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V TO.

Kunstblatt.

Donnerstag, den 2. September 78-11.

Sir David W 11 k i e.

(Revue brilanniquc, Juin 1841.)

England hat einen seiner populärsten Künstler ver-
loren, dessen Talent in seinem Vaterlande, wie in der
ganzen Künstlerwclt Europas, am wenigsten angefochten
worden ist. Sir David Wilkie starb, vom Orient zu-
' rückkchrend, wo er neue Nahrung für sein Talent gesucht
\ hatte. Seinem strebenden Geiste hatte es schon seit
mehreren Jahren nickt mehr genügt, der Teniers des
englischen Lebens zu scyn; voll Kraft und Trieb seinen
Ruhm zu erhöhen, indem er seine Manier änderte und
seine Gegenstände erneuerte, harte er die spanische und
venetianische Schule studirt, spanische und venetianische
Gegenstände behandelt, und war eben so enthusiastisch
für Velasqucz und Tizian geworden, als er cs für Ho-
garth und Ostade gewesen war.

Voll Hoffnung theilten sich die Freunde SirWilkie's
seine Briefe mit, in denen er mit dem frommen En-
thusiasmus eines schottischen Künstlers die Gefühle be-
schreibt, die ihn bei dem Anblick des Landes und der
Sitten des Orients ergriffen, und die Begeisterung, die
' er bei seinem Eintritt in den Hafen von St. Jean
d'Acre empfunden. Unmöglich konnte das doppelte leb-
hafte Gefühl des Malers und Christen für die Kunst
fruchtlos bleiben. Wilkie kehrte mit einer Menge von
Skizzen und Entwürfen zurück, nacbdem er auch in
Aegypten das Bildniß Mehemed Ali's gemacht hatte.

Leider trug er den Keim der Krankheit, die ihn da-
hinraffte, schon seit einiger Zeit in sich, und schon öfters
sprachen die öffentlichen Blatter von seinem traurigen
Gesundheitszustand; aber er vergaß in seinem Eifer und
Entzücken, das, man in einem heißen Klima seine Kräfte
schonen muß. J>, Malta, erschöpft durch die Hitze,
beging er die Unvorsichtigkeit, Erdbeeren und Eislimv-
nadc zu genießen. Am 31. Mai fuhr das Dampfschiff
l’Onental, auf welchem Wilkie mir seinem Freunde
M. Woodburnc die Ueberfahrt machte, in die Bay von

Gibraltar ein, um Depeschen einzunehmen. Um 6 Uhr
ging M. Woodburnc in Sir David's Cabinet, um ihn
zum Thec zu rufen; Sir David sagte ihm aber, daß er
wünsche, zuvor einen Arzt zu cousnltircu. i>e. Gattic
und Dr. Brown, welche sich am Bord befanden , besuchten
ihn, und fanden ihn kränker, als er es selbst glaubte.—
Ohne Leiden nahmen seine Kräfte so schnell ab, daß er
ganz sanft, umgeben von seinen Freunden und den
beiden Aerzten, schon um 8 Uhr entschlafen war.

Die Passagiere des Bootes baten den Capitän, an
die Küste zurück zu fahren, um die Leiche in Gibraltar
zu beerdigen; er that es; aber die Befehle des Gouver-
neurs sind so streng, daß mau die Erlaubniß, den Leichnam
an das Land zu bringen, nicht erhalten konnte, und
genöthigt war, ihm das Begräbniß der Matrosen in der
Bay zu geben, d. h. ihn mit allen gebräuchlichen Ccre-
monien in das Meer zu versenken.

Sir David Wilkie's Vater war ein Geistlicher in
der Nähe von Cupar in der Grafschaft Fise und Ver-
fasser eines Werkes, welches den Titel trägt: „Theorien
der einfachen und zusammengesetzten Zinsrechnung, ans
den ersten Principien abgeleitet, mit Anwendung auf
Jahresrechnungen aller Art. Er bewohnte dieselbe Pfarrei,
in welcher sich früher die Mörder des Erzbisthofs Sharpe
verbargen. Sir David war der jüngste von vier Kindern,
und bewahrte seinem Vater stets ein frommes Andenken;
er bewies dies, auch noch, als sein Name schon berühmt
war, indem er durch seinen Freund Sir Francis Chantrey
ein Monument zu Ehren des Verstorbenen fertigen ließ.

Das Künstlertalent soll sich bei Sir David früh
gezeigt haben, und seine Kameraden erzählen, daß er
alle ihre Porträts gemacht, und wenn einer der Schüler
vom Lehrer verurtheilt worden, neben dessen Stuhle
stehen oder knieen zu bleiben, so habe Sir David nie
verfehlt, diese gezwungene Stellung in den Freistunden
als Modell zu benutzen.

Er hatte auch die Violine gelernt, und versprach oft
den Bauern, ihnen ein beliebtes Lied zu spielen, wenn
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