruppe hinzugefügt worden sepn;
oder zweitens, wenn mau ein gleichzeitiges Arbeiten der
drei Künstler voraussetzen will (wofür allerdings die
gleichmäßige Verlheilung der Musen zu je dreien unter
sie zu sprechen scheint), so hindert nichts, die Vlüthen-
zcit des Kephisodotos immerhin fünf bis sechs Olym-
piaden früher anfangen zu lassen, als die von Plinius

s Id. 9, SO, 1.

** C. I. G. I, n. 1604. Vergl. meinen Brief an Hos-
rath Thiersch, Amn. ri.

angegebene runde Zahl,* und ihn so als jungen Mann
mit dem bereits bejahrten Strongplion, vielleicht als
Schüler mit dem Lehrer, in Verbindung zu bringen.

So viel vorläufig, um zu erörtern, daß der Scron-
gyliou, den wir aus Pausanias kennen, nicht allein
älter gewesen ist, als Prariteles, sondern füglich auch
um ein Bedeutendes früher gelebt haben kann, als der
ältere Kephisodotos. Wenden wir uns jetzt zu unserer
Inschrift zurück.

Schon die paläographische Fassung dieser Inschrift
würde zu dem Beweise genügen, daß das eherne Stand-
bild des trojanischen Pferdes einerseits erst nach der
Lösten Olympiade errichtet worden ist, weil das Sigma
schon die jüngere Form 2 statt der älteren zeigt,
andererseits aber wenigstens um einige Olympiaden älter
sepn muß, als das Archoutat des Eukleides, weil ihre
Orthographie noch keine jener Unregelmäßigkeiten zeigt,
die sich in den letzten Jahren vor Ol. 94, 2 in die atti-
schen Steinschriften einzuschleichen begannen, ** und die
zu der Annahme eines neuen Alphabets führten. Hier-
nach fiele die Errichtung des Denkmals in die ersten zwei
Drittheile des peloponnesischen Krieges. Allein wir
können dem wahren Zeitpunkte noch näher kommen.
Die älteste Erwähnung des Durios Hippos findet sich
in den Vögeln*** des Aristophancs, Ol. 91, 2 — 414
vor Christus; und da die komische Poesie ihrer Natur
nach es liebt, immer auf die frischesten Neuigkeiten im
Gebiete der Politik, Literatur oder Kunst anzuspielcn,
so dürften wir wohl, in Uebereinstimmung mit den
paläographischen Judicien, zu der Annahme berechtigt
sepn, daß der übrigens unbekannte Chäredemos sein
trojanisches Pferd kurz vorher, etwa in dem ersten Jahre
derselben Olympiade, geweiht hatte. Jedenfalls gewinnen
wir für die Lebenszeit des Strongplion das Crgebniß,
daß er schon um die 91ste Olympiade ein bewährter
Künstler war, dem die Ausführung eines Werkes von
solchem Umfange und solcher Wichtigkeit übertragen
werden konnte. Nehmen wir nun an, daß die Errich-
tung dcS Durios Hippos etwa in die Mitte seiner
künstlerischen Laufbahn falle, und daß diese auch nur
einen Zeitraum von 11 Olympiaden oder 44 Jahren
umfaßt habe, so kann er auf der einen Seite schon um
die Löste Olympiade, also noch unter Phidias, thätig

* Scho» Müller (Hdb. i. Arch. §. 112) hat aus trif-
tige» Gründe» die Lebenszeit des Kephisodotos zwischen Ol. 97
und io4 gesetzt.

** Wie namentlich die Baurechnung des Ercchtbcums,
und neuerdings die Aufschrift des Picdesials der Athene
Hygeia von Pprrbos gezeigt hat.

Aristoph. Av. 112 8: 'inncov hnorrwr in'ytSo; iiaoy

<5 Jomlo; , und dazu das oben angeführte Scholion.
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