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einen unwiderstehlichen Reiz, während doch ans der an-
dern Seite wieder alles Eingehen auf mannigfaltige zum
Schmuck und Behagen der Häuslichkeit unentbehrliche
und besonders von der alt-flandrischen Schule immer
mit so viel Liebe und Treue in ihre Darstellungen ge-
zogene Nebendinge vermieden ist. Man kann kaum be-
haupten , die Scene spiele innerhalb eines Aimmcrs,
den» weder von dessen Wänden noch sonstigem beweg-
lichem Augehör zeigt sich eine Spur; nur Vorhänge
schließen das Begebnis) von den Erscheinungen der übrigen
Welt ab, welcher nicht einmal durch den viereckigen
Feusterraum, den ein Goldgrund füllt, einen Blick auf
jenes zu werfen vergönnt ist. Es ist diese Art von
Scenerie eine Eigenthümlichkeit unseres Meisters von
vortheilhafter Wirkung für den menschlichen Mittelpunkt
der Darstellung, von dessen Bedeutsamkeit das Auge
durch keinen Reiz verlockenden Beiwerks abgezogen und
zerstreut wird. Auch half sich wohl so der Maler über
die Perspective weg, die er nicht nach Wunsch zu be-
wältigen vermochte.

10) „Davids Rückkehr mit dem Haupte Goliaths."
(Kleine Figuren. Auf Holz. 2' 4" G"' hoch. 1' 5" 6"'
breit.) *

Unter einem gothischen Portale empfangen fünf
singende und musicirende Frauen, deren eine eine alter-
thümliche Violine spielt, den aus dem Kampfe mit
Goliath heimkehrenden David. Dieser trägt in der
Rechten das gigantische Haupt des Erschlagenen, die
Linke hält den auf die Schulter gestützten Hirtenstab.
Er ist in dunkles saftiges Blaugrün mit gelbem Besatz
und gleichfarbige bis an die Knie reichende Stiefel ge-
kleidet. Ihm folgen zwei im Gespräch begriffene Lanz-
knechte und ein scharlachgekleideter Mann zu Pferd, der
wie eine der Frauen ein Lobgedicht schwingt, wovon
übrigens nur die Verse leserlich:

„Tausend Philister Saul gewand

und Zwev und sechs nur eigener Zand."

Die Landschaft erhebt sich steil gegen den Grund und
gewährt rechts den Anblick einiger ganz in der Weise
wie auf obiger Kreuzabnahme gehaltener Gebäude und
links einer hügelichen Gegend. Die Gruppe der Frauen
ist wohlgeordnet, die Köpfe sind edel und fei» gemalt
und sogar charakteristisch für die mnsikalische Beschäf-
tigung der einzelnen. Die Figur Davids i|t tadellos in
der Aeichnung, die nur in dem Hunde zu seinen Füßen
in verwunderliche Formen umschlägt, und entwickelt
eine entschiedene und freie Bewegung gegen die Frauen
hin. Sein Gesicht trägt einen eigenthümlichen schlicht
bürgerlichen Ausdruck, und ist wohl etwas älter gedacht,
als mau sich David vorzustellen pflegt. Die Stellung

der zusammensprechenden Lanzknechte gegen einander ist
voll ungezwungenen Lebens; besonders entfalten die
Köpfe wieder eine vollendete Charakteristik, und über-
haupt erweist sich durch die wohlverstandene Anordnung
des Ganzen, durch seine Reinheit der Formenbildung
und eine eigenthümliche Milde in Ton und Behandlungs-
weise unser Martin Schongauer neuerlich als einen so
verständigen wie gemüthlichen Meister. Vortheilhaft
unterscheidet sich auch der hügeliche Landschaftsgrund von
den oft so barock-phantastischen Ausartungen zeitgenos-
sener Meister durch einfachen und naturwahren Schwung
der Linien und warme Färbung. — Das Bild befand
sich früher zu Mindelheim in der gräflich Rechberg'schen
und nachher in der fürstlich Oettingen-Wallerstein'schen
Galerie im Kloster Deggingen; 1828 aber kam es mit
andern Gemälden der oberdeutschen Schule aus dem
15ten und IGten Jahrhundert nach Schleißheim, und
von dort, bei Einrichtung der königlichen Pinakothek im
Jahr 1836, in diese. Das Monogramm in der untern
linken Ecke, ein gvthisches M. E. mit der Jahreszahl
1480, ist offenbar von neuer Hand und zwar zu einer
Aeit, da man es noch für des Martin Schougauer's
hielt, während es später für einen ganz verschiedenen,
dem Namen nach übrigens jetzt noch unbekannten Meister
in Anspruch genommen wurde, in den Grund radirt.

(Fortsetzung folgt.)

Nachrichten vom December.

Akademien und Vereine.

Pcsth, 6. Dec. Die oon unserer Gesellschaft patriotischer
Kunstfreunde vor vier Jahren gegründete Actienunternch-
mung, um durch Ankauf und Vcrloosung von Kunstwerken,
die auf der hiesigen jährlichen Ausstellung erscheinen, die
Wirksamkeit der Gesellschaft, über die Ausbildung junger
Talente hinaus, auch auf die Leistungen ausgebildeter Künstler
auszudehnen, hat in diesem Jahre wieder zu erfreulichen
Resultaten geführt. Die Kunstausstellung selbst entliielt m
Werke, von denen 18 Bilder und ein plastisches Werk für
s/>42 st. Eonvln. vom Vereine zur Verloosung angekauft
wurden. Außerdem kauften Privatpersonen auf der Aus-
stellung 16 Bilder, zusammen im Preise von 5 i 7 4 st. Convni.
Der Absatz von 157 5 Stück Actien a r. fl., nebst dem Erlöse
für Eintrittskarten zur Ausstellung, gab eine Jahreseinnahme
von 855g fl. Convni., wovon, den Statuten gemäß, ein
Fünftel zur später» Verwendung zu öffentlichen Kunstzwecken
zurückgelegt wurde.

Berlin, i5>. Dec. In der gestrige» Versammlung des
wissenschaftlichen Kunstvereins legte der aus München hier
anwesende Dr. E. Förster sein so eben bei G. Reimer
erschienenes Werk: „ Die Wandgemälde der St. Georgencapelle
zu Padua" vor und gab nähere Auskunft über die in jener
Capelle voll ihm aufgedeckte» ei Gemälde desAvanzo von
Verona, welcher dieselben im I. 1S77 vollendete. — Der

* Pinakothek Cab. vii. Nr. 145.
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