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2ß 10.

K n n s t b

Donnerstag, den 4. /ebruar 1841.

Arber Martin Schonganer's Velgemätde und
Handzcichnnngen.

(Fortsetzung.)
v. In London.

In der Sammlung des Herrn Adcrs.

12) „Die Ausstellung Christi vor dem Volke."

Eine reiche Composition voll sprechender Köpfe, das
Antlitz Christi voll hoher Schönheit und Milde, in den
Köpfen der Widersacher jedoch viel Caricatur. DicAeich-
nung des Nackten ist mager, die Färbung ohne Tiefe im
Ton, von dünnem Aufträge, aber sehr geistreicher Pin-
felführung. Dies Gemälde entspricht insbesondere den
Kupferstichen Martin Schongauer'6, wo wir, wie z. B.
in dem großen Blatte der Kreuztragung, eben so der
hohen Milde des Erlösers seltsam karikirtc Gestalten
unter den Peinigern gegcnübergestellt sehen. *

Au den unzweifelhaften Werken unseres Meisters
könnten allenfalls noch jene gezählt werden, deren sein
späterer Aeitgenosse Wimpfeling freilich nur in allgemei-
nen Ausdrücken gedenkt, indem er Schougaucr's Gemälde
in den Kirchen des heiligen Martinus und Franziskus
in Colmar als unvergleichliche Meisterwerke hinstellt,
welche zu studiren und nachzubilden Künstler von Nahe
und Ferne zusammenströmtcn. ** Grüneisen *** legt
Wimpfeling auch die Erwähnung eines ferneren Werkes
über dem Altäre des heiligen Sebastian bei den Prediger-
Mönchen zu Schlettstadt in den Mund, wird aber wohl
diese Nachricht aus anderer Quelle oder wenigstens einer
verschiedenen Ausgabe jenes Autors geschöpft haben,
denn die uns vorliegende (Marburg >502) spricht nur
von den Bilder» zu Colmar, und zwar ini 67sten, nicht
aber im 68sten Kapitel, welch letzteres de fortiiudine
Gerinaiiormn überschritten ist. lieber das Schicksal dieser

* Paffavant. I. D„ Kimstreis« d. England u. Belgien.
Franks. ,833. S. 97.

** Am angef. One S. 71.

*** Am angef. One S. vr.

Malereien und zunächst über die Frage, ob und unter
welches Meisters Namen sie etwa noch bestehen, ist,
besonders bei dem Mangel aller näheren Beschreibung
derselben, kaum möglich etwas in Erfahrung zu bringen.
Bewegungsvolle, insondcrs der Kunst und ihren Gebilden
verderbliche Aeitläufte liegen zwischen Wimpfeling's Aeug-
niß und uns: wahrscheinlich wurden auch sic deren Opfer.
Vielleicht auch sind jene aus den Colmarcr Kirchen zum
heiligen Martin und Franziskus identisch mit den oben
besprochenen, dermal noch im dortigen Münster und der
Bibliothek befindlichen. Oder dürfte der muthmaßliche
Bezug des Schlettstadtcr Bildes zum Patrone des Altars,
über welchem es hing, dem heiligen Sebastian nämlich,
ohne allzugrofies Wagniß dahin schließen lassen, daß cs
die nunmehr der Wiener Galerie angehörige Darstellung
eben dieses Heiligen (stehe oben Nr. 4) gewesen?

11. Lweiftlhast«.
a. 3» München.

13) „Der heilige Servatius, in bischöflichem Ornate."
(Auf Holz. 2' 5" hoch. 1' 8" 6'" breit.) *

Er sitzt nach links gewendet, vor einem Lesepulte
mit aufgeschlagenem Buche, und ist in ein Priestergcwand
von jenem, dem Martin Schongauer sehr cigenthümlichen
Grünblau mit rothem Cinfaß gekleidet, eine gleichfarbige
Insul bedeckt das ungehärtete Haupt, ein rosenrothcr
mit Gold verbrämter Mantel stießt von seinen Schultern
auf den Boden nieder; seine Linke ruht auf dem offenen
Buche, die Rechte setzt eine Brille auf die Nase. Hinter
dem Lesepult steht ein höheres Fachwcrk, darin einige
Bücher liegen. Links zu des heiligen Bischofs Füßen
lehnt ein Wappen mit drei hölzernen Schuhen und
weiter unten liest man auf einem viereckigen weißen
Schilde:

zu lüttid; teil glauben lernt ick)

Servatius to warf man midi
mit boizkchuh zu tost aus der fort
;u Mastrit id; begraben warb.

* Pinakothek Saal I. Nr. ,5.
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