Kniistnachrichten aus Toskana.
(Schluß.)
Neben Lüsternheit und Sinnenkitzel übt das Gräß-
liche, wegen der möglichen Stärke des Ausdrucks, viel-
fach verderbliche Gewalt aus. Dieses mußte noch der
so ausgezeichnete, leider in früher Jugend vom Tod
hinweggeraffte Giuseppe Sabatelli erfahren, der
sein vielversprechendes Talent an die Ausführung einer
jener Mordscenen setzte, durch welche die Kämpfe der
Guelfen und Ghibelline» eine traurige Auszeichnung er-
halten haben, an jene Darstellnng nämlich, wo Fari-
nata's Bruder, genannt l'Asino, dem unglücklichen
Buondelmonte von hinten den Schädel spaltet. Die
Uebertrcibung und Unnatur, in welche er hiebei verfiel,
muß auf Rechnung seines weichen Gemüths geschrieben
werden, das, eine solche Handlung in Wahrheit anzu-
schauen, ganz unfähig war. — Auch in Polastrini's
Gemälde von Francesco Fcruccio fließt Blut, allein cs
ist doch nicht das Blut des Bürgerkrieges, sondern das
eines Märtyrers der Freiheit, der unter der Macht der
Mediceer fiel. Polastrini ist offenbar für die Geistes-
größe seines Helden enthusiasmirt; dazu sind Zeichnung
und Kolorit von augenfälligem Verdienst, und nur in
den Nebenfiguren unnöthig viel Bewegung, was der
Hauptfigur schadet. — Piatti hat Pietro Nicca darge-
stellt, wie er bei der Belagerung Turins zur Rettung
des Vaterlandes Feuer an eine Mine legt, deren er-
stes Opfer er werden mußte. Die Darstellung ist äu-
ßerst lebendig und wahr und zeigt, daß der Künstler sich
ganz in die Begebenheit hineingedacht. Doch auch hier
schadet die heftige Bewegung der Nebenfiguren, mehr
noch indeß die mangelhafte Ausführung. — Dieser Vor-
wurf trifft sicherlich nicht einen andern Künstler, Carlo
della Porta, der in seinen Arbeiten zeigt, daß er die
Werke des 14. Jahrhunderts mit Fleiß gelesen, die des
15. mit Fleiß stndirt hat und mir Eifer nach Wahrheit
trachtet. Davon sprechen seine Cartons: die Erziehung
der Maria durch Anna und Joachim und eine Madonna
in lrouo mit verschiedenen Heiligen, von denen vornehm-
lich der letztere durch Schönheit der Zeichnung, nament-
lich der Gewänder, und durch Wahrheit des Ausdrucks
sich auszeichnet. Derselbe Künstler hat eine bewunderns-
würdige Zeichnung nach Raphaels Madonna dcl Baldachino
im Palast Pitti gemacht. Zotti zeigt in einer Madonna
mit Heiligen ein erfolgreiches Studium der venetianischen
Meister.
Bei dem großen Werth, den man im Allgemeinen
auf Ausbildung der Form legt, fehlt cs doch auch nicht
an solchen, bei denen der Gedanke unter der mangel-
haften Ausführung leidet; dies gilt u. A. von Mari-
ui's lieblich und zart gedachten, frommen Gestalten, !
denen zur Ueberzeugung durchaus eine größere Ueber-
einstimmung mit dem Leben fehlt. Hieher gehört auch
der Franzose Stürler, seit Jahren in Florenz wohn-
haft, der in seinem Christus am Oelberg von der Tiefe
seiner Conception und dem Ernste seiner Empfindung
ein eben so schönes Zeugniß gegeben, als ein unerfreu-
liches von der Beschränkung seines Talentes in der Aus-
führung durch Vorbilder wie Overbeck und durch Ver-
nachlässigung der Natur und der Technik.
Bei weitem die größte Aufmerksamkeit verdient,
nach unserm Berichterstatter, ein junger Künstler, dessen
Talent noch nicht gehörig gewürdigt ist, obschon er ganz
entschieden den richtigen Weg gefunden zu den Darstel-
lungen aus der Religion und dem Mittelalter, das ist
Lnigi Mussini. Seine „heilige Musik" nimmt unter
den Werken der Zeitgenossen eine der ersten Stellen ein.
