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Nr. 41

u N st - B l ü t r.

D 0 n v e r st a g, d e u 22. M a k 1 8 2 I.

Altgriechisches Basrelief in Medaillon-Form,

den Besuch der Venus bey dem Anchises vor-
stelllend.

In dem siebenten Heft des Tischbein'schen .,llkom«r
»rcll Xntitie» ALLeictrnei" 1821. Das. 3. erhielten
Tank der wiederbegvnneuen Fortführung dieses lange un-
terbrochenen Unternehmens, die erste Abbildung eines lchvn
um 1797 in Epirus gefundenen bronzenen Basreliefs, wel-
ches eben so sehr durch die mythologische Darstellung, als
durch seinen eigenthümlichen, selbst technischen, Kunst-
Verth sich auszcichner. Beym ersten Anblick des dort nur l
im Umriß gezeichneten Werkes erinnerte ich mich, daß im
Jahr i8oo oder >5oi ein sorgfältiger Gypsabguß dieses
Rundwerks, mit stark erhobenen Figuren, mir, als er
eben angclangt war, von Heyne gezeigt wurde, — so viel
ich mich entsinne, noch ohne entschiedene Bestimmung des
VorgestelltkN, — wo ich über die Schönheit dieses wohller-
haltenen griechischen Bildwerks ungemein erfreut war, wie
ich denn seitdem von ähnlichem kaum spanner-weiten Umfang
kein anllkes oder modernes Hochbild von gleicher Zierlich-
keit gesehen habe. Noch vor wenigen Jahren hoffte ich,
eine Abbildung desselben in Dodw e ll's Reite durch Grie-
chenland anzutresftn, da ich mich in dem Namen des Ein-
senders geirrt hatte.

Der hier vorgestellte, sonst auf andern Denkmalen
nicht vorkvmmende, mvtbolvgische Gegenstand hat eine
dreyfache Auslegung erfahren, wovon, da eine andere
wohl nicht weiter'" denkbar ist, nur eine die wahre sepn
kann. Im Gegensatz zu der Ansicht Hirt's, der hier die
Venus und Heu Anchises erblickt, werden von dem Heraus-
geber der neuen Hefte, Hrn, vr. Schorn, die bepden Haupt-
sigurcn als „Venus und Paiis“ uns vorgeführt, welche
Deutung durch die nähere Er klärung des Costum's, der Ge-
bärde rc., als die wahricheinlichrre ausgestellt wird. Mir
schien dessen ungeachtet die Annahme Hirt's, der nachher auch
Borkiger beypfiichtere, die vorzüglichere zu sepn, da keine
Stelle der alten Dichter oder Mplhographen, also über-
haupt die in dem trojanischen Kreise uns hinlänglich be-
kanute mpchvlogischc Sage nicht, darauf hindeulet, daß

ein solches einzelnes Zusammentreffen der Venus und dek
Paris, beyde nebeneinander sitzend, füglich von dem
Künstler hätte dargestellt werden können. Dagegen dürste
sich gegen jene andere Scene, den Besuch der Venus bey
dem Anchises auf dem Jda, nichts Erhebliches erinnern
lassen, wie dieses Zusammentreffen, in seiner Allgemein-
heit, gleichviel ob aus dem Homerischen Hymnus auf dir
Aphrodite, oder aus der übereinstimmenden Sage, den
Künstlern bekannt seyn mußte. Eiue dritte Deutung findet
sich in Goethe's, „Ueber Kunst und Alterthum", in dem
lürzlich erschienenen ersten Hefte des IV. Bandes @. 31 - 34,
nach einer kurzen Beschreibung jenes Kunstwerks, die wir
hier also, nach zweyfachem Vorgänge, nicht füglich erneuern
durften. Der größere Amor zur Seite der weiblichen Figur
erscheint, nach Goerhe's Deutung, hier als „abgewandt
und wie mit Unwillen (zurückschanend) das beginnende
Lrebesverhältniß, zwischen der Frau und dem phrygischen
Jünglingbcachtcnd." Gegen Schorn's Annahme des Paris
finde wohl keine Einwendung statt. Sodann die Vermu-
thung, der Künstler habe den Paris und die Helena bar-
stellen wollen; - des Kvluthus Raub der Helena, den
Schorn ftir seine Deutung benuzt hat, böte allerdings
einige Linien zu einem solchen Zweygefpräch dar, aber
nichts deutet bey ihm aus eiue Handlung der Helena von
der Art hin, wie wir sie sogleich werden kennen lernen;
wie denn, umgekehrt, auf dem Kunstwerk der vermeint-
liche Paris nicht im mindesten als bewerbend dargestellt
ist, wie cc bey Koiuthus, oder, um diesen Spätling hier
gar nicht zu nennen, in der allgemeinen Sage erscheint.—
Also, nach Gocthe's Vermuthung, Paris und Helena,
deren Licbeeverhältniß eben aubebe, „wobey der sich ab-
wendendc allere Knabe die deleidigte frühere pfiichtmäßizc
Liebe zum Menelaus andeuten würde."

Da ich mich erinnere, daß Heyne über die ihm von
Reisenden, zumal EngMndcrn zugesandten antiken Denk-
male öfter in den Göttingischen gelehrte» Anzeigen kurze
Nachrichten nützutheilen pflegte: so schlug ich jczt, in dem
Vorhaben, das fragliche Basrelief (vielmehr Haut-relief)
näher zu prüfen, in jenen Jahrgängen nach , und fand nun,
.unter dem Jahr iLoo, S. Uto: —4 eine sehr genaue An»
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