Nr. 8r
K u n st - Blatt.
Do un erstag, Len y. Oktober: 8 rz.
IsUN Cousin.
Unter den ältesten französischen Malern, die unter
der Regierung Franz I., Heinrichs II., Franz ll. und Lud-
wigs IX. berühmt geworden sind, oder es zu fevn verdien-
ten, nimmt Jean Cousin eine der ersten Stellen ein. Er
ist zu Souci bep SenS geboren. Er weihte sich von frü-
her Zngend an den schönen Künsten und machte in der
Zeichnung bedeutende'Fortschritte. Da man in jener Zeit
sehr viele Glasmalereyen machte, so weihte er sich diesem
Zweig der Kunst ganz vorzüglich. ES möchte aber schwer
«nszumitteln seyn, was er in dieser Hinsicht geleistet hat,
da diese Arbeiten zerstreut und zum Therl zu Grunde ge-
gangen sind. *) Unter feinen Gemälden ist hinsichtlich der
französischen Kunstgeschichte ftin lezteS Gericht beachtens-
werrh, das von Pierre de Jode, einem vortrefflichen Zeich-
ner, gestochen worden ist. Er war einer der wenigen Ma-
ler jener Zeit, die den Adel des Ausdrucks und Liefe der
Gedanken dem Reiz einer prunkenden Färbung vorzogen.
Da er gewöhnlich einen Tdeil des. JahreS zu SenS
zubrachte, so sind seine Arbeiten daselbst und in der Um-
gegend nichts seltenes. Wir wollen daS Bessere andeuten,
waS von ihm daselbst gefunden wird. In der Kirche St. .
Romain zu SenS ist das lezte Gericht auf GlaS gemalt,
von ihm: in der Kirche des Cordeiiers malte er Jesus
Christus am Kreuz, und mehrere andere heilige Gegen-
stände aus den Legenden. Ueberall ist die Farbe mehr oder
weniger vernachlässigt, dahingegen auf die Zeichnung sehr
große Sorgfalt verwendet. In der Kapelle des Schlosses
von Fleurigni, nur dre» Stunden von SenS, hat er die
Sybilla, welche dem AugustuS die heil. Jungfrau zeigt,
n) Glasmalereyen von Jean Cousin sind in Paris nichts
Seltenes, obgleich i» der neuern Zeit vieles zu Grunde ge-
gangen ist. Aber cs waren auch nicht alle Glasmalereyen,
die man Lon,n, zuschrieb, von ihin; viele waren blos nach
seinen Werken copirt, andere wurden unter seiner Anleitung
gemacht. J„ der Kirche von St. Gervais im Chor ist
das Märtyrthnm des heiligen Laurentius, die Samarita- .
ncrin und die Geschichte des Gichtbrüchigen von ihm. —
Man verwechsele Jean Coustn und Louis Cousin nicht; :
der tcjteve lebte hundert Jahre später (er starb rüto) als
Jean Cousin.
die ihren lichtgekcönten Sohn in den Armen halt und vor
der der Kaiser niederfällt und anbetet, nach dem Zeugniß
von Kennern bewundernswürdig bargestellt. In SenS
sind noch viele Gemälde von seiner Hand, und eine Men-
ge Porträts, unter andern das der Marie Cousin, Toch-
ter dieses Künstlers nnd daS von einem CanonikuS, wel-
che beyde in Betracht drr Stufe, auf welcher damals die
Malerkunst in Frankreich stand, alles Lob verdienen. Ein
größeres Gemälde (ebenfalls zu SenS) ist des Gegenstan-
des wegen merkwürdig. ES ist darauf ein Weib auf einem
Ruhesitze ohne jegliche Bekleidung dargestellt. Sie stüzt
den einen Arm auf einen Todtenkopf nnd den andern
streckt sie über eine von einer Schlange umwundene Vase
aus. Die Grotte, in welcher diese Figur dargcstellt ist, ist
au zwep verschiedenen Punkten durchbrochen. Durch die
eine dieser Oeffnungen sieht man daS Meer, und durch die
andere eine» lieber n„r,r .>el^r,'el,e» -
Ev« prim« Pandora. — Der Gedanke ist barock, aber die
Ausführung zeigt den fähigen Künstler.
ES scheint, als ob eifrig betriebene Studien den Ma-.
ler Cousin oft von dem Weg abgeführt hätten, der allein
der rechte ist — die Natur. Er wollte ein gelehrter Ma-
ler scheinen und wurde oft pedantisch oder unverständlich.
Er arbeitete mit großer Leichtigkeit. Gegen die Corrckt-.
hett seiner Zeichnungen kann nichts eingewendet werden,
als vielleicht das zu sichtbar ängstliche Streben, alles recht
gcnan und abgemessen wiederzugeben; er hat die Regel»
der Perspective genau beachtet und den folgenden Malern
ein nachahmungsivertheS Bepfpiel gegeben. Beweise seiner
Gelehrsamkeit hat er gleichfalls hinterlaffen, unter denen
hier fein Werk über Perspective und Verkürzungen der
Figuren genannt werden muß. Man hat das leztere Werk.
für eben so nützlich gehalten, um die Prinzipien der Ma-
lerkunst zu erlernen, alS eS dem gebildeten,Künstler Stoff
zum Nachdenken und Aufschluß über manches Wissens-
werthe giebt. Die große Anzahl von -Auflagen dieses
Werks sind ein Zeugniß für feine Brauchbarkeit und für
die Achtung, ivelche die Franzosen demselben schenken.
Eine neue Auflage könnte freylich manches Irrige und
Falsche berichtigen. — Jean Cousin stand bep den Königen,
K u n st - Blatt.