Erhabenheit der Conception, Lebensathem im Antlitz,
Formen von raphaelischer Schönheit, correkte Zeichnung,
ein wenig strenge aber schöne Gewandung und nur —
mangelhafte Färbung; welches Lob, wie Tadel, sich wie-
derholt in einem zweiten Gemälde von ihm, für welches
er die Liebe Abälards und Heloisens zum Gegenstand
genommen, und bei dessen Ausführung er sich unter
geringer Zustimmung seiner Landsleute zu sehr an die
Manier von Overbeck gehalten zu haben scheint.
Außer diesen Künstlern werden noch mit Auszeich-
nung genannt: Rasori, Cav. Liberati, Buona-
roti, Lapi, Turchi, Mvrelli, Servolini, Ca-
lamai, Cesari, Lami rc.
Unter den Kupferstechern ist Jesi bekannt durch
seinen gelungenen Stich nach Raphaels Leo X., davon
er die Abdrücke in Paris machen läßt. Perfetti ar-
beitet an einem Blatt nach Andrea bei Sarto's Geburt
Mariä ln der Annunziata. — Sodann ist eine Anzahl
jüngerer Kupferstecher beschäftigt, die Hauptwerke aus
der Gemäldesammlung der Akademie herauszugeben, bei
welchem Unternehmen wir ihnen Geschick, Treue, Aus-
dauer und hinlängliche Unterstützung von Herzen wün-
schen. — es. —
Nachrichten vom September.
Akademien und Vereine.
Kopenhagen. (Schluß.) Ferner legte Major Fasting
eine bedeutende Sammlung eskimoischer Alterthümer vor,
welche er selber der Gesellschaft darbet, darunter ein großer
so genannter Angmakftein, bei Godhaven gefunden, und meh-
rere abgespaliete Stücke derselben Stcinart von den nordgrbn-
tändischc» Küste»; eilte größere Anzahl solcher Stücke auch
von härteren Stcinartcn, wie Chalcedon und Hornblende,
welche der Kauflnann Grundeiy zu Jkarcsak im Kreise Uma-
nak gesammelt, außerdem 7 zugehauenc und 5 geschliffene
Pfeilspitzen, 2 Harpuncnspitzen, eine Lanzcnspitze und ein ab-
gebrochener Bohrer; ein Frauenmesser von Eisen und Eichenholz,
(Schluß.)
Neben Lüsternheit und Sinnenkitzel übt das Gräß-
liche, wegen der möglichen Stärke des Ausdrucks, viel-
fach verderbliche Gewalt aus. Dieses mußte noch der
so ausgezeichnete, leider in früher Jugend vom Tod
hinweggeraffte Giuseppe Sabatelli erfahren, der
sein vielversprechendes Talent an die Ausführung einer
jener Mordscenen setzte, durch welche die Kämpfe der
Guelfen und Ghibelline» eine traurige Auszeichnung er-
halten haben, an jene Darstellnng nämlich, wo Fari-
nata's Bruder, genannt l'Asino, dem unglücklichen
Buondelmonte von hinten den Schädel spaltet. Die
Uebertrcibung und Unnatur, in welche er hiebei verfiel,
muß auf Rechnung seines weichen Gemüths geschrieben
werden, das, eine solche Handlung in Wahrheit anzu-
schauen, ganz unfähig war. — Auch in Polastrini's
Gemälde von Francesco Fcruccio fließt Blut, allein cs
ist doch nicht das Blut des Bürgerkrieges, sondern das
eines Märtyrers der Freiheit, der unter der Macht der
Mediceer fiel. Polastrini ist offenbar für die Geistes-
größe seines Helden enthusiasmirt; dazu sind Zeichnung
und Kolorit von augenfälligem Verdienst, und nur in
den Nebenfiguren unnöthig viel Bewegung, was der
Hauptfigur schadet. — Piatti hat Pietro Nicca darge-
stellt, wie er bei der Belagerung Turins zur Rettung
des Vaterlandes Feuer an eine Mine legt, deren er-
stes Opfer er werden mußte. Die Darstellung ist äu-
ßerst lebendig und wahr und zeigt, daß der Künstler sich
ganz in die Begebenheit hineingedacht. Doch auch hier
schadet die heftige Bewegung der Nebenfiguren, mehr
noch indeß die mangelhafte Ausführung. — Dieser Vor-
wurf trifft sicherlich nicht einen andern Künstler, Carlo
della Porta, der in seinen Arbeiten zeigt, daß er die
Werke des 14. Jahrhunderts mit Fleiß gelesen, die des
15. mit Fleiß stndirt hat und mir Eifer nach Wahrheit
trachtet. Davon sprechen seine Cartons: die Erziehung
der Maria durch Anna und Joachim und eine Madonna
in lrouo mit verschiedenen Heiligen, von denen vornehm-
lich der letztere durch Schönheit der Zeichnung, nament-
lich der Gewänder, und durch Wahrheit des Ausdrucks
sich auszeichnet. Derselbe Künstler hat eine bewunderns-
würdige Zeichnung nach Raphaels Madonna dcl Baldachino
im Palast Pitti gemacht. Zotti zeigt in einer Madonna
mit Heiligen ein erfolgreiches Studium der venetianischen
Meister.
