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71

K n n s t b

l ö t t

Dienstag ^ den 3. September 1841

Die Kunstausstellung der königlichen Llkademie
in London 1844.

(Fortsetzung.)

Das Grab Christi, unmittelbar »ach der
Auferstehung, von F. Danby. Dieses in der Weise
einer Geistergeschichte gehaltene Bild hat zunächst das
Interesse, daß man daran die noch fortdauernde Nach-
wirkung eines deutschen Künstlers in diesem Lande, des
Schweizers Fueßli, sieht. Es ist noch tiefes Dunkel
auf der Erde und am Himmel, und nur leicht röthet
sich im Morgen der Horizont. -DaS Grab zur Linken
im Vorgrund aber ist geöffnet, und ein glänzendes duf-
tiges Licht strahlt daraus hervor, das bei näherer Be-
trachtung menschliche oder engelgleiche Gestalt gewinnt.
Im Dunkel aber erkennt man zwei Frauen im starken
Vorwärtsschreiten, von denen die eine die Erscheinung
wahrnimmt und entsetzt das Salbengefäß fallen läßt,
die andere aber, um einige Schritte zurück, von dem
Schrecken noch nicht ergriffen ist. Die Gegensätze von
Licht und Dunkel sind mit Bestimmtheit ausgedrückt;
der Moment des Erschreckens indeß, der bei der ge-
wählten Anordnung viel früher hätte cintreffen müssen,
nicht genügend mvtivirt. Dazu gehört unbedingt das
Ileberraschende, Plötzliche der Erscheinung, während das
Nachundnach der Annäherung keinen momentan heftigen
Eindruck zuläsit.

Christus vor dem Grabe des Lazarus von
M. Clarion. Sowohl in der Wahl als in der Aus-
führung des Gegenstandes liegt etwas überraschend Ei-
genthümliches, ein Bestreben jedenfalls, neu und wahr
zu seyn. Der Heiland steht vor einem mit einem Stein
verschlossenen Felsengrabe, dem man freilich nicht anse-
hen kann, daß cs den Leichnam Lazari birgt, noch we-
niger, daß derselbe zum Leben zurückgerufen werden soll,
da die davor kniende und darauf zeigende männliche
Figur zur Erklärung der Handlung nichts beiträgt.
Gegen Christus gewandt stehen und knien die Schwe-

stern des Lazarus, mit flehender Geberde, während er
selbst mit dem Ausdruck innigen Mitgefühls sie und
ihren' Schmerz betrachtet, ohne inzwischen einen be-
stimmten Entschluß anszudrücken. Hinter ihm stehen
einige Männer, zum Theil mit zweifelsvollen Mienen,
doch alle mehr Aposteln ähnlich, als Schriftgelehrten.
Zugleich hat man den Blick in eine freie, sonnige Land-
schaft und auf Jerusalem im Hintergründe. Die ganze
Darstellung ist gcmüthvoll, in allen Motiven wahr em-
pfunden, so daß man über den Mißgriff des (für sich
unerklärlichen) Gegenstandes (der nur in einer Reihen-
folge zur angedeuteten Geschichte die rechte Stelle fände)
leicht hinübergetragen wird. Die Charakteristik ist durch-
aus edel, und, mit Ausnahme der etwas modern gehal-
tenen weiblichen Köpfe, auch frei, und die Formen im
Sinne eines großen Stpls. Nur die Gewänder mit
ihren kleinen Brüchen und leeren Flächen lassen viel zu
wünschen übrig. Die Färbung im Ganzen ist rosig und
licht, die Schatten oft farbig gehalten; da indeß dies
System nicht durchgeführt ist, so ergiebt sich eine etwas
unruhige Haltung, bei aller Würde und allem Ernste
des Kolorits. Der Farbenauftrag und die ganze Weise
der Ausführung ist edel und auspruchlos, so daß das
Gemälde, sobald man sich über seinen Inhalt verstän-
digt, einen sanften, wohlthuendcu Eindruck hervor-
bringt.

In dieser Reihe muß ich noch eines Gastes aus der
Nachbarschaft erwähnen, der sich dazu gesellt; cs ist
eine heilige Familie von Delaroche aus Paris.
Wer diesen Künstler nur aus seinen dortigen Arbeiten
im Palais Lurembourg und im Palais des beaux aus
kennt, der weiß zwar, daß er sich in sehr verschiedenen
Weisen aussprechen kann, allein er wird ihn doch schwer-
lich in diesem Gemälde voll zarten religiösen Gefühls
sogleich wiedererkennen. Die heilige Jungfrau steht im
Freien, in einem gelblich-weißen Gewände mit blauem,
durch einen Gürtel um den untern Körper gehaltenen
Mantel, und drückt das ganz entkleidete Kind, das sich
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