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leuchtet ein Geist daraus hervor, der sich seiner höheren
Kräfte bewußt ist.

Nr. 16. Der Evangelist Johannes, nach
Melem, gez. von Bergmann.

In der Fülle jugendlicher Kraft und Anmuth steht
der Lieblingsjünger des Herrn da, und segnet den Kelch,
den tückische Bosheit vergiftet hatte. Aber die Entdeckung
der Gefahr, welche sein Leben bedrohte, erregt in ihm
keine Unruhe, kein Erstaunen: er weiß, daß jegliches
Haar gezählt ist ans dem Haupte des Menschen, und der
Weg noch weit liegt, den ihn der Meister gehen hieß.
Das faltige Gewand, an welchem nur einige Winke! und
Linien im Faltenbruch zu tadeln seyn möchten, gibt der
Gestalt noch mehr Würde und Adel, und die Zeichnung
nähert sich dem strengen Style der Plastik.

Nr. i". und 18. Jacobus und Antonius,
nach Israel v. Meckenen.

Der Pilgrimshut init der Muschel bezeichnet den
Avoüel , der andere (mit der Fackel und Glocke)

ist Antonius der Einsiedler. Die Köpfe sind trefflich
modellirt, und beyde Figuren überhaupt mit jener edlen
Simplicität dargestcllt, wie sie dem Gegenstände ziemt.
Die Draperie verdient großes Lob, zumal im zweyten
Bilde. In der lithographischen Behandlung zeigen sich
hier schon Fortschritte, die auch dem weniger geübten
Blick bemerklich werden müssen.

Nr. iy. Der Oelberg, nach einem Schüler
Meister Wilhelms.

Die Anordnung ist von der höchsten Einfachheit, und
vielleicht einem Werke der Plastik entnommen. Aber ei-
genthümlich gehört dem Künstler ohne Zweifel die über-
raschende Verschiedenheit im Ausdrucke des Schlafs. Pe-
trus scheint davon wider Willen überwältigt; die Hand
hält noch das Schwert zur Vertheidiguug, und man sieht,
der erste Laut wird ihn erwecken, Johannes, in der Mitte,
ist eben erst eingeschlummert, nud sein Körper hat noch
nicht die bequeme Lage zur Ruhe gefunden. Dagegen hat
der tiefste Schlaf sich des dritten Jüngers bemächtigt.
Der Heiland leidet mit Ergebung, aber dieses Leiden
niöchtc wohl zu stark bezeichnet seyn, und indem der Ma-
ler das Antlitz des Gottmenschen mit blutigen Schweiß-
tropfen bedeckte, ahnete er nicht den Unterschied zwischen
der Darstellung durch hörbare und sichtbare Zeichen, -zwi-
schen dem, was unmittelbar auf den äußern Sinn, und
dem, was unmittelbar ans die Phantasie wirkt.

Nr.ro. Die heilige Deronica mit dem
Sckweißtuche. Nach einem uralten unbekann-
ten Meister.

Daß dieses merkwürdige Bild byzantinisch rheinisch
sey, hat schon Goethe im i. H. seiner Zeitschrift: „Kunst

und Alterthum am Rhein" angemerkt, und bey dieser
Gelegenheit über den Werth des Gemäldes in artistischer
und historischer Hinsicht, ausführlich gesprochen. Nur
mit einer seiner Bemerkungen können wir uns nicht be-
sreunden. Er sagt (S. >5/), die ganze Denkweise des
Bildes deute auf eine überlegte, durchgcarbeitete
Kunst, denn cs gehöre eine große Abstraction dazu, die
aufgeführten Gestalten in drey Dimensionen hinzustellen,
und das Ganze durchgängig zu symbolisiren. — Die Le-
gende von der heiligen Veronica und ihrem Schweißtuche
war ja schon, in ihrer ersten Deutung, rein mystisch, oder
wenn man lieber will, symbolisch, wie die ganze neu-
griechische und altdeutsche Kunst symbolisch war, als eine
christliche, die das Geheimnißvolle darstellte in Emblemen
oder wunderbaren Sagen. Sie sollte, wie alles, der Re-
ligion dienen. Daher pflanzte sich der angenommene Typus
der Christus-, Madonnen- und Apostel-Köpfe, gleich einer
heiligen Tradition fort, und selbst die erste, einfache An-
ordnung wurde noch lange beybehalten. Ein Dnrchar-
beiten der Kunst sezc aber künstlerische Absichten und
Bestrebungen voraus, die — wenigstens zur Zeit der Ent-
stehung der vaterländischen Kunst, gewiß noch nicht statt
haben konnten, indem sich so etwas mit dem frommen,
gläubigen Sinn der alten Meister nicht vertragen hätte.
Zu der drevfachen Dimension in der heiligen Veronica
bedurfte cs auch in der Tbat keiner großen Abstraction;
sie ergab sich ans der Idee des Bildes. Der Chnstns-
kopf, als der Hauptgegenstand, erhielt die natürliche
Größe. Wir nennen ihn den Hanptgegenstand, weil er
manchmal auch ohne die Veronica, aber doch auf ihrem
Schweißtuche abgebildet ward. Die Heilige mußte aber
darum nach einem kleinern Maaßstabe gehalten werden,
und die Engel dienten blos zur Vervollständigung des
Begriffs.

Nr. 21. Maria mit dem Kinde, nach Hugo
von der Goes.

Eines der früher ausgegebenen Blätter. Maria sizt
unter einer zierlichen Saulenlanbe, und hält das Kind
auf dem Schooße, welches nach einer Blume langt, die
ei» Engel ihm darbietet. Der Schüler van Evcks ist in
diesem Bilde kaum zu verkennen, zumal was die sinnreiche
und anmuthige Composition angeht. Die Mutter und
das Kind haben recht holde Züge, und ein frommer Ernst
ist über das Ganze verbreitet., Die reiche Architektur führt
bedeutsam in die Zeit des Künstlers zurück, ohne störend
zu wirken.

Nr. 22. Die heil. Barbara, nach Coris.

Man bat es oft tadelnd angemerkt, daß viele, ja
die meisten altdeutschen Maler so wenig Sinn für Schön-,
heit, zumal für weibliche befaßen. Diese Behauptung ist
nur mir großer Einschränkung wahr, die Erscheinung
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