Bei dem großen Werth, den man im Allgemeinen
auf Ausbildung der Form legt, fehlt cs doch auch nicht
an solchen, bei denen der Gedanke unter der mangel-
haften Ausführung leidet; dies gilt u. A. von Mari-
ui's lieblich und zart gedachten, frommen Gestalten, !
denen zur Ueberzeugung durchaus eine größere Ueber-
einstimmung mit dem Leben fehlt. Hieher gehört auch
der Franzose Stürler, seit Jahren in Florenz wohn-
haft, der in seinem Christus am Oelberg von der Tiefe
seiner Conception und dem Ernste seiner Empfindung
ein eben so schönes Zeugniß gegeben, als ein unerfreu-
liches von der Beschränkung seines Talentes in der Aus-
führung durch Vorbilder wie Overbeck und durch Ver-
nachlässigung der Natur und der Technik.
Bei weitem die größte Aufmerksamkeit verdient,
nach unserm Berichterstatter, ein junger Künstler, dessen
Talent noch nicht gehörig gewürdigt ist, obschon er ganz
entschieden den richtigen Weg gefunden zu den Darstel-
lungen aus der Religion und dem Mittelalter, das ist
Lnigi Mussini. Seine „heilige Musik" nimmt unter
den Werken der Zeitgenossen eine der ersten Stellen ein.
Erhabenheit der Conception, Lebensathem im Antlitz,
Formen von raphaelischer Schönheit, correkte Zeichnung,
ein wenig strenge aber schöne Gewandung und nur —
mangelhafte Färbung; welches Lob, wie Tadel, sich wie-
derholt in einem zweiten Gemälde von ihm, für welches
er die Liebe Abälards und Heloisens zum Gegenstand
genommen, und bei dessen Ausführung er sich unter
geringer Zustimmung seiner Landsleute zu sehr an die
Manier von Overbeck gehalten zu haben scheint.
Außer diesen Künstlern werden noch mit Auszeich-
nung genannt: Rasori, Cav. Liberati, Buona-
roti, Lapi, Turchi, Mvrelli, Servolini, Ca-
lamai, Cesari, Lami rc.
Unter den Kupferstechern ist Jesi bekannt durch
seinen gelungenen Stich nach Raphaels Leo X., davon
er die Abdrücke in Paris machen läßt. Perfetti ar-
beitet an einem Blatt nach Andrea bei Sarto's Geburt
Mariä ln der Annunziata. — Sodann ist eine Anzahl
jüngerer Kupferstecher beschäftigt, die Hauptwerke aus
der Gemäldesammlung der Akademie herauszugeben, bei
welchem Unternehmen wir ihnen Geschick, Treue, Aus-
dauer und hinlängliche Unterstützung von Herzen wün-
schen. — es. —
Nachrichten vom September.
Akademien und Vereine.
Kopenhagen. (Schluß.) Ferner legte Major Fasting
eine bedeutende Sammlung eskimoischer Alterthümer vor,
welche er selber der Gesellschaft darbet, darunter ein großer
so genannter Angmakftein, bei Godhaven gefunden, und meh-
rere abgespaliete Stücke derselben Stcinart von den nordgrbn-
tändischc» Küste»; eilte größere Anzahl solcher Stücke auch
von härteren Stcinartcn, wie Chalcedon und Hornblende,
welche der Kauflnann Grundeiy zu Jkarcsak im Kreise Uma-
nak gesammelt, außerdem 7 zugehauenc und 5 geschliffene
Pfeilspitzen, 2 Harpuncnspitzen, eine Lanzcnspitze und ein ab-
gebrochener Bohrer; ein Frauenmesser von Eisen und Eichenholz,