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bereits über einzelne Miniaturnialereien besitzen, die
bildende Kunst des Mittelalters in genetischer Entwicke-
lung vor uns; an mehreren Stellen tritt uns auf über-
raschende Weise ein seither ungekannter Zusammenhang
entgegen. An solchen Werken zwar, die sich, wie der
ambrosianische Homer, der vaticanische Virgil, das Ma-
nnscript der Genesis zu Wien, noch unmittelbar an die
klassische Kunst anreihen, fehlt es in dieser Uebersicht.
Doch stehen die älteren Arbeiten speciell byzantinischer
Kunst, demSten und lOtenJahrhundert angehörig, die sich
auf der Pariser Bibliothek befinden, dem classischen Alter-
thum ebenfalls noch auffallend nah; an diese reihen sich
die folgenden Werke byzantinischer Kunst an, die noch
im 12ten Jahrhundert bedeutend, und erst im 13ren und
14tm wesentlich entartet erscheinen. So fehlt es auch
für die Barbaristrung der gleichzeitigen italienischen
Kunst nicht an Beispielen. Sehr wichtig sind sodann
die Arbeiten der karolingischen Periode. Der Charakter
der Arbeiten unter Karl dem Großen wird nach sicheren
Beispielen festgestellt und die Werke des 9ten Jahrhun-
derts, namentlich die aus der Zeit Karl's des Kahlen,
von diesen unterschieden. (Die Bibelhandschrift in S.
Calisto zu Rom, früher in St. Paul vor der Stadt, die
durch d'Agincourt bekannt ist, wird als der Epoche Karl's
des Kahlen angehörig bezeichnet.) Diesen, noch immer
antikisirenden Werken gegenüber stehen die der angel-
sächsischen Kunst, deren Blüthe schon der Zeit um 700
angehört und die eine höchst eigenthümliche Ausbildung
ciue-s nordischen (gewiß auf alt-nationaler Grundlage
beruhenden) Formensinnes bekunden; auch in der frän-
kischen, so wie selbst in der niederländischen Kunst zeigt
sich ihr Einfluß. Dann folgt die Blüthe deutscher Kunst
zur Zeit der sächsischen Herrschaft, unter byzantinischem
Einfluß; als wichtige Beispiele werden hier daS Evan-
geliarium zu Trier und das aus Epternach in der Biblio-
thek von Gotha, beide aus dem tOteu Jahrhundert her-
rührend, genannt. (Ihnen reihen sich die zahlreichen
Miniaturen dieser und der nächsten Zeit, aus dem Dom-
schatze von Bamberg, jetzt zumeist in München befindlich,
an.) Für die mannigfaltigen Uebergänge im Ilten und
t2ten Jahrhundert, i» denen byzantinisch antike Einflüsse
und nordische Formenweife durcheinander gehen, eben so
für den lebhaften Aufschwung der Kunst um das Jahr
1200, werden zahlreiche Beispiele angeführt; noch mehrere
für die Entwickelung und Ausbildung der gothischen
Kunstrichtung in den verschiedenen Ländern, im l3ten
und l4ten Jahrhundert, in denen zuerst die nationalen
Elemente frei und unbehindert hervortreten. Höchst be-
deutend ist sodann der neue Aufschwung, den die Kunst
in der zweiten Hälfte des Ilten Jahrhunderts bei Fran-
zosen und Niederländern nahm. Hier verbindet sich mit
der größeren Strenge des gothischen Styles bereits das

Streben nach Naturalistik und eigentlich malerischer
Wirkung; namhafte Künstler, wie A. Beaunevreu,
Jacquevrart, Hodin u. A., treten uns entgegen,—
und die Kunstschule, ans welcher die van Eyck's her-
vorgegangen sind, steht deutlich vor unser» Augen. Wie
aber diese Meister aus der Schule der Miniaturmalerei
hervorgegangen sind, so haben auch sie und ihre Nach-
folger eine große Menge der interessantesten Werke solcher
Art geschaffen. Der bedeutenden Anzahl schon bekannter
Arbeiten werden hier mancherlei neue und zum Theii
sehr wichtige zugefügt, vornehmlich aber wird das Bre-
vier des Herzogs von Bedfort ljetzt zu Paris), an welchem
die Brüder van Eyck selbst und ihre Schwester Marga-
retha gearbeitet, ausführlich charakterisirt. Neben der
niederländischen Schule des löten Jahrhunderts ent-
wickelte sich, in der zweiten Hälfte desselben, wiederum
eine eigenthümliche französische Schule der Miniatur-
malerei, die in einzelnen Leistungen allerdings den
Niederländern verwandt, in andern aber auch sehr selbst-
ständig erscheint. Das Haupt dieser Schule ist Jean
Fonquet von Tours, Hofmaler Ludwig',sxi. Dann
treten in die französische Kunst zugleich italienische Ein-
flüsse herein, und schon in der früheren Zeit des löten
Jahrhunderts, namentlich in den Arbeiten deS Gode-
froy, zeigen sich hier Leistungen, die als das Vorbild
der später» Schule von Fontainebleau erscheinen. Endlich
ist noch der Bemerkungen über italienische Miniatur-
malereien des löten Jahrhunderts, namentlich über
Arbeiten des Attavante, und über solche, die dem
löten Jahrhundert, namentlich dem Ginlio Clovio
angehören, zu gedenken.

Die Betrachtung der Miniaturmalereien führt zu
den Werken der modernen Kunst, wie sich diese vor-
nehmlich in den Staffeleigemälden darstellt. Die zahl-
reichen Gemäldesammlungen von England, die große
Sammlung des Pariser Museums geben dem Verf. deu
reichhaltigsten, Stoff zu Bemerkungen, denen denn auch
der größere Theil seines Werkes gewidmet ist. Hier
aber ist somit auch die Reihe dieser Bemerkungen so
groß und mannigfaltig, daß es unmöglich wird, auf die
einzelnen Punkte einzugehen, und daß nur die allge-
meinste Uebersicht gegeben werden kann. Von Werken
über die Entwickelungsperioden des I4ten und löten
Jahrhunderts kommt nicht eben viel vor, doch darunter
Einzelnes von großer Bedeutung; manche merkwürdige
Bilder altitalienischer Meister (z. B. ein beglaubigtes
von Simone di Martin» in der Liverpool-Institu-
tion) werden näher besprochen, besonders aber manche
sehr wichtige Bilder der flandrischen Meister dieser Zeit.
Wie reiche Schätze von den großen Meistern des löten
Jahrhunderts in Paris und in den englische» Samm-
lungen bewahrt werden, ist bekannt; ich müßte fast die
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