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und als zweites Bild seine Bitte um Aufnahme vor
dem Throne des Phäaker-Königs. An der vierten Fen-
sterwand zeigen sich nebst den einzelnen Figuren Athena's
und Poseidaon's die Darstellungen, wo Odysseus mit
dem Ausrufe gereizter Empfindlichkeit

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den Preis im Diskosspiele über den jüngeren Phäaker
davon trägt, und endlich, wo der Sänger Damodokvs
die eigenen Thatcn des Odysseus singt, und dieser sein
Antlitz verbirgt, ehe er, anfgefordert, sich mit den er-
habenen Worten kund gibt:

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Wir wollen in der vollen Ueberzeugnng, wie un-
fruchtbar der Kunst und einer klaren Kunstansicht die
Detailbeschreibung von Bildern ist, unfern Lesern nicht
mit einer solchen lästig fallen und uns begnügen, zu
sagen, daß dasselbe, was wir von dem ersten Bilde
sagten, für alle anderen gültig ist. Unser Zweck bei
Erwähnung dieser Werke war ja nur, an einem positiven
Beispiele darzuthnn, wie wir uns denken, daß geniale,
unterrichtete, von convenkionellen Fesseln freie, aufrich-
tige, mit echtem Sinne für Schönheit und Charakteristik
begabte Künstler unserer Zeit, griechische Gegenstände
auffassen und darstellen sollten. Wir stehen also nicht
an, unsere Meinung frei dahin auszusprechen, daß wir
Allem, was wir von homerischen und griechischen Ge-
dichten in neuerer Zeit gemalt gesehen haben, diese Bilder
vorziehen, und sie zum Heile der Kunst als Muster echt
griechischer Auffaffungs- und Darstellungsweise anerkannt
zu sehen wünschten.

Darf man dem Großen, ganz durchgebildetcn und
durchgeführten in der Kunst das Kleinere nur skizzenhaft
angedeutere an die Seite stellen, so müssen wir, um
nicht einseitig und parteiisch zu erscheinen, in Beziehung
auf echt griechische Anfsassnngs - und Darstellungsart
neuer griechischer Werke, neben den schon erwähnten Ar-
beiten eines Carstens und Wächter, noch die geistreichen
Skizzen des Engländers Flarmann und vor Allem die
unübertrefflich schönen Composirionen des großen Schinkel
für den Porticus des Museums in Berlin nennen.

Daß gleich treffliche Darstellungen im echt antiken
Geiste auch den Bildhauern neuer Zeit gelungen sind,
erwähnen wir hier im Allgemeinen, weil wir uns lediglich
mit der Malerei beschäftigen.

Wir wollen Werken anderer Richtung in anderen
Fächern malerischer Aufgaben durchaus nichts an ihrem
Werthe benehmen und zollen im Gegentheile den Schöpfun-
gen der großen Maler unserer Zeit, welche namentlich
den religiösen Darstellungen ihr Streben widmeten, volle
Anerkennung und Bewunderung. Aber mag cs nun in
unserer individuellen Ansicht über schöne Kunst, mag cs

in dem Vorzüge antiker Gegenstände selbst liegen, wir
gestehen gerne, daß cs uns eine wahre Erquickung scheint,
in diesen Bildern der Odyssee ein reines Streben nach
-der Schönheit der Form, der Charakteristik und der
Farbe wahrzunehmen, wie es die griechische Kunst er-
heischt. Sollte man uns bei soartigem Streben die
Gefahr einer drohenden Allgemeinheit der Physiognomik
entgegenstellen, so glauben wir erstens für den speciellen
Fall unsere Bilder als Gegenbeweis, die bei ungeschmä-
lerter Schönheit höchst charakteristischen Köpfe der Kalypso,
des Hermes, Odysseus, der unnachahmlich schönen Nau-
sikaa, des Alkinoos und Damodokos anführen zu dürfen.
Sollte aber endlich auch auf diesem von uns angege-
benen Wege die Antike zu behandeln, die Verschie-
denheit der Köpfe etwas vermindert werden müssen, so
scheint uns dieses eher ein Gewinn wie ein Opfer zu
nennen, wenn diese Verschiedenheit nur auf dem Wege
gleichsam ans allen Ecken znsamniengetriebener Caricatnr-
Charakteristik erreicht werden soll, wo ein rhätischer,
norischer, obotritischer, wendischer oder gar slavischer
Bengel, Bettler oder Bauer, tale quäle als Apollon,
Zeus, Hermes oder Ares figurircnd, jeden Sinn für
Schönheit und Schicklichkeit beleidigt.

Die Grenzen einer jeden Kunst kennen ist endlich
stets die Hauptsache, und diese müssen rücksichtlich des
Ausdruckes und der Charakteristik in der Malerei stets
enger gesteckt seyn, als die der absoluten, wir mochten
sagen, canonischen Schönheit, wenn die erste nicht etwa
etwas Anderes als Schönheit, das heißt, nach della
Casa'sAusspruch: „Eins und so viel nur immer möglich,"
seyn zu wollen sich herausnimmt.

Aber in diesem letzten Falle würde die Malerei
offenbar eine Specialität des Ausdruckes innerer Seelcn-
zustände verfolgen, welche ihr nicht angehört und damit
einen frevelnden Fuß in das Gebietstheil der Poesie
setzen, welches ihr ewig unzugänglich bleiben wird. Sie
würde dann aus diesem znrückgedrängt und ihr eigent-
liches Reich verlassen habend, gleichsam im Nichts zwischen
Himmel und Erde schweben.

Wir haben also hier dem Namen und der Sache
nach mit aller Klarheit und Bestimmtheit unsere Ansicht
über die richtige Auffassungsart antiker Gegenstände in
der Malerei ausgesprochen und müssen nur noch wieder-
holen, daß die treffliche Farbe und Ausführung dieser
Bilder von dem Materiale, welches dafür verwendet ist,
auf daö vollkommenste unterstützt wird. Dieses ist, wie
schon gesagt, die Wachs-Harz-Farbe, welche in den
Räumen des Königsbaues allgemein verwendet, dort
ihre treffliche Qualität, Kraft, Klarheit, bequeme An-
wendbarkeit und, bis jetzt wenigstens, intacte Haltbarkeit
bewährt hat, und in allen diesen Punkten noch von keinem
anderen Versuche der Art überrroffen worden ist.
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