Do un erstag, Len y. Oktober: 8 rz.
IsUN Cousin.
Unter den ältesten französischen Malern, die unter
der Regierung Franz I., Heinrichs II., Franz ll. und Lud-
wigs IX. berühmt geworden sind, oder es zu fevn verdien-
ten, nimmt Jean Cousin eine der ersten Stellen ein. Er
ist zu Souci bep SenS geboren. Er weihte sich von frü-
her Zngend an den schönen Künsten und machte in der
Zeichnung bedeutende'Fortschritte. Da man in jener Zeit
sehr viele Glasmalereyen machte, so weihte er sich diesem
Zweig der Kunst ganz vorzüglich. ES möchte aber schwer
«nszumitteln seyn, was er in dieser Hinsicht geleistet hat,
da diese Arbeiten zerstreut und zum Therl zu Grunde ge-
gangen sind. *) Unter feinen Gemälden ist hinsichtlich der
französischen Kunstgeschichte ftin lezteS Gericht beachtens-
werrh, das von Pierre de Jode, einem vortrefflichen Zeich-
ner, gestochen worden ist. Er war einer der wenigen Ma-
ler jener Zeit, die den Adel des Ausdrucks und Liefe der
Gedanken dem Reiz einer prunkenden Färbung vorzogen.
Da er gewöhnlich einen Tdeil des. JahreS zu SenS
zubrachte, so sind seine Arbeiten daselbst und in der Um-
gegend nichts seltenes. Wir wollen daS Bessere andeuten,
waS von ihm daselbst gefunden wird. In der Kirche St. .
Romain zu SenS ist das lezte Gericht auf GlaS gemalt,
von ihm: in der Kirche des Cordeiiers malte er Jesus
Christus am Kreuz, und mehrere andere heilige Gegen-
stände aus den Legenden. Ueberall ist die Farbe mehr oder
weniger vernachlässigt, dahingegen auf die Zeichnung sehr
große Sorgfalt verwendet. In der Kapelle des Schlosses
von Fleurigni, nur dre» Stunden von SenS, hat er die
Sybilla, welche dem AugustuS die heil. Jungfrau zeigt,
n) Glasmalereyen von Jean Cousin sind in Paris nichts
Seltenes, obgleich i» der neuern Zeit vieles zu Grunde ge-
gangen ist. Aber cs waren auch nicht alle Glasmalereyen,
die man Lon,n, zuschrieb, von ihin; viele waren blos nach
seinen Werken copirt, andere wurden unter seiner Anleitung
gemacht. J„ der Kirche von St. Gervais im Chor ist
das Märtyrthnm des heiligen Laurentius, die Samarita- .
ncrin und die Geschichte des Gichtbrüchigen von ihm. —
Man verwechsele Jean Coustn und Louis Cousin nicht; :
der tcjteve lebte hundert Jahre später (er starb rüto) als
Jean Cousin.
die ihren lichtgekcönten Sohn in den Armen halt und vor
der der Kaiser niederfällt und anbetet, nach dem Zeugniß
von Kennern bewundernswürdig bargestellt. In SenS
sind noch viele Gemälde von seiner Hand, und eine Men-
ge Porträts, unter andern das der Marie Cousin, Toch-
ter dieses Künstlers nnd daS von einem CanonikuS, wel-
che beyde in Betracht drr Stufe, auf welcher damals die
Malerkunst in Frankreich stand, alles Lob verdienen. Ein
größeres Gemälde (ebenfalls zu SenS) ist des Gegenstan-
des wegen merkwürdig. ES ist darauf ein Weib auf einem
Ruhesitze ohne jegliche Bekleidung dargestellt. Sie stüzt
den einen Arm auf einen Todtenkopf nnd den andern
streckt sie über eine von einer Schlange umwundene Vase
aus. Die Grotte, in welcher diese Figur dargcstellt ist, ist
au zwep verschiedenen Punkten durchbrochen. Durch die
eine dieser Oeffnungen sieht man daS Meer, und durch die
andere eine» lieber n„r,r .>el^r,'el,e» -
Ev« prim« Pandora. — Der Gedanke ist barock, aber die
Ausführung zeigt den fähigen Künstler.
ES scheint, als ob eifrig betriebene Studien den Ma-.
ler Cousin oft von dem Weg abgeführt hätten, der allein
der rechte ist — die Natur. Er wollte ein gelehrter Ma-
ler scheinen und wurde oft pedantisch oder unverständlich.
Er arbeitete mit großer Leichtigkeit. Gegen die Corrckt-.
hett seiner Zeichnungen kann nichts eingewendet werden,
als vielleicht das zu sichtbar ängstliche Streben, alles recht
gcnan und abgemessen wiederzugeben; er hat die Regel»
der Perspective genau beachtet und den folgenden Malern
ein nachahmungsivertheS Bepfpiel gegeben. Beweise seiner
Gelehrsamkeit hat er gleichfalls hinterlaffen, unter denen
hier fein Werk über Perspective und Verkürzungen der
Figuren genannt werden muß. Man hat das leztere Werk.
für eben so nützlich gehalten, um die Prinzipien der Ma-
lerkunst zu erlernen, alS eS dem gebildeten,Künstler Stoff
zum Nachdenken und Aufschluß über manches Wissens-
werthe giebt. Die große Anzahl von -Auflagen dieses
Werks sind ein Zeugniß für feine Brauchbarkeit und für
die Achtung, ivelche die Franzosen demselben schenken.
Eine neue Auflage könnte freylich manches Irrige und
Falsche berichtigen. — Jean Cousin stand bep den Königen,